Ehepaar gewinnt Prozess um Hundesteuer Lillyfee war kein Listenhund

Ehepaar gewinnt Prozess um Hundesteuer: Lillyfee war kein Listenhund
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Prinzessin Lillyfee war ein knappes Jahr alt, als Manuela und Uwe Retzmann sie aus dem Tierschutz zu sich holten. Die Hündin lebte vier Jahre bei dem Ehepaar in Schermbeck, ehe sie vor ein paar Monaten an den Folgen einer Krebserkrankung starb. Am Montag stand Prinzessin Lillyfee nun im Mittelpunkt eines Verfahrens an Nordrhein-Westfalens oberstem Verwaltungsgericht.

Es ging um die Frage, ob Lillyfee ein gefährlicher Hund war und die Gemeinde Schermbeck deshalb einen erhöhten Steuersatz verlangen durfte. Für einen „normalen“ Hund zahlt man in Schermbeck 73,20 Euro, für einen „gefährlichen“ 560 Euro Hundesteuer. Entscheidend für die Einstufung ist die Rassezugehörigkeit.

Als gefährlich gelten laut NRW-Hundegesetz die vier Rassen Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander als auch mit anderen Hunden. Ein Mix wird dann als gefährlich eingestuft, wenn das äußere Erscheinungsbild einer dieser Rassen deutlich hervortritt. Besondere Bestimmungen gelten außerdem für Rottweiler, Dogo Argentino, American Bulldog und weitere Rassen.

Ein American Staffordshire Terrier: Hunde dieser Rasse oder Kreuzungen gelten in NRW als gefährlich. Gerade bei Mischlingen ist die genaue Bestimmung der Rasse oder einzelner Merkmale sehr schwierig.
Ein American Staffordshire Terrier (Symbolbild): Hunde dieser Rasse oder Kreuzungen gelten in NRW als gefährlich. Gerade bei Mischlingen ist die genaue Bestimmung der Rasse oder einzelner Merkmale sehr schwierig. © picture alliance / dpa

Lillyfee hatte eigentlich von allem etwas mitbekommen. Muskulöser, breiter Körper, tiefer Schwerpunkt. Wie bei einer Englischen Bulldogge. Kopfform und Gebiss passten aber nicht dazu. Einem Gutachten des Kreisveterinäramts Wesel zufolge traten bei Lillyfee die Merkmale eines American Bulldog deutlich hervor: runde, weit auseinander stehende Augen, breiter Kopf, Scherengebiss. Die Gemeinde Schermbeck verlangte den erhöhten Steuersatz. Dagegen wehrten sich Manuela und Uwe Retzmann - und verloren in erster Instanz am Verwaltungsgericht.

Das Oberverwaltungsgericht in Münster kassierte diese Entscheidung nun. Nach langer Beweisaufnahme anhand von Fotos und einer Befragung der Sachverständigen aus dem Kreisveterinäramt wollte das Gericht der Einschätzung der Amtsveterinärin nicht folgen. Es stufte Lillyfee als normalen Hund ein. Somit müssen die Retzmanns auch nur den normalen Steuersatz zahlen.

„Hundegesetz völlig überholt“

Um das Geld ging es den Schermbeckern allerdings nur am Rande. Dafür hätten sie sich nicht durch die Instanzen gekämpft, sagte Uwe Retzmann: „Wir wollen auch aufrütteln und anregen, dass die Hundesteuer mal generell überdacht wird.“

Ihre Vorschläge: Erhöhter Steuersatz für Listenhunde nur so lange, bis ein Wesenstest bestanden wurde. Außerdem müsse es weniger Auflagen und Kosten für die Aufnahme von Listenhunden geben. „Es kann nicht sein, dass Hunde aufgrund von Fehlern von Menschen im Tierheim verrotten, weil keiner sie zu sich nehmen kann, weil die Auflagen viel zu hoch sind“, sagte Manuela Retzmann. „Das völlig überholte Hundegesetz sollte überarbeitet werden.“

In einem ähnlich gelagerten Fall entschied das Oberverwaltungsgericht zugunsten der Gemeinde Schermbeck. „Kuddel“, der auch schon verstorben ist, wies laut Kreisveterinäramt besonders hervortretende Merkmale eines American Staffordshire Terriers auf: auffällige Kaumuskulatur, Scherengebiss, solider Körperbau und längere Schnauze. Das sah das Gericht auch so, der höhere Steuersatz war hier also rechtens.

Die Retzmanns freuten sich über ihren Erfolg vor Gericht. Noch größer ist allerdings die Vorfreude auf neue Familienmitglieder. Demnächst ziehen zwei Hunde ein, geholt aus dem Tierschutz, so würden sie es immer machen, sagte Manuela Retzmann. „Wir suchen uns die ärmsten Socken, die sonst kaum eine Chance haben.“

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