Pastorale Räume im Bistum Münster Pfarrer Wolters: „Der Weg ist jetzt frei für Pastorinnen“

Pfarrer Wolters: „Pastorale Räume machen den Weg frei für Pastorinnen“
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Ein Straßenfeger war die Gemeindeversammlung am Mittwochabend (3. 5.) nicht. Gerade einmal 13 Menschen, zumeist Frauen, waren an dem sonnigen Abend in der Kirche St. Mauritius zusammengekommen. Wer es vorzog, draußen das Frühlingswetter zu genießen, hat aber etwas verpasst.

Denn was Pfarrer Gregor Wolters mitteilte, hat für Mitglieder der hierarchisch geprägten und von Männern dominierten katholischen Kirche unerhörten Neuigkeitswert. Die Macht werde künftig auf mehrere Schultern verteilt, sagte Wolters. Leitungsaufgaben könnten bald auch Nicht-Theologen ausüben: nicht nur Hauptamtliche, sondern auch Ehrenamtliche. Und: „Bald wird es auch hier Pastorinnen geben.“

Gregor Wolters hat an diesem Abend in Nordkirchen nicht etwa die Kirchenrevolution ausgerufen, sondern über die neuen Pastoralen Räume im Bistum Münster gesprochen, die ab 2024 in Kraft treten werden: eine Reaktion auf den anhaltend hohen Mitgliederschwund, den damit einher gehenden Einnahmeverlust und den großen Priester- und Personalmangel. Ein „Weiter so“ sei so nicht möglich, sagte Pfarrer Wolters. Die Gemeinden werden sich von Immobilien trennen müssen. Und vor allem auch von Angeboten.

Bezahlung für leitende Laien

„Schon jetzt gibt es die alte Versorgungskirche nicht mehr“, sagte der Pfarrer. Vorbei die Zeiten, als Hauptamtliche wie er in allen Pfarrgemeinden eine Rundum-Versorgung anbieten konnten. Der Anfang sei bereits in Nordkirchen gemacht: „Menschen in unserer Gemeinde gestalten eigenverantwortlich das Gemeindeleben mit“, sagte Wolters und verwies auf das Engagement etwa in Gebetskreisen oder in der Frauengemeinschaft: Beispiele für die Beteiligungskirche der Zukunft, wie sie in den neuen Pastoralen Räumen der Regelfall sein wird: „Ein Schritt, der überfällig ist“, so Wolters. „Der Auslöser ist zwar alles andere als schön, aber es ist auch eine Chance.“ Vor allem auch wegen der Frauen.

Allerdings bremste Gregor Wolters die Erwartungen. Frauen im Priesteramt wird es immer noch nicht geben, Diakoninnen auch nicht. „Die Öffnung der Weiheämter kann die deutsche Kirche nicht alleine machen“, sagte Wolters. „Pastorinnen wird es aber geben“: wörtlich übersetzt Hirtinnen. Jede Pfarrei - und im Fall von Nordkirchen auch jeder der drei Ortsteile - werde einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin vor Ort haben: „Laien, die die Fäden zusammenhalten und den Kontakt zum Leitungsteam halten.“ Das werde ebenfalls künftig aus Frauen und Männern, Haupt- und Ehrenamtlichen bestehen. Die Kriterien für die Zusammensetzung würden derzeit noch erarbeitet. Die Bezahlung ebenfalls. Denn so viel steht für Wolters fest: So sehr Ehrenamtlichkeit nötig sei für eine lebendige Kirche der Zukunft, „wer mehr Aufgaben und Verantwortung übernimmt, muss auch entsprechend entlohnt werden“. Und müsse auch Qualifizierungsangebote erhalten.

Mit Selm zusammen

St. Mauritius Nordkirchen und die übrigen 206 Gemeinden im Bistum Münster werden zwar eigenständig bleiben, sich aber zu größeren Einheiten - den sogenannten Pastoralen Räumen - zusammenschließen. Knapp 50 solcher Einheiten wird es ab 2024 geben. Nordkirchen, Südkirchen und Capelle werden einen Raum bilden mit Senden, Lüdinghausen, Olfen und auch mit Selm. Die Entscheidung der Kirchengemeinde St. Ludgerus Selm, entgegen des ursprünglichen Vorschlags der Bistumsleitung nicht mit Werne, Lünen und Cappenberg zusammenzugehen, sondern lieber mit den münsterländischen Nachbarn, war insbesondere in Cappenberg und auch in Selm auf laute Kritik gestoßen. Bei der Nordkirchener Gemeindeversammlung nahm aber niemand daran Anstoß.

Felix Genn entscheidet im Mai

Ende April hatte der Diözesanrat, das oberste Mitbestimmungsgremium im Bistum, über den Zuschnitt der Pastoralen Räume abgestimmt. Bischof Felix Genn wird im Mai - wann genau, ist noch offen - über diese Empfehlung entscheiden. Überraschungen seien aber nicht zu erwarten, so Wolters. Dass sich der Bischof dem Votum des gewählten Gremiums anschließen wird, gelte als sicher.

Die katholische Kirchengemeinde in Nordkirchen hat drei Kirchorte: in Nordkirchen, Capelle und Südkirchen (Foto). Dort finden Sanierungsarbeiten statt, „um dauerhaft eine sichere Versorgung zu gewährleisten“, sagte Pfarrer Gregor Wolters.
Die katholische Kirchengemeinde in Nordkirchen hat drei Kirchorte: in Nordkirchen, Capelle und Südkirchen (Foto). Dort finden Sanierungsarbeiten statt, „um dauerhaft eine sichere Versorgung zu gewährleisten“, sagte Pfarrer Gregor Wolters. © www.blossey.eu

„Und wann werden die Veränderungen spürbar“, wollte eine Frau in Nordkirchen wissen. Man dürfe sich das nicht wie einen glatten Schnitt zum Jahreswechsel vorstellen, sagte Wolters. So lange er etwa noch im Amt sei - das ist grundsätzlich bis zur Altersgrenze von 75 Jahren möglich, manche Priester lassen sich aber auch frühzeitig emeritieren - werde sich bei der Seelsorge vor Ort wohl nicht viel ändern, meinte der 64-Jährige.

Acht Hauptamtliche pro Raum

Bis es so weit sei, dass nur noch acht Personen pro Pastoralem Raum tätig seien - so das Ziel -, werden noch einige Jahre vergehen. Aber wichtige Fragen auf dem Weg dorthin seien zu klären: etwa, ob die bestehenden Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - ob in der Kirchenmusik oder in den Kitas - auf eine andere Ebene gehoben werden. Oder wie die Ressourcen künftig verteilt werden.

Dass es jetzt schon an der Zeit sei, sich mit den neuen Partnern im Pastoralen Raum enger zusammenzuschließen, empfahl Hildegard Rolf, die Verwaltungsreferentin der katholischen Gemeinde Nordkirchen. „Vielleicht können wir ja eine Fahrradprozession zu den Kirchorten machen.“

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