Sechs Wechsel nahm S04-Cheftrainer Karel Geraerts in der Halbzeitpause beim Schalker Test gegen Twente Enschede in Marl (0:0) vor. Tobias Mohr gehörte zu den Spielern, die 90 Minuten lang ran mussten. Oder, in dem Fall wahrscheinlich passender: Er durfte 90 Minuten lang ran.
„Da musste ich schon schlucken“
Denn grundsätzlich war Tobias Mohr auf Schalke schon „aussortiert“: Die sportliche Leitung hatte ihm Ende vergangener Saison mitgeteilt, dass man trotz eines noch bis 2025 laufenden Vertrages nicht mehr mit dem 28-Jährigen plane. „Da musste ich schon schlucken“, gibt Mohr zu - das sei ihm so in seiner Karriere noch nicht passiert.
2022 aus Heidenheim gekommen
In der sollte Schalke eigentlich der nächste Schritt nach oben sein. Nach seinen Stationen bei Alemannia Aachen und der Spvgg. Greuther Fürth hatte Mohr beim 1. FC Heidenheim bewiesen, dass er zumindest ein richtig guter Zweitliga-Spieler sein kann.
Schalke, gerade wieder in die Erste Liga aufgestiegen, verpflichtete den Mittelfeldspieler 2022 für die Ablöse in Höhe von 1,1 Millionen Euro, und es begann eine Geschichte mit mehr Tiefen als Höhen.

Onkel Jürgen kritisierte Kramer
Trainer Frank Kramer setzte den eher offensiv orientierten Mohr entgegen dessen Gewohnheiten in seiner Personal-Not auch auf der linken Defensivseite ein - da tat sich Mohr schon schwer, schließlich musste er danach auch noch hinten rechts ran.
Mohrs Onkel Jürgen, selbst ehemaliger Profi, sah sich daraufhin dazu veranlasst, via Facebook öffentlich deutliche Kritik an Kramer über den Umgang mit Mohrs Neffen zu üben. Dafür gab es zwar deutliche Worte von Tobias an Onkel Jürgen („Auf meinen Mist war das nicht gewachsen“), aber so etwas sorgt natürlich für Gesprächsstoff in der Kabine und unter den Fans.
Startelf, Bank, Tribüne
Es ging weiter rauf und runter für Mohr auf Schalke: Er pendelte zwischen Startelf, Bank und Tribüne, immer ausgestattet mit dem Talent, sich nach Fortschritten wieder selbst aus dem Spiel zu nehmen. Bestes Beispiel: Am Ende der vergangenen Hinrunde schien er sich ein wenig „festgespielt“ zu haben, bis er durch eine Schludrigkeit den Fürther Ausgleich zum 2:2 ermöglichte - mit diesem Erlebnis gingen Schalke und er in die Winterpause.
Es kam zwar plötzlich, war aber auch nicht die ganz große Überraschung, dass Mohr nach der Saison zu den „aussortierten“ Schalker Spielern gehörte. Doch während Ralf Fährmann (trainiert eifrig mit der U23), Dominick Drexler und Timo Baumgartl (dürfen bei den Profis nur noch das Aufwärmprogramm beim Training mitmachen) sowie Lino Tempelmann (absolviert nach einer Knieverletzung seine Reha in München) ihre Zeit ohne S04-Profiperspektive verbringen, ist Mohr - gemeinsam mit Henning Matriciani - plötzlich wieder gefragt.
Obwohl er in Verl nach einem Kopftreffer früh ausgewechselt werden musste, gehörte Mohr in den Vorbereitungsspielen zu den S04-Akteuren mit der meisten Einsatzzeit und hinterließ dabei gar keinen schlechten Eindruck.
„Bin keiner, der davonläuft“
Noch hat sich Karel Geraerts nicht in die Karten schauen lassen, ob das überraschende Comeback von Tobias Mohr seriöse Rückschlüsse auf eine Schalke-Zukunft des „Linksfußes“ zulässt oder ob es nur darum geht, den Fußballer ins „Schaufenster“ zu stellen. Mohr lässt die Dinge auf sich zukommen, „ein Typ, der davonläuft, bin ich nicht“.
Nicht ausgeschlossen also, dieses Wortspiel muss jetzt einfach sein, dass Mohr auf Schalke seine Schuldigkeit noch lange nicht getan hat.
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