Am 12. Oktober 1993 wird Jörg Berger Trainer des FC Schalke 04. Lange hat Manager Rudi Assauer noch auf den Umschwung gehofft. Doch als nach dem elften Spieltag der Saison 1993/1994 ausgerechnet das 1:0 im Derby gegen Borussia Dortmund der einzige Saisonsieg bleibt und die Königsblauen nach der 1:3-Heimniederlage gegen den SC Freiburg mit 5:21-Punkten fast schon abgeschlagen auf dem letzten Platz in der Tabelle stehen, handeln die Verantwortlichen.
Schon vor seiner offiziellen Vorstellung gibt der neue Chef-Trainer Jörg Berger erste Interviews. Ihm eilt der Ruf eines „Feuerwehrmanns“ voraus, auf seiner letzten Station hat er den 1. FC Köln sogar in den UEFA-Cup geführt. „Es ist der letzte Versuch, den Abstieg zu verhindern“, bekennt Manager Assauer. Einzelgespräche führen, Führungsspieler stärken, den Glaube verbreiten, dass „es vier, fünf Mannschaften gibt, die schwächer als wir sind“: Mit diesen Maßnahmen steigt Berger ein.
Holpriger Start
Sein Start mit nur einem Punkt aus drei Spielen ist holprig, doch dann gelingt es Berger, die Lage zu stabilisieren. Vor allem das unermüdliche Trainieren von Standardsituationen zahlt sich aus. Kopfballtore der Innenverteidiger Thomas Linke und Hendrik Herzog bringen viele wichtige Punkte. „Defensive Ordnung ist die Basis des fußballerischen Handwerks“ – unter dieser Prämisse führt Berger die Königsblauen aus dem Tabellenkeller.
Nach nur 9:25-Punkten in der Hinrunde startet das Team eine beeindruckende Aufholjagd und holt aus den ersten zwölf Spielen der Rückrunde bei acht Siegen und nur einer Niederlage 19:5-Zähler. Am Ende landet die Mannschaft auf Platz 14, dem FC Schalke 04 bleibt ein vierter Abstieg aus dem Oberhaus erspart. Bereits vier Spieltage vor Schluss kann Schalke den Klassenerhalt mit einem 2:2 beim VfB Leipzig sichern. Ein Erfolg, der ohne Zweifel auch wesentlich auf das Konto von Jörg Berger geht.

Diesen Schwung der Rückrunde nehmen die Königsblauen in die folgenden beiden Spielzeiten mit. Nach Rang elf in der Saison 1994/1995 peilt Berger mit seiner Truppe eine Position in der oberen Tabellenhälfte an. Vor der Rückrunde Achter, legen die Schalker eine fulminante zweite Saisonhälfte hin. Die Schalker werden Dritter und ziehen zum ersten Mal seit 19 Jahren in den UEFA-Cup ein.
Allerdings übertüncht der Erfolg die stetig wachsende Kluft zwischen Coach und Mannschaft. Der Mannschaftsrat, bestehend aus Jens Lehmann, Olaf Thon, Ingo Anderbrügge und Youri Mulder, wird bei Manager Rudi Assauer vorstellig. Berger würde sich öfter in der Sauna aufhalten, als auf dem Trainingsplatz. Zu wenig Training und konditionelle Defizite werden Berger ebenso angelastet wie taktische Unkenntnis.
Kuriose Vorwürfe
Die Vorwürfe, die durch die Medien geistern, werden immer kurioser. Berger soll in Mannschaftssitzungen die Gegenspieler verwechselt haben. Youri Mulder wird von Berger aufgrund kritischer Worte zu 15.000 Mark Strafe verdonnert. Die Stimmung zwischen Mannschaft und Trainer ist zerrüttet. Mike Büskens formuliert es diplomatisch. „Es war wie in einer Ehe, man hatte sich auseinandergelebt.“ 19 von 23 Spielern, so Manager Assauer, hätten sich für einen Trainerwechsel ausgesprochen. Letztlich handelt die Vereinsführung und entlässt Berger, der im Juni 2010 den Folgen eines Krebsleidens erliegt, am 3. Oktober 1996.
Die Fans sind stinksauer auf die Mannschaft. Jörg Berger nimmt es gelassen. „Trennung hin und her, bei mir überwiegen positive Erinnerungen. Es ging drei Jahre bergauf, Rudi Assauer und ich haben eine Mannschaft zusammengestellt, die später UEFA-Cup-Sieger wurde“, so gibt sich Berger einige Jahre später versöhnlich.
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