Es war die dreiste Masche einer Bande, vor der immer wieder gewarnt wird: Alte Menschen werden von einem falschen Polizeibeamten angerufen. Ihnen wird gesagt, dass eine kriminelle Bande im Ort unterwegs sei, die ihnen Geld abluchsen will. Ein Schockmoment, der bewusst ausgenutzt wird.
In einem Fall im April 2023 sollte eine 92-Jährige aus Schermbeck 4.000 Euro, eine Goldkette und ihre Kreditkarte in einen Kochtopf vor die Tür stellen. Die Polizei würde die Wertgegenstände in Obhut nehmen. Die ältere Dame tat wie geheißen - und wurde betrogen.
Nun standen zwei Angeklagte vor dem Weseler Amtsgericht - ein junges Paar, das sich durch die Tat einen „rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft“ haben soll. Laut Anklage haben sie den Botengang für die Logistik einer kriminellen Bande übernommen, die alte Menschen mit Telefonanrufen abzockt und Geld und Wertgegenstände erbeutet.
Ein mulmiges Gefühl
Zunächst fuhr die Schermbeckerin mit ihrem Freund nach Dorsten zum Einkaufen. Dort erhielt sie den Anruf ihrer Auftraggeber. So fuhren sie dann nach Schermbeck, um den Kochtopf abzuholen. Ihr Freund soll ahnungslos gewesen sein und nichts davon gewusst haben. Bei dem Telefonat habe sie aber mitbekommen, dass der Anrufer noch mit einer weiteren Person telefonierte und diese dritte Person unter Druck gesetzt worden sei. Sie bekam ein mulmiges Gefühl. Ihr Freund fragte, was los sei. Kurzerhand holte er den Kochtopf und war „geschockt“, als er sah, was darin war.
Der Kontakt der Angeklagten zu der Bande soll durch Mitschüler an der Berufsschule zustande gekommen sein. Diese fragten, ob sie Geld verdienen wolle. Es blieb zunächst bei sporadischen Anrufen - ohne konkreten Auftrag. Dann erhielt sie den Anruf, dass heute der Tag sei, an dem sie Geld verdienen könnte. Am 28. April des vergangenen Jahres kam es dann zu der dreisten Abzocke in Schermbeck.
„Ich wollte nicht, dass mein Freund da mit hineingezogen wird“, erklärte die geständige Angeklagte unter Tränen im Prozess. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt schon das Gefühl, dass da etwas nicht „ganz koscher“ sei. Ihr Freund habe ihr nur helfen wollen.
Angst um die Familie
Denn sie hatte Angst um ihre Familie und Angst, zur Polizei zu gehen. Angeblich habe sie erfahren, dass einer der Anrufer Mitglied der „Bandidos“ sei.
Sie wollte aussteigen, als sie merkte, was los sei. Doch der Anrufer habe ihr gedroht: „Ich hatte Angst, dass mir oder meiner Familie etwas passiert, wenn ich nicht mitmache.“
Mit dem Kochtopf und Inhalt fuhren die beiden anschließend nach Gelsenkirchen zu einem Kiosk. Dort sollen sie 3.000 Euro auf ein türkisches Geldkonto überwiesen haben. Den Schmuck und die Kreditkarte gaben sie einem Mittelsmann des Anrufers. 1.000 Euro gab es für sie als Lohn, den sie untereinander aufteilten.
Verabscheuungswürdige Tat
Die Richterin und Direktorin des Amtsgerichts Wesel, Margarete Funken-Schneider, nannte das eine „besonders verabscheuungswürdige Tat“. Da sich die beiden wohl noch für eine weitere Tat verantworten müssen, die später stattfand, wurde die Hauptverhandlung ausgesetzt. Ein weiteres Verfahren steht demnächst noch an.