
© Berthold Fehmer (Archiv)
Corona und Kita: Noch viele Fragen offen auf dem Weg in die Normalität
Coronavirus
„Eingeschränkten Regelbetrieb“ gibt´s ab 8. Juni wieder in Kindergärten. Wie das in Coronazeiten aussehen soll, fragen sich nicht nur Eltern, sondern auch Kita-Leiterin Ursula Heinemann.
Das Virus hat den Alltag in der Kita St. Ludgerus in Schermbeck kräftig durcheinander gewirbelt. Eine Notbetreuung gibt es seit dem 16. März - mittlerweile wird das für 38 von insgesamt 85 Kindern genutzt. Ab Donnerstag (28. Mai) kommen noch die Vorschulkinder dazu, ab dem 8. Juni der Rest der Kinder.
Auch in Heinemanns Einrichtung gibt es beim Personal solche, die über 60 Jahre alt sind oder eine ärztliche Empfehlung haben. Die also zur Risikogruppe zählen. „Etwa 30 Prozent weniger“ Personalkapazitäten kann Heinemann einsetzen.

Ursula Heinemann leitet die Kita St. Ludgerus. © Kita St. Ludgerus
Denjenigen, die weiterhin in der Einrichtung arbeiten, sei am Anfang freigestellt worden, ob sie eine Maske tragen wollen oder nicht, sagt Heineman. „Anfangs haben das Einzelne gemacht. Wir stellen aber fest, dass das im Alltag nicht praktikabel ist.“ Die Kinder hätten kein Problem mit den Masken - „das kennen sie von Zuhause“.
Abgeben und Abholen an der Tür
Da für die Eltern weiterhin ein Betretungsverbot herrscht, werden die Kinder an der Eingangstür abgegeben und wieder abgeholt. „Anfangs haben wir uns Sorgen gemacht“, gesteht Heinemann: „Das klappt bestimmt nicht und wird schwer für die Kinder.“ Doch die Kinder hätten das „erstaunlicherweise sehr gut mitgemacht“. Manche Eltern seien sogar Fans dieser Regelung geworden, weil jetzt die Erzieherinnen die Schuhe und Jacken ausziehen. „Dann bin ich schneller an meiner Arbeitsstelle“, hätten einige Eltern gesagt.
Pädagogisch findet Heinemann die „Rückwärtsentwicklung zu einem starren System nicht gerade glücklich“. Die Gruppen werden voneinander getrennt, dürfen auch auf dem Außengelände nicht miteinander spielen. Den Abstand zu den Erziehenden zu halten, sei aber nicht möglich. Wickeln und trösten funktioniere so nicht. „Das verlangt engen Kontakt.“
Psychische Auswirkungen des Virus
Was macht die Krise mit der Psyche der Kinder? „Wir merken, dass die Kinder sich auch mit dem Thema intensiv beschäftigen“, sagt Heinemann. „Die fragen viel nach und merken, dass das eine bedrohliche Situation ist. Mit Bilderbüchern zum Thema gelingt der Einstieg ins Thema. „Wir fragen dann auch: Wie macht ihr das Zuhause?“, so Heinemann. Den Wunsch nach Normalität hätten auch die Kinder.
Wie deutlich erklärt man kleinen Kindern eine Pandemie, an der viele Menschen bereits gestorben sind? „Kinder fragen nur so viel, wie sie wissen wollen“, sagt Heinemann. „Sie wollen eine kurze, klare Antwort. Wenn sie dann weiter fragen, sollte man antworten, ohne ihnen Angst zu machen.“
Von den Eltern bekomme sie widergespiegelt, dass es einige Kinder in der Einrichtung gebe, die traurig seien und viel geweint hätten. Heinemann: „Wenn die hier sind, überwiegt die Freude, hier wieder auf die Spielkameraden zu treffen.“ Wenn die allerdings in der anderen Gruppe sind, gebe es wieder Enttäuschungen. Negative psychische Folgen „können noch kommen“, so Heinemanns Einschätzung: „Es ist noch nicht ausgestanden.“
Raumkapazitäten beengt
Wie genau der „eingeschränkte Regelbetrieb“ ab 8. Juni aussehen wird, kann sie noch nicht sagen. Um zehn Stunden soll die Betreuungszeit pro Kind reduziert werden. Heinemann und ihr Team haben versucht, ein Konzept zu finden, „aber bei den Raumkapazitäten wird es sehr eng. Wir müssen auf die Aussage des Ministeriums warten.“
Den Kontakt zu allen Eltern habe man die ganze Zeit gehalten. Bei Schwierigkeiten habe man über das Jugendamt eine Notbetreuung organisiert. Probleme sieht Heinemann bei einigen Eltern mit 45-Stunden-Betreuung, die erneut mit Arbeitgebern verhandeln müssten, teils auch den ganzen Jahresurlaub aufgebraucht hätten.
Zum Teil habe es Nachfragen gegeben: „Wieso macht ihr wieder Sommerferien? Ihr hattet doch keinen Betrieb.“ Heinemann: „Dann sage ich: Doch! Hatten wir.“ Weiterhin sei Solidarität gefragt: „Jeder muss seinen Teil beitragen.“
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
