Fall Tönnies ist noch längst nicht erledigt

Schalke 04

Clemens Tönnies lässt sein Aufsichtsratsmandat für drei Monate ruhen. Nach der Sitzung des Ehrenrates herrscht auf Schalke aber weiterhin enorm viel Unruhe.

Gelsenkirchen

, 07.08.2019, 18:49 Uhr / Lesedauer: 2 min
Steht weiterhin mächtig in der Kritik: Clemens Tönnies.

Steht weiterhin mächtig in der Kritik: Clemens Tönnies. © dpa

Dass für den FC Schalke 04 am Samstag das erste Pflichtspiel der neuen Saison auf dem Programm steht, ist in diesen Tagen nicht einmal eine Randnotiz wert. Die verbalen Entgleisungen von Clemens Tönnies und seine Entscheidung, sein Aufsichtsratsmandat für drei Monate ruhen zu lassen, haben den Kultklub in seinen Grundfesten erschüttert.



Und zwar so sehr, dass sich Schalkes dreiköpfiger Vorstand am Mittwoch genötigt sah, in einer Erklärung an den Zusammenhalt im Verein zu appellieren. Darin heißt es unter anderem: „Bei aller Emotionalität und Aufgeregtheit der letzten Tage lassen wir den Ruf des Vereins nicht auf eine diskriminierende Aussage reduzieren. Es kommt jetzt darauf an, dass sich Mitglieder, Fans und Verantwortliche auf das Wesentliche, den Verein, besinnen. Dabei spielt Zusammenhalt eine ganz wichtige Rolle“.



Scharfe Kritik von Dagmar Freitag


Doch der ist massiv gefährdet. Viele Menschen können nicht nachvollziehen, warum der Ehrenrat Tönnies zwar einen Verstoß gegen das „in der Vereinssatzung verankerte Diskriminierungsverbot“ vorwirft, den Vorwurf des Rassismus jedoch als „unbegründet“ bezeichnet.



„Wenn ich einen ganzen Kontinent und seine Bevölkerung letztlich in eine Ecke stelle, dann erfüllt das für mich schon eher den Tatbestand des Rassismus als ‚nur‘ den der Diskriminierung“, kritisierte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag.


Droht eine Spaltung der Fanszene?

Mit dieser Meinung steht sie nicht allein. Dr. Manfred Beck, früherer Kulturdezernent der Stadt Gelsenkirchen und jetzt sehr aktiv im Vorstand der Schalker Fan-Initiative, kritisierte Tönnies im Gespräch mit dieser Zeitung mit scharfen Worten: „Clemens Tönnies ist nach diesem Vorfall als Gesicht des FC Schalke 04 nicht mehr tragbar“. Für die inhaltliche Begründung des Ehrenrates, Tönnies vom Vorwurf des Rassismus freizusprechen, hat der 63-Jährige nur ein Wort übrig: „Lachhaft“.


Doch zum Lachen ist dem früheren Kommunalpolitiker längst nicht zumute. Beck befürchtet eine Spaltung der Schalker Fanszene, sollte die Entscheidung des Ehrenrates das letzte Wort in dieser Angelegenheit sein. Er berichtet von ersten Austritten aus Fanklubs unmittelbar nach der Entscheidung des Ehrenrates und geht davon aus, dass es zum ersten Heimspiel gegen den FC Bayern München Aktionen gegen den Fleischfabrikanten aus dem Schalker Fanlager geben wird. Noch ist allerdings gar nicht klar, ob Tönnies angesichts des massiven Gegenwinds um seine Person dieses Spiel besuchen wird.


Buchta übernimmt die Geschäfte


Was das operative Geschäft betrifft, gibt es keine Einschränkungen. Dr. Jens Buchta wird als Stellvertreter von Tönnies die Geschäfte im Aufsichtsrat führen. Der Aufsichtsrat ist auch ohne Tönnies beschlussfähig. Mindestens sechs stimmberechtigte Mitglieder sind dafür nötig – ohne Tönnies sind es aktuell zehn Mitglieder.


Tönnies wird jedoch auch weiterhin im medialen Fokus stehen, weil die DFB-Ethikkommission am 15. August seinen Fall behandelt. Und theoretisch wäre es sogar denkbar, dass die Schalke-Mitglieder eine außerordentliche Versammlung erzwingen, wenn es gelingen sollte, dass zehn Prozent der stimmberechtigten Mitglieder diese schriftlich zum gleichen Thema beantragen.