Hochwasser in Schermbeck Gebäude wurden evakuiert - Schaden ist noch nicht genau absehbar

Hochwasser: Gebäude wurden evakuiert - Schaden noch nicht absehbar
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Die Pferde auf den Weiden waren am Mittwochmittag sichtlich unruhig. Anwohner versuchten zu retten, was zu retten ist. Bagger und Trecker fuhren hin und her, luden Sandsäcke ab, die dann zur Lippe geschleppt wurden. „Wenn der Wall nicht wäre, läge schon alles unter Wasser“, sagte eine Anwohnerin. „Wir durften uns nicht vorbereiten“, sagte eine betroffene Pferdehalterin und ist genervt. „Schützen darf man sich nur im akuten Notfall“, kritisierte sie. Die Anwohner sind mit ihren Nerven am Ende. „Ich bin seit über 30 Stunden wach“, sagte ein weiterer entnervt.

Die Gemeinde Schermbeck und die Freiwillige Feuerwehr haben Gebäude in kritischen Bereichen, darunter auch Hofanlagen, am Mittwochmittag evakuiert und die Anwohner aufgefordert, den Strom auszuschalten. Der Betreiber eines Gahlener Campingplatzes wurde ebenfalls informiert, da dieser auch durch das Hochwasser gefährdet ist. Menschen sind hier am Mittag nicht mehr anzutreffen. Ein Anwohner ist derzeit in einem Hotel untergebracht. Er kann nicht mehr nach Hause zurück, weil das Wasser schon dort ist.

Höchststand der Lippe

Noch ist es nicht vorbei: Nach Aussage des Lippeverbandes wird der Höchststand der Lippe am 28. Dezember gegen Nachmittag erwartet. Bis dahin wird das Wasser der Lippe um mindestens 10 Zentimeter weiter ansteigen. Die Gemeinde Schermbeck und die Freiwillige Feuerwehr appellieren an die Vernunft der Schermbecker, sich nicht in den vom Hochwasser gefährdeten Bereichen aufzuhalten.

Seit dem 24. Dezember kämpften die Einsatzkräfte der Feuerwehr und des THW, private Unternehmen, Anwohner und Betroffene mit Mitarbeitern der Gemeinde Schermbeck gegen das Hochwasser. Insbesondere die Bereiche „Alte Fährstraße“ nördlich der Lippe und „Im Aap“ nördlich der „Haus-Gahlen-Straße“ sind vom Lippe-Hochwasser besonders betroffen und mussten gesperrt werden.

Alarmierung der Feuerwehr

Am zweiten Weihnachtstag wurde der Löschzug Gahlen aufgrund des steigenden Pegelstandes der Lippe um 11.20 Uhr mit dem Einsatzstichwort „Wasserschaden“ zur Jugendfreizeitstätte nach Gahlen alarmiert. Dort drang Wasser aus dem Boden in ein Gebäude, das von einigen Einsatzkräften des Löschzuges Gahlen mithilfe einer Tauchpumpe trocken gelegt wurde.

Zeitgleich wurden die verbleibenden Kräfte des Löschzuges Gahlen und später auch der Löschzug Altschermbeck damit beauftragt, die Jugendfreizeitstätte vor der steigenden Lippe zu schützen. So wurden am Bauhof der Gemeinde Schermbeck rund 1.000 Sandsäcke befüllt und zur Einsatzstelle gebracht, um dort einen Deich zu errichten. Unterstützt wurden die rund 45 Einsatzkräfte der Feuerwehr Schermbeck von der Firma BWR,die Sand zum Befüllen der Sandsäcke zur Verfügung stellte.

Richard Vornbrock von der Firma Reitboden Vornbrock, Christian Busch, Manuel Lindner, Ulf Schneider und Heinz-Gerd Fengels unterstützten die Feuerwehrleute tatkräftig mit Radladern, Baggern und Silofolie beim Deichbau. Der Einsatz an der Jugendfreizeitstätte endete zunächst gegen 18.18 Uhr.

Gerd Abelt, Pressesprecher der Gemeinde Schermbeck, verschafft sich einen Überblick.
Gerd Abelt, Pressesprecher der Gemeinde Schermbeck, verschafft sich einen Überblick. © Marie-Therese Gewert

Doch gegen 22 Uhr wurde der Löschzug Gahlen erneut zur Jugendfreizeitstätte alarmiert, wo wieder ein Deich mithilfe von zwei Radladern und einem Bagger errichtet werden musste, da das Wasser weiter gestiegen war. Unterstützt wurde der Löschzug Gahlen hier unter anderem vom Bauhof der Gemeinde Schermbeck.

Gegen 1 Uhr war der Deich fertiggestellt und die Einsatzstelle wurde an den Betreiber übergeben.

Die Anzahl der verbauten Säcke bewegt sich mittlerweile im fünfstelligen Bereich und Big Packs kommen noch hinzu, erklärte Gerd Abelt, Pressesprecher der Gemeinde Schermbeck, der sich am Mittwoch selbst ein Bild von dem Ausmaß der Überschwemmung machte. Eine Drohne schwebte am Himmel, um die Überschwemmungslage von oben besser einschätzen zu können.

Trecker und Bagger waren im Einsatz.
Trecker und Bagger waren im Einsatz. © privat

Keine Rettung

Am Mittwoch hatte der Löschzug Gahlen ab etwa 10.30 Uhr erneut alle Hände voll zu tun und unternahm einen letzten Versuch zur Rettung der Jugendfreizeitstätte. Doch schnell stand fest: Die Feuerwehrleute können der Lage nicht mehr Herr werden. Das Wasser kam in der Jugendfreizeitstätte von allen Seiten, beschreibt Michael Nienhaus, Vorsitzender der Feldbahnfreunde Schermbeck-Gahlen e.V., die Situation. Für das Gebäude und das Hofgelände der Feldbahn an der Lippe konnte die Feuerwehr ebenfalls nichts mehr tun. Sie gab das Gelände am Mittwochvormittag auf. RWE schaltete den Strom ab, um Kurzschlüsse zu vermeiden. Ein Teil der Arbeitsfahrzeuge lag zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Meter unter Wasser, erklärte er.

Auch das Gelände der Feldbahn „Hof Haferkamp“ nebenan konnte nicht mehr vor dem Hochwasser gesichert werden
Auch das Gelände der Feldbahn „Hof Haferkamp“ nebenan konnte nicht mehr vor dem Hochwasser gesichert werden © privat

Auch das Gelände der Feldbahn „Hof Haferkamp“ nebenan konnte nicht mehr vor dem Hochwasser gesichert werden: „Da hilft kein Pumpen und Dämmen mehr“, betonte Nienhaus. In ein bis zwei Wochen könne vielleicht eine Bestandsaufnahme erfolgen, je nach Wasserstand. Auch die Fischteiche vom Narola Forellenzentrum und der Campingplatz seien aufgrund ihrer tieferen Lage gefährdet.

Der Weg zum Hof Haferkamp steht komplett unter Wasser.
Der Weg zum Hof Haferkamp steht komplett unter Wasser. © privat

Feldküche ist eingerichtet

Um 12 Uhr lag der Pegelstand laut der Gemeinde Schermbeck bei 6,89 Meter. Zur Bewältigung der Krisenlage wurde am Mittwoch um 11 Uhr der Stab für außergewöhnliche Ereignisse einberufen. Auf dem Sportplatz des TuS Gahlen wurde eine Feldküche für die Helfer und die Freiwillige Feuerwehr vom Deutschen Roten Kreuz eingerichtet. Dieser sei nicht gefährdet, weil er höher liegt.

Auch Pferde wurden in Sicherheit gebracht.
Auch Pferde wurden in Sicherheit gebracht. © Marie-Therese Gewert

Die Pferde waren am Nachmittag in Sicherheit gebracht worden. Sie wurden aus der Gefahrenzone herausgeholt. Dennoch hatten die Halter Sandsäcke aufgebaut, um ihre Ställe und Weiden zu schützen. Noch sei es schwer einzuschätzen, wie viele Zentimeter wirklich noch dazu kommen. so Gerd Abelt.

Deichbau: Mittlerweile liegt die Anzahl der Sandsäcke im fünfstelligen Bereich, wie Gerd Abelt mitteilte.
Mittlerweile liegt die Anzahl der Sandsäcke im fünfstelligen Bereich, wie Gerd Abelt mitteilte. © privat

Zur Information über die Hochwasserlage ist ein Bürgertelefon eingerichtet worden. Es ist unter der Rufnummer (02853) 910155 zwischen 8 und 16 Uhr erreichbar. Die weitere Unterrichtung der Öffentlichkeit wird unter Berücksichtigung der sich verändernden Krisenlage erfolgen, so die Information der Gemeinde Schermbeck.

Anwohner wurden evakuiert.
Anwohner wurden evakuiert. © privat