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Hilfe für Sierra Leone: „Wenn wir kein Geld haben, können wir nicht weitermachen.“
Gagu-Zwergenhilfe
Berge von Müll, kein Strom und Wasser, zehn Personen, die im Neun-Quadratmeter-Raum schlafen. Alle Berichte konnten Stephan Proff nicht auf das vorbereiten, was er jetzt in Sierra Leone sah.
Der 56-jährige Rechtsanwalt aus Schermbeck, Mitglied des Rotary Clubs Lippe-Issel, war zum ersten Mal mit den Vertretern der Gagu-Zwergenhilfe, Gudrun Gerwien, Dieter Schmitt und Johannes Nover, in Sierra Leone. Dort, wo der Schermbecker Verein das Kinderheim „Home of Hope“ in der Nähe der Hauptstadt betreibt - in einem der ärmsten Länder der Welt.

In solchen Hütten hausen bis zu zehn Menschen. © Gagu-Zwergenhilfe
„Sehr bedrückend“ sei der Besuch zum Teil gewesen, erzählt Proff. In den Slums herrschten Zustände, „die schwer zu beschreiben sind“. Müll überall, hohe Luftfeuchtigkeit, Staub, enge Hütten, „wo man sich nicht vorstellen kann, dass die Leute hier alle auf dem Boden schlafen“. Dennoch sei er beeindruckt gewesen, „von den Menschen, die ganz offen und teilweise fröhlich auf einen zugekommen sind“.

Kinder spielen im Müll - so sieht die Realität in den Slums aus. © Gagu-Zwergenhilfe
Nicht nur, als Schüler einer Schule, die von den Gagus unterstützt wird, die Schermbecker umringt hätten, habe Proff beeindruckt festgestellt, wie gut der Ruf der Gagus in der Region sei. „Dass man mit einem Verein dieser Größenordnung soviel Gutes leisten kann.“ Davon sei er „sehr beeindruckt“ gewesen, sagt Proff.
Gudrun Gerwien berichtet, dass nun die erste Generation von Kindern das Home of Hope verlassen wird. Probleme habe es bei den Abiturienten im letzten Jahr gegeben, weil die Regierung die Prüfungen umgestellt habe. Im kompletten Jahrgang seien dadurch 98 Prozent durchgefallen, sagt Dieter Schmitt - auch die „Home of Hope“-Kinder. Jetzt hätten sie die Prüfungen wiederholt und warteten auf die Ergebnisse.

Müll, wohin das Auge reicht. Ein Bild, das in Sierra Leone keine Seltenheit hat. © Gagu-Zwergenhilfe
Zwei der sieben Abiturienten wollen eine Ausbildung machen, die anderen studieren. Studiengebühren, Lehrmaterial, Prüfungsgebühren und Wohnmöglichkeiten sind dann nötig. Das werde ein finanzieller Kraftakt, so Gerwien, denn die Patenschaften über 25 Euro reichen dann bei Weitem nicht mehr. Manche Paten zahlten jetzt schon mehr. Gerwien sagt aber auch: „Wir müssen die Kinder davor bewahren, dass sie zurückkehren müssen in den Slum.“

Der Rohbau der Ambulanz, die von den Rotariern bezahlt wird, steht mittlerweile. © Gagu-Zwergenhilfe
Ein Junge will Arzt werden und studieren, ein Mädchen will die Ausbildung zur Krankenschwester machen. Die beiden wären ideale Kandidaten für die Ambulanz, die derzeit mit Mitteln des Rotary Clubs Lippe-Issel gebaut wird. Der Rohbau ist fertig, die Inneneinrichtung, medizinisches Equipment und das Personal fehlen noch. 15.000 Euro wurden von den Rotariern bereits gezahlt.
Proff schätzt, dass mindestens noch 50.000 Euro, vielleicht sogar 80.000 Euro notwendig sind, bis die Ambulanz damit beginnen kann, Menschen in der Umgebung kostenlos zu behandeln.

Dieses etwa drei Monate alte Baby, das Gudrun Gerwien auf dem Arm hält, wäre ohne Baby-Nahrung, die von den Gagus bezahlt wurde, vermutlich verhungert. © Gagu-Zwergenhilfe
Dramatische Schicksale begegneten den Gagus wieder bei ihrem 14-Tage-Besuch. Ein drei Monate altes Baby, dessen Geschwister bereits gestorben waren und das offensichtlich an Unterernährung litt. Die gekaufte Babynahrung half, wäre für die Mutter selbst aber unerschwinglich. Oder das Mädchen, das nach einem Verkehrsunfall dringend ärztliche Behandlung benötigte: „Man kümmert sich bei Unfällen eher um das kaputte Fahrzeug, als um die Menschen, die daneben liegen“, sagt Gerwien.
Dringend auf Spenden angewiesen sind die Gagus nach wie vor. Gerwien: „Wenn wir kein Geld haben, können wir nicht weitermachen.“ Demnächst werden es 70 Patenschaften sein, mit denen je ein Kind unterstützt wird. „So etwas können sich auch Familien oder Kegelklubs teilen“, wirbt Gerwien. Projektbezogene Einmalspenden seien aber ebenso erwünscht.
Spendenkonten: Volksbank Schermbeck, IBAN: DE55400693630777777900; NISPA Schermbeck, IBAN: DE67356500000000254854
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
