
© Anke Klapsing-Reich (A)
Apps und Gunter Demnigs Steine erinnern an jüdisches Leben in Raesfeld
Holocaust
Der Holocaust-Gedenktag am 27. Januar rückt die Opfer in den Mittelpunkt. Zwei Apps ermöglichen nun die Spurensuche zum jüdischen Leben in Raesfeld, das abrupt endete.
Einen Spaziergang zu den Orten, an denen jüdisches Leben in Raesfeld stattfand, hat Richard Beering vom Heimatverein Raesfeld für die App „BIPARCOURS“ erstellt. Grundlage war ein Buch von Adalbert Friedrich, das der langjährige Vorsitzende 1971 über die jüdische Gemeinde in Raesfeld veröffentlichte.
Die vielen Informationen und Fotos, die der Heimatverein zur Erinnerung an die jüdischen Familien in Raesfeld zusammengetragen hat, wurden von Beering in der Spaziergangs-Route zusammengefasst. Man findet so auch die Stolpersteine, das Denkmal an der Kirche und die Mikwe (Tauchbad) am Platz der früheren Synagoge.
Parcours für Schüler, Eltern und Großeltern
„Der Parcours wurde für Schülerinnen und Schüler erstellt, ist aber auch für deren Eltern und Großeltern geeignet“, so Ruth Beering vom Heimatverein. Die Informationen gibt es nicht nur in der App, sondern auch auf der Homepage des Heimatvereins unter heimatverein-raesfeld.de .

Erich Rosenbaum, in der zweiten Reihe von oben rechts, war Mitglied im DJK Raesfeld. 1942 wurde er erst ins KZ Auschwitz, anschließend ins KZ Buchenwald deportiert. Dort starb er 1945. © privat
Ausgangspunkt des Spaziergangs ist das Museum in der Schlossfreiheit. Von dort geht es an den Plätzen vorbei, wo die Familien Nathan, Emanuel, Abraham und Max Rosenbaum, die Familien Nathan, Moses und Herz Elkan sowie die Familien Moses und Levi Schwarz ihre Wohnhäuser hatten.
Der Weg führt auch zur Pfarrkirche St. Martin, wo auf Initiative des Heimatvereins im Juli 1987 an der Borkener Straße ein Gedenkstein errichtet wurde. Nahe der Stelle, wo von 1863 bis 1938 die Synagoge stand. 36 jüdische Mitbürger sind dort verzeichnet, die von 1942 bis 1945 in Konzentrationslagern getötet wurden.
Die letzte Station auf dem Spaziergang ist der jüdische Friedhof. Die Heidefläche befindet sich im Brook, am Pölleken. 1940 wurden von Nationalsozialisten zahlreiche Grabsteine zerstört, elf Steine blieben erhalten.
„Stolpersteine NRW“ führt 19 Steine in Raesfeld
Auch der WDR hat vor wenigen Tagen eine App veröffentlicht: „Stolpersteine NRW“ heißt diese und führt die rund 15.000 Stolpersteine auf, die vom Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt wurden. Jeder einzelne erinnert an das Schicksal eines jüdischen Menschen.
Ab 2009 verlegte Demnig auch in Raesfeld vor fünf Häusern insgesamt 19 Stolpersteine. Der Heimatverein Raesfeld übermittelte dem WDR die Infos über die Schicksale der dahinter stehenden jüdischen Menschen: Etwa Abraham Rosenbaum, der im Ersten Weltkrieg bei Verdun verwundet wurde und das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse erhielt.
Fest verwurzelt war Rosenbaum in der Gemeinde. Doch die Nationalsozialisten schlossen 1936 das Schlachthaus des Metzgers. Rosenbaum wurde nach 40 Jahren Mitgliedschaft aus dem Kriegerverein ausgeschlossen. Ein Landwirt, der ihm ein paar Pfund Kartoffeln schenkte, musste für drei Wochen in Schutzhaft. Abraham Rosenbaum wurde 1942 mit seiner Familie ins Ghetto Riga deportiert. Dort wurden er, seine Frau Dina und seine Tochter Johanna ermordet.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
