
© Martin von Braunschweig
Anwälte attackieren Anklageschrift der Staatsanwaltschaft scharf
Bandidos-Prozess in Hagen
Vor dem Hagener Landgericht hat der Prozess gegen fünf Rocker des „Bandidos MC“ begonnen. Die Angeklagten sagen - wenig überraschend - nichts. Dafür aber die Verteidiger.
Den fünf Angeklagten - darunter ein 56-jähriger Mann aus Schermbeck - werden unter anderem versuchter Mord, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und verschiedene Waffendelikte zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass die Männer darauf aus waren, die Gebietsansprüche der Bandidos gegenüber anderen Rocker-Clubs zu verteidigen und auszubauen.
Gebietsansprüche ausbauen?
Vor allem die Gebiete Hagen und Köln sollen die Bandidos dabei im Blick gehabt haben. Häufig fanden Treffen der Angeklagten laut Staatsanwaltschaft im Clubheim des Chapters Schwerte statt.
Als der Vorsitzende Richter Bernhard Kuchler nach der Verlesung der Anklage die Frage stellte, ob sich die 23 bis 58 Jahre alten Männer zu den Vorwürfen äußern wollen, blickte er in grimmige, zum Teil völlig erstaunte Gesichter. In den seltensten Fällen erklären sich Rocker zur Zusammenarbeit mit der Justiz oder der Polizei bereit. Und dies ist keiner dieser seltenen Fälle. „Nein“, schallte es Kuchler wie aus einer Stimme entgegen.
Rocker wollen nichts sagen
Damit war die erste von mindestens 36 Verhandlungen am Hagener Schwurgericht allerdings noch nicht erledigt. Denn stellvertretend für alle Verteidiger bat Rechtsanwalt Lars Brögeler um das Wort. Und er nutzte die Erlaubnis zu einer harten Abrechnung mit der Anklageschrift.
Die Staatsanwaltschaft habe für ihre Behauptungen keinerlei unmittelbaren Beweise vorgetragen, so Brögeler. Die Anklage setze stattdessen allein auf eine Reihe von Indizien, die ihrerseits allerdings wenig tauglich seien. „Die Beweisführung weist erhebliche Schwachstellen auf“, so der Verteidiger. „Wir sind optimistisch, in diesem Prozess sämtliche Vorwürfe widerlegen zu können.“
Rolle der Federation unklar
Im Kern geht es in dem Prozess um zwei bewaffnete Attentate auf Rocker der verfeindeten „Hells Angels“ in Köln und die angebliche Rolle, die die „Bandidos Federation West Central“ dabei spielte. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei um eine übergeordnete Organisation, die den einzelnen örtlichen Chaptern Anweisungen erteilen konnte. Einer der Angeklagten war bis zu seiner Festnahme „National Vice President“ der Federation gewesen sein. Der Mann aus Schermbeck soll als National Vice President Europe“ ebenfalls in die Planungen der Federation eingebunden gewesen sein.
Lars Brögeler glaubt indes, dass alle örtlichen Chapter „so gut wie selbstständig“ arbeiteten. Anweisungen oder ähnliches von oben habe es nicht gegeben. „Was die Staatsanwaltschaft vorlegt, ist eine Aneinanderreihung von Vermutungen und Spekulationen“, so Brögeler.