Der Olfener Landgasthof Zum Forsthaus bietet moderne Küche hinter betagten Mauern

© Sylvia vom Hofe

Der Olfener Landgasthof Zum Forsthaus bietet moderne Küche hinter betagten Mauern

rnRestaurant-Check

Mehr als 100 Jahre alt ist das Forsthaus, das wir zum aktuellen Restaurant-Check ansteuern. Eine Internet-Präsenz hat es noch nicht. Beim Essen ist es aber in der Gegenwart angekommen.

Olfen

, 15.12.2018, 11:45 Uhr / Lesedauer: 4 min

Diesmal ist es eine Fahrt ins Blaue. Direkt hinter dem Kanal, an der Selmer Straße 111, liegt der Landgasthof. Online-Speisekarte? Fehlanzeige. Stattdessen erfahre ich unter www.Speisekarte.de, dass ich die Erste sein könnte, die benachrichtigt wird, sobald das Forsthaus online geht. So lange will ich nicht warten und entscheide mich für den analogen Weg, den die Forsthaus-Gäste auch schon 100 Jahre vor mir gegangen sind: hinfahren und direkt ausprobieren.

Was uns in dem Ausflugslokal erwarten wird, ist noch völlig offen, als wir das Auto direkt vor der Tür abstellen: Balkanküche oder Pizzeria? Ein erster Blick auf die Karte draußen gibt die Antwort: gutbürgerlich. Im wahrsten Sinne des Wortes, wie sich später herausstellen wird: gut und bürgerlich.

Kurzes Rätselraten über die Tagessuppe

Vorspeisen, Suppen, für den kleinen Appetit, Schnitzel, Steaks, Fisch und Geflügel. Alles da - bis auf Wild, was für ein Forsthaus etwas verwunderlich ist. Aber die Zeiten, als hier die Jäger das sagen hatte, liegen ja auch schon Jahrzehnte zurück. Familie Gentsch betreibt das Restaurant erst seit Februar 2016.

Der Gruß der Küche ist ein echtes Willkommen mit pikantem Quark, Schmalz und ungewöhnlich leckerer Kräuterbutter

Der Gruß der Küche ist ein echtes Willkommen mit pikantem Quark, Schmalz und ungewöhnlich leckerer Kräuterbutter © Sylvia vom Hofe

Mein Begleiter bestellt zum Auftakt die Zwiebelsuppe, und ich erkundige mich nach der Tagessuppe. Tagessuppe? Der Gesichtsausdruck der freundlichen, jungen Bedienung verrät: Diese Frage hat ihr noch keiner gestellt. Aber sie beschließt sofort sich zu erkundigen. Einen Augenblick später erfahren wir: Es gibt Rinderkraftbrühe. Gerne!

Als Hors d´oeuvre bekommen wir zunächst Ofenbaguette mit drei verschiedenen Dips serviert: darunter eine sehr überzeugende Kräuterbutter. Gleich im Anschluss werden die Suppen gebracht. „Kompliment“, sagt mein Gegenüber schon nach dem ersten Löffel. Zerflossener Käse, Weißbrot und süße Zwiebeln entfalten erfolgreich ihr Aroma. Meine Rinderbrühe mit Markklößchen verrät schon auf den ersten Blick: frisch gekocht - und nicht nur fürs Auge ein Genuss. Suppentest bestanden.

Einfach lecker: die Rindfleischsuppe.

Einfach lecker: die Rindfleischsuppe. © Sylvia vom Hofe

Ein toller Hecht, auch wenn es ein Barsch ist

Als Hauptgericht haben wir Zanderfilet auf Tomaten-Lauch-Gemüse und Rumpsteak „Parisienne“ mit Pfeffersoße bestellt. Das Steak medium, versteht sich. Dazu gibt es jeweils einen Salat. Auch diese Speisen sind wohldekoriert. Aber um ehrlich zu sein: Wichtiger als das Aussehen ist uns der Geschmack. „Donnerwetter“, höre ich meinen Mann sagen, nachdem er das erste Stück Fleisch zum Mund geführt hat. „Das ist ein Steak.“ Außen knusprig, innen zart-rosa und saftig. So muss es sein. Und die Pfeffersoße? Von wegen Fertigprodukt: „Ein Gedicht“, sagt der Mann, der selber ein ausgewiesener Hobbykoch, Fleischliebhaber und Soßen-Meister ist.

Das Steak auf den Punkt, die Soße ein Gedicht.

Das Steak auf den Punkt, die Soße ein Gedicht. © Sylvia vom Hofe

Und mein Zander? Der König der Barsche, der eigentlich eher dem Hecht gleicht, steht dem Steak meines Gegenübers in nichts nach. Kross mit der Haut angebraten, aber nicht zu dunkel, festes Fleisch, feines Aroma und alles nahezu grätenfrei. Zu dem köstlichen, fettarmen Raubfisch hätte ich gar keine Sauce Bernaise gebraucht. Farblich harmoniert das Gelb der Soße allerdings gut mit dem hellen Fisch und dem Rot-Grün des gedünsteten Tomaten-Lauch-Gemüses.

Zander zu Füßen des Kanals.

Zander zu Füßen des Kanals. © Sylvia vom Hofe

„Und? Gibt es irgendetwas zu bemängeln?“ frage ich nach dem Hauptgang. „Doch“, sagt mein Gegenüber. „Ein oder zwei Röstis hätte ich noch gut verputzen können. Man soll von dieser hervorragenden Soße ja auch nichts übrig lassen.“

Birne Helene in einem Pinnchen

Als Dessert bestelle ich Birne Helene. Als die Bedienung kurz danach ein Gläschen Birnengeist vor mir abstellt, halte ich das für einen gewitzten Auftakt zum Klassiker der Haute cuisine. Doch nichts folgt. Irgendwann dämmert mir: Da muss ein Missverständnis vorliegen. Liegt es auch, wie sich im Gespräch herausstellt. Leider sind die echten Birnen im Gegensatz zu den geistigen aus. Stattdessen bietet mir die Bedienung etwas mit Pfirsichen an. Warum nicht? Als der zu groß geratene Nachtisch mit den winzigen Dosen-Pfirsich-Fächern vor mir steht, ist schnell klar: Die französischen Köche haben recht gehandelt, als sie die Birne für dieses Dessert auswählten.

Birne Helene mit Pfirsich - nicht so eine gute Idee.

Birne Helene mit Pfirsich - nicht so eine gute Idee. © Sylvia vom Hofe

Service

Personal und Inhaber sind freundlich und offen für den Gast. Eine der wenigen Restaurants, die auch noch Thekenkultur pflegen. Dass der leere Brotkorb und die Vorspeisenteller nicht abgeräumt wurden, hat mich nicht gestört.

Preis-Leistungsverhältnis

Ein 200-Gramm-Steak für 21,50 Euro. Das ist ein Preis im unteren normalen Bereich. Das Zanderfilet für 16,90 Euro ebenfalls. Zwiebelsuppe für 4,50 Euro ist durchaus üblich, die Tagessuppe für 3,50 Euro dafür wieder eher günstig. Auch die Getränkepreise liegen mit 2,10 Euro für 0,3 l alkoholfreies Bier und nur 3,60 Euro für 02 l Weißwein im unteren Preissegment.

Kinderfreundlichkeit

Saskia Gentsch (30), die Chefin des Familienunternehmens Forsthaus, ist selbst junge Mutter. Die elf Monate alte Elisa wächst in dem Traditionslokal auf. Gerichte für Kinder zusammenzustellen, ist für Familie Gentsch - Saskias Vater, Marwan Gentsch, kocht und Mutter Birgit Gentsch ist im Service - daher eine Selbstverständlichkeit.

Barrierefreiheit

Das Restaurant ist nicht barrierefrei. Zwei Stufen führen ins Restaurant hoch und auch zur Sonnenterrasse. Wenn die genommen sind, geht es aber ebenerdig weiter.

Fazit

Das war ein wirklich kulinarisch gelungener Abend, und das völlig unverhofft. Der Koch versteht sein Handwerk. Einzig beim Dessert lassen sich Abstriche machen, da der Eisbecher zu Sirup-haltig war. Die Pfirsiche waren improvisiert. Jetzt ist bewiesen: Birnen sind besser.

Was sagt das Internet

Wer „Zum Forsthaus“ in Olfen googelt, wird zuerst mit schlechter Bewertung in schlechter Rechtschreibung „unverschämt und unprofessionäl“ konfrontiert. Zwei schlechte Bewertungen finden sich auf dem Portal Tripadviser.de. Bei Google werden die beiden schlechten Bewertungen aber durch 90 meistens positive Bewertungen in den Schatten gestellt. 4,4 von 5 möglichen Sternen erhält der Gasthof hier.

Am Olfener Ortseingang liegt das Forsthaus.

Am Olfener Ortseingang liegt das Forsthaus. © Sylvia vom Hofe

Infos zum Restaurant

Adresse: Selmer Straße 111, Olfen, direkt am Radweg zwischen Selm und Olfen. Anfangs, als sie im Februar 2016 das Restaurant übernommen haben, seien mehr Selmer als Olfener gekommen, sagt Birgit Gentsch. Inzwischen sei das Verhältnis ausgeglichen. Unter den Gästen seien auch viele Kegelclubs. Telefonkontakt unter (02595)211.

Öffnungszeiten: freitags, 17 bis 24 Uhr, samstags, 12 bis 24 Uhr, sonntags, 10 bis 24 Uhr, montags, mittwochs und donnerstags 17 bis 24 Uhr, dienstags Ruhetag.