Der Rekord-Torschütze des Vereins wird vom Co- zum Cheftrainer befördert. Einen Tag vorher war Peter Neururer überraschend beurlaubt worden. Später übernimmt Aleksandar Ristic.
Die Geschichte ist - zugegeben - oft erzählt worden, und über die Gründe, warum Peter Neururer am 13. November 1990 als Schalke-Trainer beurlaubt wurde, gibt es noch heute verschiedene Theorien. Fakt ist, dass Neururer offenbar andere Erwartungen hatte, als er zum Gespräch mit Präsident Günter Eichberg gebeten wurde. Der Trainer dachte, sein Vertrag würde verlängert. Dann teilte ihm Eichberg mit, dass er entlassen sei. Zwei Stühle, zwei Meinungen.
Beförderung in rauer See
Dabei stand Schalke im Aufstiegsrennen zur Ersten Bundesliga ganz gut da, auch wenn ein paar Tage davor beim 1:1 bei Fortuna Köln nicht gerade die Sterne vom Himmel gespielt worden waren. Entweder war Eichberg die Sache zu wackelig - im dritten Schalker Zweitliga-Jahr hintereinander war der Aufstieg mehr Pflicht als zuvor ohnehin schon - oder dem „Sonnenkönig“ war der Wunsch von Neururer nach einem längerfristigen Vertrag sauer aufgestoßen. Vielleicht auch beides. Wie auch immer: Neururer musste gehen. Und ein neuer Trainer musste her.
Wunsch-Kandidat Aleksandar Ristic war noch bei Fortuna Düsseldorf tätig, also fiel die Wahl auf einen internen Kandidaten: Co-Trainer Klaus Fischer, der erst vor der Saison nach seiner Zeit als Spieler und Assistenztrainer beim VfL Bochum wieder nach Schalke zurückgekehrt war, übernahm das Steuer - und zwar in rauer See. Denn bei Fans und Mannschaft war Neururer sehr beliebt, und nun stand ausgerechnet das knifflige Derby gegen Rot-Weiß Essen an.
Derby-Sieg als Beruhigungspille
Erfolge waren wie heute schon immer die beste Beruhigungspille, umso wertvoller war der 3:1-Sieg, den Fischer mit den Königsblauen einfuhr. Es blieb in dieser Phase allerdings Fischers einziger Sieg als Cheftrainer: Bis zum Jahresende folgten drei Unentschieden in der Zweiten Liga, außerdem eine zu erwartende 1:3-Pokalniederlage beim Erstligisten und haushohen Favoriten Werder Bremen.
Zum Jahreswechsel 1990/91 war Fischers erste Amtszeit als Chef-Interimstrainer beendet, Aleks Ristic kam aus Düsseldorf und vollendete am Saisonende den bislang letzten Bundesliga-Aufstieg in der Schalker Vereinsgeschichte. Fischer war auch unter Ristic Co-Trainer - besonders wohl fühlte er sich aber offenbar nicht mehr, weil Ristic die Rolle des Co-Trainers als reine Assistentenrolle interpretieren ließ.
Eichberg verblüffte mit Lattek
Am 30. April 1992 wurde Ristic nach einer 1:2-Niederlage gegen die Stuttgarter Kickers entlassen und kehrte später zu Fortuna Düsseldorf zurück. Sein Nachfolger bei den Königsblauen wurde - richtig - Klaus Fischer. Diesmal sollte die Beförderung aber von Dauer sein, das hatte Günter Eichberg dem Sturm-Idol vor Zeugen zugesagt. Weil Fischer die Saison nach dem Ristic-Rauswurf mit drei Siegen und einer Niederlage sehr ordentlich zu Ende brachte, gab es auch keinen Grund, an Eichbergs Zusage zu zweifeln.
Bis der Schalke-Boss im Sommer auf die Idee kam, mit Udo Lattek einen ganz großen Trainer-Namen zu verpflichten. Fischer sollte Latteks Co-Trainer werden, lehnte aber auch aufgrund der schlechten Erfahrungen in der Ristic-Zeit ab und wurde - bereits ausgestattet mit einem lukrativen Vertrag als Profi-Trainer - Coach der Schalker Amateure, die er dann drei Jahre lange betreute.
„Einer meiner größten Fehler“
Nach sechs Monaten war auch für Udo Lattek auf Schalke Schluss. Sein Nachfolger wurde Helmut Schulte. Und Fischer bezeichnete es später als „einen meiner größten Fehler, dass ich nicht Co-Trainer unter Udo Lattek werden wollte. Hätte ich es gemacht, wäre ich wahrscheinlich sein Nachfolger geworden.“ Diesmal aber „richtig“.
Nach seinen Jahren mit den Schalker Amateuren übernahm Klaus Fischer keinen Trainer-Job mehr. 1997 gründete er die Klaus-Fischer-Fußballschule, mit der der heute 70-Jährige in den Schulferien nach wie vor durch Deutschland und Österreich tourt.