Eisen und Silber für die Könige, Diademe mit Edelsteinen für die Königinnen: Schermbecks Kiliangilde zeigt den historischen Schmuck der Majestäten im Schaufenster.
Das Königssilber der Kiliangilde Schermbeck von 1602 ist zur Zeit in der Volksbank an der Mittelstraße zu bewundern. Noch bis Mittwoch können die wertvollen Zeugnisse des Schermbecker Schützenbrauchtums durch das Eckfenster der Volksbank links neben dem Haupteingang besichtigt werden.
In dieser komprimierten Form waren Ketten, Plaketten, Kronen und Diademe noch nie zu sehen. Das ganze Jahr über werden die wertvollen Erinnerungsstücke im Tresor der Volksbank aufbewahrt und nur zu den jeweiligen Anlässen teilweise hervorgeholt.
Kulturgüter wurden vor Bombenangriffen geschützt und gerettet
Dass es noch so viele Erinnerungsstücke an frühere Zeiten des Schermbecker Schützenwesens gibt, ist – besonders für den Zweiten Weltkrieg – dem umsichtigen Handeln der Mitarbeiter des Kreises Rees zu verdanken, dem damals die selbstständige Gemeinde Schermbeck angehörte. Da sich seit 1943 die Bombenangriffe häuften, folgte die Kreisverwaltung gerne dem Aufruf der Reichsführung, Kulturgüter in Sicherheit zu bringen.
Die beiden Festschriften der Kiliangilde Schermbeck aus den Jahren 1977 und 2002 belegen, dass die Königskette mit etwa 80 Plaketten und das Diadem der Königin zusammen mit wichtigen Verwaltungsakten aus dem gesamten Kreisgebiet per Lastwagen zum Schacht Wittekind im niedersächsischen Volpriehausen bei Uslar gebracht wurden.
Kunstgegenstände lagerten in 617 Meter Tiefe
Als 1945 die Alliierten das Sagen in den Kreisen und Kommunen übernahmen, wurde der Schacht Wittekind von britischen Truppen besetzt. Professoren und Studenten der Universität Göttingen begannen mit der Bergung der Kunstgegenstände von der 617-Meter-Sohle. Eine gewaltige Explosion im Bergwerk und der nachfolgende Brand in der Nacht vom 29. auf den 30. November 1945 verschonten die vom Kreis Rees in Sicherheit gebrachten Dokumente und Kulturgüter.
Nach einem Besuch zweier Mitarbeiter des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf am 4. Dezember 1946 wurden wertvollen Kulturgüter sofort geborgen und zurückgeführt. Das Protokollbuch der Schermbecker Kilianer aus dem Jahre 1948 vermerkt: „Die Schützenkette ist arg verstümmelt wieder angekommen.“
Metallplättchen erinnern an das Jahr des Königsschusses
Trotzdem kann man vom Glück sprechen, zumal ein paar ganz besonders wertvolle Plaketten erhalten geblieben sind. Volksbank-Marketingchef Wolfgang Lensing, der als ehemaliger Oberst und jetziges Vorstandsmitglied ein begeisterter Kilianer ist, hat die Ausstellungsstücke mit kurzen und weithin sichtbaren Texten versehen.

König Dominik Woeste und Königin Lenja Niesen sind das einzige Königspaar der Nachkriegszeit, das Kette und Diadem gleich zwei Jahre lang tragen darf. © Scheffler
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen mehrere Ketten, auf denen, so Lensing, „Metallplättchen oder Orden das Jahr des Titelgewinns verzeichnen.“ In ihrer Ausführung würden diese von den jeweiligen Majestäten in Auftrag gegebenen Erinnerungszeichen an das Jahr des Königsschusses das Selbstbewusstsein und den wirtschaftlichen Status des Bürgertums über die Jahrhunderte widerspiegeln.
Erst war‘s grobes Eisenblech, später feines Silber
Lensing verweist auf einen Unterschied: „Die ältesten erhaltenen Orden der Schermbecker Kilianer datieren auf 1730 und sind aus einfachem Eisenblech mit Stichel und Meißel grob gearbeitet. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Orden und Plaketten immer aufwändiger und sind typischerweise aus Silber gefertigt.“ In den letzten Jahren hat der Schermbecker Goldschmiedemeister Jörg Iser die Plaketten nach den Wünschen der Majestäten gestaltet.
Die Ausstellung zeigt mehrere Ketten. An der „historischen Kette“ befinden sich die ältesten erhaltenen Medaillen. In ihrem Wechsel von schlichter zur aufwändigen Ausfertigung belegen die Medaillen den wachsenden Reichtum der Schermbecker Bürger.
An der „Tanzkette“ trägt der König nicht so schwer
Die historische Kette wäre viel zu schwer zum Tragen. Deshalb trägt der jeweilige König bei feierlichen Anlässen wie der Inthronisation oder dem großen Festumzug die so genannte „Krönungskette“. Noch deutlich leichter ist die „Tanzkette“, die der Schützenkönig tagsüber und zum Thronball trägt.
Die „Königskette der Jubilare“ wird bei den Umzügen und zu offiziellen Anlässen von den Gold- und Silberkönigen getragen. Der jeweilige Präsident trägt ebenfalls eine Kette. Die „Präsidentenkette“ wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Hermann Stricker sen, Heinrich Beck, Hermann Stricker jun., Bernhard Redeker, Reiner Horstkamp, Günther Beck, Rainer Gardemann und Ralf Daunheimer getragen.
Ketten für die Könige, Diademe für die Königinnen
In den letzten zwei Jahrzehnten sind zwei weitere Ketten hinzugekommen. Im Jahr 2002 wurde anlässlich des 400-jährigen Bestehens der Schützengilde eine „Kaiserkette“ gestiftet. Sie wird vom jeweiligen Kaiser getragen, der alle fünf Jahre ermittelt wird. Inzwischen wurde die Kette von vier Kaisern getragen: Lothar Vennhoff (2002), Ulrich Halbsguth (2007), Christopher Seibel (2012) und Sven Nuyken (2017). Seit 1989 treten die Jungschützen in einem eigenständigen Zug an. Für sie wurde 2007 eine eigene Kette gestiftet.
Neben den Ketten wird der Schmuck der jeweiligen Königinnen präsentiert. Die amtierende Königin trägt bei offiziellen Anlässen ein vergoldetes Diadem mit eingefassten Aquamarinen. Silberköniginnen tragen beim 25-jährigen Thronjubiläum eine Silberkrone. Zum 50-jährigen Thronjubiläum zeigt sich die Goldkönigin mit einer 1949 neu gestifteten Krone. „Die vorherige Krone ging in den Kriegswirren verloren“, erklärt Lensing den Ersatz der Krone.
Im Verlauf von mehr als vier Jahrzehnten habe ich das Zusammenwachsen von acht ehemals selbstständigen Gemeinden miterlebt, die 1975 zur Großgemeinde Schermbeck zusammengefügt wurden. Damals wie heute bemühe ich mich zu zeigen, wie vielfältig das Leben in meinem Heimatort Schermbeck ist.
