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Corona: Nadine Menker endlich geimpft - Mutter starb an Covid-19
Coronavirus
Auf den kleinen Pieks hat Nadine Menker lange gewartet. Die Schermbeckerin ließ sich am Donnerstag vom Mobilen Impfteam gegen Covid-19 impfen. Ihre Mutter starb an der Krankheit.
Sechs Monate ist es her, als das Coronavirus die Familie von Nadine Menker heimsuchte. Ihre Mutter hatte sich im Krankenhaus angesteckt und erlag am Ende der Erkrankung. Auch andere Familienmitglieder wurden infiziert. „Mein Stiefvater war heftig krank und hatte Fieber.“ Nadine Menker wurde ebenfalls angesteckt. „Ich hatte nichts. Wäre ich nicht getestet worden, hätte ich nichts davon mitgekriegt.“
Für Genesene hieß es lange, dass sie sechs Monate mit der Impfung warten sollten. Erst vor Kurzem wurde dieser Zeitraum auf vier Wochen verkürzt. Nadine Menke nutzte am Donnerstag die Möglichkeit, sich wenige Meter von ihrem Zuhause im Abrahamhaus in Schermbeck impfen zu lassen. Zum ersten Mal hatte das Mobile Impfteam des Kreises in Schermbeck zu einem Impftermin ohne Anmeldung eingeladen.

Jan Höpfner koordiniert die Impfungen für den Kreis Wesel und war auch beim Besuch des Mobilen Impfteams in Schermbeck dabei. © Berthold Fehmer
Jan Höpfner, der die Impf-Koordinierung beim Kreis Wesel übernimmt, sagt, dass bereits in der Hälfte der Kreiskommunen solche Impfangebote gemacht wurden. „Es kommen immer so 100 bis 200 Leute, je nach Standort und Größe der Kommune.“ In Schermbeck, wo das Impfteam von 10 bis 15 Uhr stationiert war, waren gegen 12 Uhr mittags rund 25 Impfwillige erschienen. 56 waren es am Ende des Tages.
Impfteam möchte Standort mit mehr Laufkundschaft
Die Frage des Standorts, so Höpfner, will das Team in der Nachbesprechung noch einmal auch für Schermbeck aufgreifen. Denn man wolle möglichst dort arbeiten, „wo viel Laufkundschaft ist“, so Höpfner. Er könnte sich einen Standort am Rathaus vorstellen. Oder auf einem Supermarkt-Parkplatz. „Man muss die Leute ansprechen“, sagt Höpfner, wobei ihm klar ist, dass man überzeugte Impfverweigerer oder gar Coronaleugner auch mit guten Argumenten nicht bekehren kann.
90 Prozent Erstimpfung, 10 Prozent Zweitimpfung: Das ist laut Höpfner die Quote, die bei den Angeboten vor Ort derzeit zu beobachten ist. Es seien vor allem drei Gründe, die Höpfner mitbekommen hat, die immer wieder genannt werden, warum die Bürger sich erst jetzt impfen lassen: „Ich habe es damals versucht und bin bei der 116117 nicht durchgekommen. Ich habe bei meiner Hausarztpraxis keinen Termin bekommen. Ich wollte warten, bis die zu mir kommen.“
„Wir hatten den Todesfall in der Familie“
Nadine Menker hätte sich vermutlich von ihrem Hausarzt impfen lassen, wenn sie nicht vom Mobilen Impfangebot erfahren hätte. Dass sie sich impfen lassen würde, war für sie überhaupt keine Frage: „Wir hatten den Todesfall in der Familie. Da gibt es gar nichts zu diskutieren“, sagt sie.

Vor dem Impfen musste Nadine Menker einige Formulare ausfüllen. © Berthold Fehmer
Vor dem Impfen musste sie zunächst einige Formulare ausfüllen. Mit diesen ging sie zum Team der Kassenärztlichen Vereinigung, die von vier Mitarbeitern vertreten wurde, die die Daten in die Computer eingaben. Anschließend musste Menker kurz warten, bis sie ins Zelt von Impfarzt Benedikt Groß durfte, das in der kleinen Sporthalle des Abrahamhauses aufgebaut war.

Das Team der Kassenärztlichen Vereinigung übertrug die Daten von Nadine Menker in die Computer. © Berthold Fehmer
Ihm berichtete Menker, dass sie die Erkrankung damals gut durchgestanden habe. Mit einer Ausnahme: Der Geruchssinn kehre erst jetzt langsam wieder zurück. „Das ist unangenehm“, so Groß, sei aber „nicht gänzlich ungewöhnlich“.
Nur Impfstoff von Biontech verimpft
Die erste Frage, die Impfwillige meistens stellten, so Höpfner, sei die nach dem Impfstoff. Ausschließlich der von Biontech wurde am Donnerstag in Schermbeck verimpft. „Beim nächsten Mal bringen wir vielleicht auch den von „Johnson & Johnson“ mit.“ Der hat den Vorteil, dass er nur einmal verimpft werden muss, wobei darüber auch schon wieder diskutiert werde, so Höpfner.
Beim Impfarzt ließen sich viele Impfwillige aber auch über Risiken und Nebenwirkungen aufklären. Gerüstet ist das Mobile Impfteam auch für Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Die Aufklärungsformulare habe man in 15 Sprache dabei, so Höpfner.
Angebot für Kinder im Impfzentrum
Nicht geimpft werden konnten im Abrahamhaus Kinder. Da bei ihnen ein umfangreicheres Aufklärungsgespräch notwendig ist, benötige man einen Kinderarzt, den man in vielen Orten aber nicht dabei habe, so Höpfner. Der Kreis Wesel bietet bis Sonntag (15. August) von 14 bis 20 Uhr Impfungen für Kinder (ohne Termin) an im Impfzentrum Wesel, Niederrheinhalle Wesel, An de Tent 1.
Das eigentliche Impfen ging bei Nadine Menker schnell. „Ich gucke nicht hin“, sagte sie, aber so schnell wie die Nadel im Oberarm war, war sie auch fast wieder draußen. „Bleiben Sie noch 15 Minuten in der Nähe“, bat Impfarzt Benedikt Groß, für den Fall, dass eine der seltenen unmittelbaren Impfreaktionen auftauchen sollte. Als Genesene kann sich Nadine Menker nun nach nur einer Impfung ein digitales Impfzertifikat in der Apotheke besorgen. Dazu muss sie den Impfnachweis und die Bescheinigung über den positiven PCR-Test mitbringen.
Vier Personen, vier Stunden
Für das Mobile Impfteam steht fest, dass der Hauptstandort, das Impfzentrum des Kreises Wesel, Ende September geschlossen wird. Wie es mit den mobilen Einheiten weitergeht, sei noch nicht klar, sagt Höpfner, der hofft, dass weiterhin etwa bei Events oder auf Wochenmärkten geimpft wird. Allein in Alpen habe man zuletzt bei einem Termin 130 Menschen geimpft - mehr als ein Prozent der Bürger an einem Tag. „Ich glaube, dass wir demnächst aber nicht so groß auffahren.“ Vier Personen, vier Stunden - eine solche Größenordnung fände Höpfner ausreichend.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
