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Feuerwehr wird mulmig bei Übernachtungsaktionen in Kindergärten
Übernachtungsaktion
Müssen jetzt die Kleinsten die „Regelungswut“ der Landesregierung ausbaden? Diese ketzerische Frage hat ein SPD-Landtagsabgeordneter wegen Übernachtungsaktionen in Kindergärten gestellt.
Gregor Sebastian ist Feuerwehrchef in Schermbeck. Er weiß, dass ab und an in den Schermbecker Kindergärten Übernachtungsaktionen stattfinden. Wohl ist ihm nicht dabei: „Wäre schön, wenn wir kurz vorher eine Meldung bekommen würden, dass so eine Aktion stattfindet“, sagt Sebastian.
Denn im Brandfall komme es auf jede Minute an. Eine Horde verschreckter Kleinkinder im Schlafanzug am Straßenrand stelle auch die Feuerwehrmänner auf eine harte Probe. „Wenn wir vorher Bescheid wüssten, dann kann die Leitstelle gleich mehr Einsatzfahrzeuge rausschicken“, sagt Sebastian.
Einmal jährlich wird in Kindergärten übernachtet
Übernachtungsaktionen in Kindergärten sind gang und gäbe. Einmal jährlich, immer zum Ausklang des Kindergartenjahres und mit dem Wechsel älterer Kinder zur Schule, veranstalten die Vorschuleinrichtungen diese Aktionen. Für die Kinder sind sie aufregend - für die Behörden auch. Denn die Landesregierung hat 2018 eine weitergehende Genehmigungspflicht für solche Aktionen per Erlass angeordnet.
Das war auch der Grund für die Anfrage des Abgeordneten Stefan Kämmerling, ob die Kleinsten die Regulierungswut der Regierung ausbaden müssen. Das Land meint: Das müssen die Kinder nicht. Denn fraglos seien die Aktionen „erwünscht und erlaubt“. Viele Kindergärten hätten eine Baugenehmigung, die solche Sondernutzungen zulassen. Viele aber auch nicht, was letztlich zum Erlass führte.
Es ist eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung
Es liegen, so die Landesregierung auf Anfrage, immer dann „genehmigungspflichtige Nutzungsänderungen im bauordnungsrechtlichen Sinne vor, wenn sich die neue Nutzung von der bisherigen Nutzung dergestalt unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderungen bauordnungs-, bauplanungs- oder sonstiger öffentlich-rechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen werden kann“.
Eine solche Definition mag Kindergartenleitungen nun in Zweifel stürzen, ob sie sich mit Übernachtungsaktionen womöglich auf einen gefährlichen illegalen Irrweg begeben.
Glücklicherweise gibt es aber auch einfache Brandschutzregeln, die eine ältere Baugenehmigung problemlos ersetzen können. Was im Übrigen auch aus Sicht der Brandschützer im Umkreis völlig in Ordnung ist: Dass nämlich Fluchtwege nicht versperrt sein dürfen mit Schlafsäcken, dass Taschenlampen als „stromnetzunabhängige Lichtquellen vorhanden sein müssen“ und ein Informationsaushang für den Ernstfall im Gebäude angebracht werden muss.
Schlaffeste fördern die Selbstständigkeit
Den können die Knirpse zwar noch nicht lesen, wohl aber deren Erzieherinnen. Und die halten Übernachtungsaktionen im Kindergarten nach wie vor für pädagogisch sinnvoll und richtig. Die Schlaffeste fördern nämlich die Selbstständigkeit der Teilnehmer.
Trotzdem könnte eine Meldung solcher Aktionen bei der Feuerwehr nicht schaden, wie Gregor Sebastian meint. Im benachbarten Dorsten ist das übrigens kein Problem. Wegen der Vielzahl der Vorschuleinrichtungen und Schulen in Dorsten greift die Feuerwehr in Dorsten auf eine objektbezogene Brandeinsatzplanung zurück. „Für solche Fälle ist immer ein erhöhter Personaleinsatz geplant“, sagt Feuerwehrsprecher Markus Terwellen. Das ungleich kleinere Schermbeck hat solche Möglichkeiten nicht.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
