Ist Trainer Di Matteo der falsche Mann für Schalke?
Pro & Kontra
Der FC Schalke 04 flieht nach sechs sieglosen Partien in der Fußball-Bundesliga vor den maulenden Fans in die Abgeschiedenheit. Die Angst geht um in Gelsenkirchen, die Sorgen um die Qualifikation für den "Trostpreis" Europa League wachsen. Ist Trainer Roberto Di Matteo der falsche Mann für die königsblauen Ziele?

Blick des Entsetzens: Schalke und Trainer Robert Di Matteo stecken in einer tiefen Krise.
Pro: Di Matteo hat keine Zukunft - Die Handschrift fehlt
Um Einzelschicksale geht es in diesem harten Bundesliga-Geschäft selten bis eigentlich nie. Und so hilft auch das Mitgefühl wenig, wenn es wieder einen Fußball-Lehrer trifft. Jeder Verein muss sehen, wie er die Erfolgsspur trifft, und Schalke trifft sie mit Roberto Di Matteo nicht. Wer Jens Keller mangelndes Charisma vorgeworfen hat, der mag bitte erklären, was der italienische Coach in dieser Beziehung zu bieten hat. Der Anzug ist feiner geworden, der Kaugummi-Konsum ist auch gestiegen. Die Gesten sind aber nicht animierender, die Ansprache an die Spieler ist offenbar nicht aufrüttelnder.
Langweilig, langsam und uninspiriert
Der FC Schalke 04 im April 2015 wirkt blutleer, müde, emotionslos. Der Fußball ist langweilig, langsam, uninspiriert, irgendwie altbacken. Und Roberto Di Matteo hat aber auch gar keine Argumente mehr auf seiner Seite. Er hat sehen dürfen, dass die Jünglinge eine vielleicht schöne Zukunft versprechen, aber er vertraut ihnen nicht. Er konnte lange Zeit auf die vielen Verletzten hinweisen, jetzt sind sie alle wieder gesund.
Aber er setzt sie auf die Bank, die Herren Goretzka, Draxler, auch wieder Meyer, allesamt vor neun Monaten noch gut genug, in Joachim Löws 30er-Kader für die WM zu stehen. Roberto Di Matteo brachte den Ruf eines „Taktik-Genies“ mit, nichts davon ist zu erkennen. Das wirkt meist eher hilflos als durchdacht. Und Grundtugenden wie Wille, Begeisterung und Leistungsbereitschaft sind auch nicht auszumachen. Die Fans entziehen mehr und mehr die Liebe, auf Schalke gibt es nicht Alarmierenderes.
Von Gerd Strohmann
Kontra: Di Matteo ist nicht das Problem - Teures Bauernopfer
Nein, Roberto Di Matteo hat derzeit keine guten Argumente. 15 Punkte holten die Königsblauen in 13 Rückrundenspielen – eine Negativ-Marke von historischem Ausmaß. Seinen klar formulierten Auftrag, Schalke in die Champions League zu führen, hat er längst verfehlt.
Branchentypische Reaktion
Muss also der Trainer weg? Es wäre eine branchentypische Reaktion in einer Saison, in der sich das Trainerkarussell in gefühltem Rekordtempo dreht. Im Schalker Fall wäre ein Rausschmiss von Di Matteo aber falsch. Und vor allem viel zu einfach. Es würde an den grundsätzlichen Problemen nichts ändern. Di Matteo wäre in erster Linie eins: ein teures Bauernopfer.
Der Fisch stinkt vom Kopf. Etwa von Horst Heldt. Dem Manager, der nach dem siebten Spieltag Jens Keller vor die Tür setzte. Den Trainer, der zuvor die beste S04-Rückrunde aller Zeiten spielte, aber in seinen 22 Monaten als Coach vor allem Schimpf und Schande ertragen musste. Was Keller fehlte: die internationalen Meriten. Wohl verkraftbar, hätte er von Heldt und Co. die nötige Rückendeckung erhalten. Die fehlte jedoch von Beginn an. Keller blieb – selbst nach seinem Aus – Sündenbock für viele Verfehlungen. Ein Zerrbild.
Probleme liegen deutlich tiefer
Dieses lässt sich nun nicht mehr aufrechterhalten. Di Matteo hat internationales Format. Klar, das macht ihn nicht automatisch zum Top-Mann für Schalke. Aber ihn kann man nicht so leicht für allen Misserfolg verantwortlich machen. Zum Glück. Denn die Probleme liegen deutlich tiefer. Eine neuerliche Trainer-Entlassung löst sie nicht.
Von Johannes Mohren