Azubi-Mangel in vielen Branchen So ist die Situation bei Betrieben in Dorsten und Schermbeck

Betriebe in Dorsten und Schermbeck: Nicht alle klagen über Azubimangel
Lesezeit

Vielen Branchen fehlt es an Auszubildenden. Wir haben auf der Azubimesse des SV Schermbeck mit Betrieben aus Dorsten und Schermbeck über die Azubi-Situation gesprochen. „Selbst wir als Großunternehmen haben für dieses Jahr in manchen Berufen noch nicht alles voll“, so Guido Aust, Mitarbeiter im Ausbildungsmarketing von Evonik. Das habe es bis vor zwei Jahren sonst nie gegeben. Sonst hatte Evonik immer ein Bewerbungs-Überangebot und konnte sich Azubis aussuchen.

Das Chemieunternehmen habe seit zwölf Jahren ein „Abkehrprogramm“, sagt Aust. Dabei gehen jährlich Mitarbeiter in Vorruhestand oder in Altersrente. „Da wir unbefristete Stellen anbieten, müssen diese Stellen regelmäßig aufgefüllt werden“, erklärt Aust. Er glaubt, der Azubi-Mangel liege daran, dass „viele noch orientierungslos sind, gerade durch die vergangenen drei Jahre“. Ein großes Problem.

„Wenn Schüler nicht wissen, was sie machen sollen, gehen sie immer weiter zur Schule und wissen eigentlich immer noch nicht, was sie machen sollen.“ Deswegen rät Aust zu Praktika, die Evonik auch innerhalb der Ausbildung anbiete. In Corona-Zeiten sei das kaum möglich gewesen. Zudem „können wir den Auszubildenden nach der Lehre einen unbefristeten Vertrag anbieten, wenn sie nicht grob fahrlässig aufgefallen sind.“

„Denken auch an die Zukunft“

Bei der Stiftung Haus Hall sei die Azubi-Situation noch in Ordnung, sagt Marco Witteberg, Abteilungsleiter Wohnen. Man sei in dem Bereich aktiv und habe auch Nichtfachkräfte und Quereinsteiger, die die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger machen. Dennoch bekomme man nicht alle Stellen besetzt, was man etwa durch Nicht-Fachkräfte ausgleiche. „Wir denken auch an die Zukunft.“

Marco Witteberg und eine weitere Mitarbeiterin der Stiftung Haus Hall auf der Azubimesse des SV Schermbeck.
Marco Witteberg und eine weitere Mitarbeiterin der Stiftung Haus Hall auf der Azubimesse des SV Schermbeck. © Katharina Göke

Grund für den Azubi-Mangel sei der demographische Wandel. „Es ist schön für die jungen Menschen, die können sich ihren Beruf aussuchen. Aber es sind nicht genug Menschen da und alle suchen Nachwuchs“, so Witteberg. Azubis seien wichtig: „Es ist immer gut, junge Menschen zu gewinnen, weil sie einfach nochmal ein neues Klima in die Einrichtung bringen. Es gibt ja auch immer wieder neue Impulse, die man von jungen Menschen bekommt.“

Um Ausbildungsstellen interessant zu gestalten, „versuchen wir, uns ein junges Gesicht zu geben“ und den Leuten zu vermitteln, dass es ein schöner und abwechslungsreicher Job sei, erklärt er.

Die Firma BWR in Schermbeck spürt momentan noch keine negativen Folgen des Azubi-Mangels, so Frank Göbbeler, Ausbilder bei BWR. „Wir haben eigentlich jedes Jahr drei neue Auszubildende im Bereich Garten- und Landschaftsbau.“

Handwerk verliert Attraktivität

Aktuell habe man sieben Auszubildende im GaLa-Bau und zwei im kaufmännischen Bereich. Im Sommer kommen zwei neue Azubis. Viele Azubis blieben nach der Ausbildung dem Unternehmen erhalten, so Göbbeler. „Gerade angesichts des Fachkräftemangels ist es total wichtig, dass man die Fachkräfte selbst ausbildet.“ Man könne nicht erwarten, dass man nicht ausbilde, auf den Markt gehe und woanders Leute abgreife.

Frank Göbbeler (l.) und Manuel Schmidt von BWR aus Schermbeck auf der Azubimesse des SV Schermbeck.
Frank Göbbeler (l.) und Manuel Schmidt von BWR aus Schermbeck auf der Azubimesse des SV Schermbeck. © Katharina Göke

Er glaubt, dass der Azubi-Mangel seine Ursache darin hat, dass „gerade das Handwerk in den vergangenen Jahren vermehrt an Attraktivität verloren hat“. Auch in der Schule sei die Wertigkeit von Handwerksberufen nicht so hoch angesehen. Die Ausbildung bei BWR biete dem Nachwuchs aber alle Bereiche des Garten- und Landschaftsbaus, soziale Absicherung und einen interessanten und vielfältigen Beruf.

Auf der Azubimesse des SV Schermbeck waren kleinere, mittelständische und größere Betriebe vertreten. Zum Beispiel Euroquarz, das Paul-Spiegel-Berufskolleg oder die Schreiner Grewing.

Apotheker Felix Holzwarth: „Hamsterkäufe bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten“

Pflegedienst-Chef muss vier Azubis kündigen: „Strukturelle Sabotage“

Azubimesse des SV Schermbeck: Wie Betriebe versuchen, junge Menschen für sich zu gewinnen