Solidarische Landwirtschaft in Olfen Dicke Hagellöcher in der Zucchini? Kein Problem

Dicke Hagellöcher in der Zucchini? Kein Problem für die Solawi-Mitglieder
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Jeden Freitagnachmittag um 15 Uhr beginnt in der Scheune auf Hof Mehring in Olfen das große Wiegen. Dann können die Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) Olfen ihren wöchentlichen Ernteanteil abholen. Jan Fredriksson legt mit bloßer Hand Petersilie auf der Waage. „Es wird jedes Mal besser“, sagt er. „Aber bei Petersilie ist es gar nicht so leicht, das Gewicht abzuschätzen.“

Viel Gemüse im Sommer

Auf einer großen Tafel ist genau aufgelistet, was jeder einzelne Ernteteiler – so werden die Mitglieder der Solawi genannt – mitnehmen darf. Jetzt im Sommer kann das ganz schön viel werden. Zu den 130 Gramm Petersilie, 1,1 Kilo Mangold, einem Spitzkohl und einem Bund Frühlingszwiebeln kommen noch 13 andere Gemüsesorten hinzu. Die großen Kisten der Abholer sind prall gefüllt. Jeden Freitagnachmittag und jeden Samstagvormittag können die Beteiligten der Solawi abholen, was die vier Gärtner noch am selben Tag geerntet haben. Verpackungsmüll gibt es hier nicht.

Mutter und Tochter mit einem Salatkopf
Diana Martinez-Fredriksson hofft, dass ihre Tochter Estella durch die Solawi schon früh einen Zugang zur regionalen Lebensmitteln und zur Natur bekommt. © Luca Füllgraf

„Also Gemüse muss ich nicht mehr einkaufen“, sagt Rita Allhorn, Ernteteilerin aus Olfen. Sie hält eine große Zucchini mit daumengroßen Löchern in der Hand. „Das sind Hagelschäden, aber die schneide ich einfach weg“, sagt sie. Durch die wöchentliche Abholung habe sich auch ihre Art zu kochen komplett umgedreht. Früher hatte sie erst ein Rezept und kaufte dann dementsprechend ein. Nun bekomme sie je nach Ernte das Gemüse und müsste dann beim Rezept kreativ werden. Helfen werde aber in der Solawi groß geschrieben: Rezepte werden genauso getauscht wie unliebsames Gemüse.

„Wir wollen solidarisch auf allen Ebenen sein“, sagt die zweite Vorsitzende der Solawi, Heike Mehring. Die vier angestellten Gärtner werden immer wieder von den Mitgliedern der Solawi unterstützt. Im Idealfall soll kein Gemüse weggeschmissen werden. Bleiben doch Mal Reste über, geht überschüssiges Gemüse an die Tafel und Ernteteilern wird geraten, es im privaten Umfeld zu verschenken.

Solidarisch auf allen Ebenen

Rund 400 Solawis gibt es in Deutschland. „Bis sowas im Münsterland ankommt, dauert es aber immer etwas“, sagt Heike Mehring. Seit März werden auf einem Hektar – das Land hat die Solawi vom Biohof Mehring gepachtet – rund 50 verschiedene Gemüsesorte angebaut und nun auch geerntet.

Die Ernte der Solawi wird in 93 Anteile geteilt. 10 davon gehören dem Biohof Mehring, die anderen 83 sind verteilt. 120 Mitglieder hat die Olfener Solawi insgesamt.

Alle Ernteteiler verpflichten sich für ein Jahr dazu, die Ernte zu teilen und dafür zu bezahlen. So wird auch das Risiko für die Ernte geteilt und liegt nicht ausschließlich auf den Gärtnern. „Im ersten Jahr geht es darum, die Solawi ans Laufen zu bekommen“, sagt Heike Mehring. Das scheint gut zu funktionieren.

Dazu haben sich die Olfener bei den Solawis in Bönen und Selm Bork eine Menge abgeschaut und immer wieder auf Geräte getestet. Schnell war beispielsweise klar, wie wichtig eine gute Bewässerungsanlage ist. Außerdem sind die 120 Beete so schmal angelegt, dass sie von Hand nach alten Methoden bepflanzt und geerntet werden können.

Gastabholerin nimmt Paprika aus der Kiste
Lynette Johnen sprang nur als Gastabholerin ein und freut sich trotzdem über die Ernte der Solawi in Olfen. © Luca Füllgraf

Alle helfen mit

Viele Abholer kommen am Freitag trotz des schlechten Wetters mit dem Fahrrad, die meisten von ihnen direkt aus Olfen. „Das war uns wichtig“, sagt Heike Mehring, zweite Vorsitzende. „Wir wollen möglichst klimaneutral sein.“

Jan Fredriksson, seine Frau Diana Martinez-Fredriksson und die Tochter Estella sind eine der wenigen Ausnahmen. Die Familie kommen jede Woche aus Senden zum Hof Mehring nach Olfen, um das Gemüse abzuholen. „Alles ist frisch“, sagt Diana Martinez -Fredriksson: „Egal ob Gurken, Möhren, Tomaten oder Schnittlauch, hier schmeckt alles besser als aus dem Supermarkt.“

Den Fredrikssons sei es besonders wichtig, dass ihre Tochter früh mit der Natur in Verbindung kommt. „Sie soll lernen, dass das Gemüse nicht in den Regalen im Supermarkt wächst.“ Immer wieder fühlt sich auch Ernteteilerin Rita Allhorn an ihre Kindheit erinnert. „Rote Beete hatte ich zum letzten Mal vor 50 Jahren in der Hand“, sagt die Rentnerin.

Sie hebt besonders die Arbeitsteilung der Solawi hervor: „Ich kann, aber ich muss nicht immer.“ Das sei im eigenen Garten anders. Die Mitglieder der Solawi können sich je nach Lust und persönlichen Stärken beteiligen.

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