Seit zehn Jahren wohnt Janine Schultz mit ihrer Familie an der Lüdinghauser Straße zwischen Olfen und Lüdinghausen. Auf dieser vielbefahrenen Bundesstraße 235 gibt es sehr viele Beinahe-Unfälle, sagt die 35-Jährige. Manchmal kracht es aber auch richtig. So, wie am Samstag, 11. März, als zwei Frauen bei einem Zusammenstoß ihrer Autos an der Einmündung zum Schliekerpark schwer verletzt wurden.
Dieser Unfall sei für sie der Auslöser gewesen, tätig zu werden, um etwas für die Verbesserung der Verkehrssicherheit zu tun. Sie hat auf der Internet-Plattform www.change.org eine Petition gestartet mit dem Ziel, dass statt der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von100 km/h nur noch maximal Tempo 70 gefahren werden darf. 215 Menschen haben (Stand: 24. März) diese Petition unterschrieben.
Der sogenannte Straßenbaulastträger, der Landesbetrieb Straßenbau NRW (Straßen.NRW), hat bereits erklärt, dass dieser Bereich kein Unfallhäufungspunkt ist, als der er deklariert werden müsste, um weitere Maßnahmen zu ergreifen. Da trifft quasi Bauchgefühl auf Paragrafen. Signale von Straßen.NRW lassen Janine Schultz aber hoffen, dass es eine Neubewertung geben könnte.
Erneuter Behördenaustausch
Wie ist es eigentlich zu Tempo 100 in dem Bereich gekommen? Wären außer einer Temporeduzierung weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit denkbar? Wir haben Straßen.NRW kontaktiert. Unsere Fragen hat Pressesprecherin Nina Wischeloh beantwortet.
Die Initiatorin der Petition versichert, dass es unzählige Beinahe-Unfälle gegeben hat. Könnte dies dazu führen, den Bereich – etwa durch die Unfallkommission - neu zu bewerten und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verkehrssicherheit einzuleiten?
„Beinaheunfälle sind in keiner Statistik erfasst, aber kritische Bereiche sind im Regelfall bekannt und auch Bürgereingaben werden in Situationsbewertungen mit einbezogen“, erklärt die Pressesprecherin. Es werde zu dieser Stelle „einen erneuten Behördenaustausch geben, bei dem die vorliegende Faktenlage bewertet wird“.
Wie ist es dazu gekommen, dass dieser Bereich mit Tempo 100 ausgestattet wurde?
Für Bundesstraßen sei im Außenbereich Tempo 100 die vorgegebene Geschwindigkeit, sagt Nina Wischeloh.

Wenn man die B235 entlang fährt, sieht man einige Bereiche, die ähnlich sind wie der an der Einmündung zum Schliekerpark, in denen nur Tempo 70 erlaubt ist. Wie kommt es zu der unterschiedlichen Bewertung der Bereiche?
„Eine Tempo-70-Zone liegt im Bereich der Gärtnerei (Richtung Lüdinghausen, Anm.d.Red.) vor“, berichtet die Straßen.NRW-Sprecherin. „Hier bremsen die Fahrzeuge stark ab, um auf den Parkplatz einzubiegen. Daher ist in diesem Einmündungsbereich Tempo 70 angeordnet worden, diese Geschwindigkeitsbegrenzung wird aber im Anschluss wieder aufgehoben, weil der Grund der Anordnung entfällt. Für die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung ist immer die Feststellung einer besonderen Gefahrenlage nach Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung erforderlich. Eine Vergleichbarkeit aufgrund rein optischer Ähnlichkeit von Einmündungen reicht für die Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht aus.“
Im Bereich Schliekerpark ist vor einigen Jahren eine durchgezogene Linie aufmarkiert worden. Gleichwohl überholen viele Autos an dieser Stelle, sagt die Initiatorin der Petition. Wäre es denkbar, ein Überholverbotsschild aus beiden Richtungen vor dem Bereich aufzustellen, um nochmal deutlicher zu machen, dass dort nicht überholt werden darf?
„Die Anordnung von Doppelverboten ist meist nicht sinnvoll“, heißt es von Straßen.NRW. „Prinzipiell ist die durchgezogene Linie die prägnantere Verdeutlichung des Überholverbotes, da dieses Verkehrszeichen während des gesamten Bereiches des Überholverbotes vorhanden ist und nicht nur punktuell wie ein Verkehrzeichen ,Überholverbot‘. Eine solche Entscheidung wäre im Rahmen eines Behördenaustausches zu treffen. Anordnungsbehörde für Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Überholverbote ist die zuständige Straßenverkehrsbehörde – in diesem Fall der Kreis Coesfeld.
Kurz hinter der Einmündung zum Schliekerpark liegt südlich eine Bushaltestelle an der B235, an der der Bus auf der Fahrbahn hält. Wäre eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit in dem Bereich nicht allein schon aus diesem Grund angebracht?
Die Stellungnahme durch Straßen.NRW liest sich so: „Die Bushaltestelle liegt nur in Fahrtrichtung Olfen und ist bereits aus 300 Metern Entfernung erkennbar. Verkehrsteilnehmende haben also genügend Zeit, hinter einem haltenden Bus anzuhalten. Sollte man sich hinter dem Bus befinden, würde der mit Anhalteabsicht bremsende Bus automatisch die dahinter befindlichen Fahrzeuge abbremsen.“
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