Der Rat der Gemeinde Raesfeld hat sich am Montag (18. März) in einer Sondersitzung für den Bürgerentscheid und gegen ein Bürgerbegehren entschieden. Das heißt, die Erler und Raesfelder werden am Tag der Europawahl (9. Juni) mitentscheiden und die Frage beantworten: „Sind Sie dafür, dass das bisherige Jugendhaus Erle in der Silvesterstraße 20 ab sofort und in Zukunft ausschließlich für Jugendaktivitäten und Integration genutzt wird, anstatt es als eine Flüchtlingsunterkunft zu nutzen?“
Im November entschied die Politik, das Jugendhaus Erle als Unterbringung für Flüchtlinge zu nutzen. Aktuell wird die Turnhalle gleich neben dem Jugendhaus Erle begrenzt auf zwei Jahre als Ausweichquartier für die Jugendarbeit genutzt. Erler hielten daraufhin eine Mahnwache und sammelten Unterschriften. In seiner jüngsten Sitzung erklärte der Rat, dass das Bürgerbegehren zulässig ist. Jörg Heselhaus von der allgemeinen Verwaltung bestätigte dies zuvor in allen Punkten.
„Keine rechtspopulistische Haltung“
Michael Opolony, einer der drei Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, erläuterte den Antrag des Bürgerbegehrens in der Sondersitzung. Das Jugendhaus „bot genau den Platz, um Freundschaften zu knüpfen und eine vollwertige Integration zu erfahren.“ Sei ein Zufluchtsort gewesen, wenn es für die Kinder zu Hause mal nicht so gut lief: „Unsere Kinder haben diesen Platz schon einmal ‚verloren‘“, meinte Opolony weiter und ging noch einmal auf die Schwierigkeiten für junge Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie ein.
Michael Opolony äußerte sich auch dazu, dass er und andere durch das Bürgerbegehren in die rechte Ecke gedrängt worden seien: „Leider, haben einige wenige Bürger das Verlangen danach verspürt, allen (844 Menschen) – die dieses Bürgerbegehren mit ihren Unterschriften unterstützten – eine rechtspolitische Haltung andichten zu wollen. Wir empfinden diese Art und Weise beschämend und zutiefst traurig.“
Opolony: „Dieses Bürgerbegehren richtet sich nicht gegen Menschen, die vor Unterdrückung, Krieg und dergleichen, flüchten.“ Das Bürgerbegehren richte sich lediglich gegen den Ratsentscheid. Dieser sei mehr als zweifelhaft und beruhe auf fehlerhaften Informationen.
Container „nur im äußersten Notfall“
Jörg Heselhaus widersprach dem vehement: Videos und Fotos hätten belegt, dass nur ein Drittel des Jugendhauses Erle nutzbar gewesen sei, das könne man nicht wegdiskutieren. Die Gemeinde benötige dringend und zeitnah Wohnraum für Flüchtlinge. Gerade vor dem Hintergrund der schulpflichtigen Kinder sei es wichtig, mehr Verteilung zu schaffen. Das ginge gar nicht schnell genug.
Bernhard Bölker (CDU) betonte, dass seine Fraktion an der Ratsentscheidung festhalte. Container seien ihm zufolge nur „im äußersten Notfall“ akzeptabel. Die Kosten dürften nicht aus den Augen verloren werden, denn es sei eine Summe, die die Gemeinde nicht so einfach schultern könne.
Elke Rybarczyk (SPD) erklärte: „Ich habe das Bürgerbegehren unterschrieben und stehe dazu.“ Sie hielt das ganze „Schauspiel“ für unwürdig: „Es geht um Menschen. Um Kinder auf der einen Seite und um Flüchtlinge auf der anderen Seite. Beide Gruppe werden gegeneinander ausgespielt. Das finde ich ungerecht.“
Auch sie sei aufgrund ihrer Unterschrift attackiert worden und halte die Argumentation des Rates für falsch, da es Grenzkontrollen gebe, der Zustrom etwas abgeflacht sei und es alternative Unterkünfte gebe. „Mich hat die Bürgerinitiative eher überzeugt, sachlicher an die Sache heranzugehen.“
Christoph Stephan (FDP) begrüßte das Bürgerbegehren, weil es Teil des demokratischen Verfahrens sei. Aber die Fakten sprechen ihm zufolge dagegen.
„Sie machen es sich ziemlich leicht“
Volker van Wasen (UWG) erklärte, dass nach Meinung der UWG nicht alle Optionen genannt worden seien. Dem widersprach Bürgermeister Martin Tesing (CDU): „Sie machen es sich ziemlich leicht“, sagte er und nannte mehrere Alternativen, die in verschiedenen Sitzungen diskutiert worden seien. So gab es eine gewisse Schärfe mit heftigen Diskussionen. Immer wieder ermahnten sich die Politiker, die Sachlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren.
Henry Tünte von den Grünen erklärte, dass das Jugendhaus Erle die „am wenigsten schlechte“ Lösung gewesen sei und der gefasste Beschluss weiterhin unterstützt werde. 19 Ratsmitglieder von CDU, Grünen und der FDP waren gegen das Bürgerbegehren. Bei einer Enthaltung der CDU, zwei Enthaltungen und drei Nein-Stimmen der UWG und zwei Nein-Stimmen der SPD wurde das Bürgerbegehren abgelehnt. Der Bürgerentscheid folgt nun zur Europawahl.