Rüdiger Abramczik, Ingo Anderbrügge, Mike Büskens und Klaus Fischer blicken auf die Spielzeit 2018/19 zurück – und schauen mit großer Sorge auf die sportliche Entwicklung.

Gelsenkirchen

, 23.05.2019, 20:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Fast bis auf den letzten Platz gefüllt war der Saal von Schacht 2 der Zeche Hugo am Mittwochabend. In liebevoller Eigenarbeit haben ehemalige Bergleute der seit 1997 geschlossenen Zeche das alte Maschinenhaus zum Veranstaltungsraum umgebaut – inzwischen schon Tradition hat die Talkrunde nach dem Bundesliga-Saisonende mit dem Sportjournalisten Manfred „Manni“ Breuckmann.

Auch in diesem Jahr freute sich Organisator Klaus Herzmanatus wieder über die große Resonanz. Kein Wunder, denn vier Schalke-Legenden hatten Platz genommen. Und Rüdiger Abramczik, Ingo Anderbrügge, Mike Büskens und Klaus Fischer enttäuschten die Erwartungen nicht.

Rüdiger Abramczik kritisiert Domenico Tedesco

Tacheles statt Weichspül-Rhetorik stand auf der Tagesordnung. Dabei stand das Bemühen der Diskutanten im Vordergrund, nicht als „Besserwisser“ dazustehen, sondern Defizite ohne Häme zu benennen. Dabei klang in allen Stellungnahmen durch, dass sich beim FC Schalke 04 dringend viele Dinge ändern müssen, um sich sportlich zu stabilisieren.

Rüdiger Abramczik stellte gleich zu Beginn fest: „Das war eine Scheiß-Saison“. Für Platz 14 nach 34 Spieltagen machte der Schalker „Flankengott“ wesentlich Domenico Tedesco verantwortlich. „Er hat zu viel rumgeeiert. Du brauchst gerade zu Saisonbeginn ein Gerüst. Die Mannschaft muss sich einspielen, damit die Automatismen sich entwickeln. Aber Tedesco hat von Anfang an zu viel gewechselt. So kann man mit einer Mannschaft nicht umgehen“, kritisierte der 63-Jährige.

Klaus Fischer: „Das hatte nichts mit Fußball zu tun“

Für Klaus Fischer spielte Schalke „die schlechteste Saison seit 30 Jahren. Das hatte nichts mit Fußball zu tun“, so Schalkes Rekord-Torjäger. Für die negative Entwicklung bei seinem Herzensklub könne es laut Fischer nur drei Gründe geben. „Entweder war die Mannschaft nicht fit. Oder sie hatte zu wenig Qualität. Oder es stimmte zwischen den Spielern nicht“.

Mike Büskens, der als Co-Trainer bei Huub Stevens die intimsten Kenntnisse über das Innenleben des Schalker Kaders hatte, vermisste bei einigen Spielern offenbar das totale Engagement und die Identifikation mit dem Klub. „Es gibt Fakten, die kann man nicht wegdiskutieren. Unsere Mannschaft hatte die schlechteste Laufleistung aller Bundesliga-Teams am Saisonende. Da muss sich jeder Spieler hinterfragen, ob er wirklich alles gegeben hat“.

Führte durch den Abend: Reporter-Legende Manni Breuckmann.

Führte durch den Abend: Reporter-Legende Manni Breuckmann. © Wolfgang Helm

Ingo Anderbrügge warf Tedesco vor, seine Arbeit auf zu viel Theorie aufzubauen. „Ich muss zugeben, manchmal habe ich nicht verstanden, was Tedesco gemeint hat. Huub Stevens hätte bei manchen Aktionen einfach gesagt: Das und das und das ist nicht gut“, warb der „Eurofighter“ für Klartext in der Ansprache gegenüber dem kickenenden Personal.

Aber auch Christian Heidel bekam sein Fett weg. Der frühere Schalke-Manager habe viel zu lange zugeschaut, anstatt Tedesco zu helfen und auch mal in der Kabine ein Machtwort zu sprechen, so Anderbrügge.

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Völlig unverständlich ist für Klaus Fischer die Entscheidung gewesen, Naldo in der Winterpause ziehen zu lassen. „War er nicht mehr gut genug für Schalke? Eine Saison zuvor war er einer der besten Feldspieler in der Bundesliga. Und wenige Monate später darf er Schalke verlassen“. Rätselhaft ist für den 63-Jährigen, warum Spieler wie Salif Sané oder Mark Uth, die in Hannover bzw. Hoffenheim zu den absoluten Leistungsträgern gehörten, auf Schalke bisher so sehr hinter den Erwartungen zurückblieben.

Rüdiger Abramczik fügte fast schon etwas resignierend hinzu: „Schalke fängt jedes Jahr wieder bei Null an. Das darf doch nicht wahr sein.“

Büskens: „Müssen demütig in die neue Saison gehen“

Während Mike Büskens bei der Beurteilung der Arbeit von Tedesco um Verständnis warb, schimpfte der 51-Jährige über Versäumnisse in der Transferpolitik. „Es kann doch nicht sein, dass wir Top-Talente wie Sead Kolasinac, Max Meyer oder Joel Matip ziehen lassen müssen, ohne dafür einen Euro zu bekommen. Dortmund erhält für Pulisic 64 Millionen Euro“, erklärte „Buyo“ und sprach damit eine schmerzhafte Wahrheit aus.

Angesichts der vielen Fehlentwicklungen warnte Büskens vor übertriebenen Erwartungen. „Vielleicht müssen wir uns auf ein Übergangsjahr einstellen. Wir sollten demütig in die nächste Saison gehen“.

Fazit nach mehr als zwei Stunden intensiver Diskussion: Die Ratschläge und Kritikpunkte der Schalke-Legenden sollten ernst genommen werden.