Wie steht es um die Wirtschaft im Kreis Coesfeld? So ist die Lage in Ascheberg, Olfen und Nordkirchen

Wie steht es um die Wirtschaft im Kreis Coesfeld?
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Wer einen Blick in den kürzlich von der Wirtschaftsförderung veröffentlichten Bericht zur konjunkturellen Lage wirft, könnte meinen, der Kreis Coesfeld sei eine Art Schlaraffenland. „Mit 76.268 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wurde 2023 ein neues Allzeithoch erreicht, das deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. Die Arbeitslosenquote ist mit 4,1 Prozent (Stand Dezember 2024) die niedrigste in NRW“, heißt es in dem Dokument unter anderem.

Ganz so rosig, wie es im ersten Moment den Anschein hat, ist die Lage dann aber doch nicht: Zwar blicken die Unternehmen im Kreis Coesfeld laut Bericht „verhalten optimistisch“ auf das Jahr 2025, doch machen der branchenübergreifende Fachkräftemangel sowie hohe Energiekosten und Materialpreissteigerungen ihnen zu schaffen. Gerade das Baugewerbe verzeichnete zuletzt einen deutlichen Rückgang an Auftragseingängen.

Frank Thiemann, Leiter der Agentur für Arbeit Coesfeld, sagt zudem: „Es ist aktuell schwerer, aus der Arbeitslosigkeit heraus eine neue Anstellung zu finden, denn in vielen Branchen und Bereichen sind die Unternehmen mit der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher zurückhaltend.“

Wie steht die Wirtschaft des Kreises - und speziell in den Orten Ascheberg, Nordkirchen und Olfen - denn nun wirklich da? Gut, schlecht oder irgendwo dazwischen? Und wächst sie überhaupt noch oder schrumpft die Wirtschaft vielleicht sogar?

Boom an Arbeitsplätzen in Ascheberg

Betrachtet man die reine Zahl der Arbeitsplätze in den vergangenen zehn Jahren, dann ist man in Ascheberg, Olfen und Nordkirchen jedenfalls auf einem guten Weg. Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit gab es am Standort Ascheberg zum Stichtag am 30.6.2024 insgesamt 4742 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das ist ein Plus von fast 900 Personen gegenüber dem Jahr 2015.

Heißt: Ascheberg boomt in Sachen Arbeitsstellen - und ist damit nicht allein. Denn auch Nordkirchen konnte in besagtem Zeitraum einen Zuwachs von mehr als 600 Beschäftigten verbuchen. Olfen hingegen hinkt hinterher. Im Sommer 2015 arbeiteten in der Stadt 3220 Beschäftigte. Im Sommer 2024 waren es dann 3334.

Dass es noch ein paar mehr werden, dafür könnte das Gewerbegebiet Olfen-Ost II sorgen. Hier sind seit 2019 knapp 18 Hektar Gewerbe- und Industriefläche entstanden. Unter anderem befinden sich hier inzwischen die Firmen Olko Maschinentechnik und Kordel. „In der Frage der Wirtschaftsförderung haben wir uns in Olfen in der Region gut aufgestellt und einen Namen gemacht“, betonte Bürgermeister Wilhelm Sendermann Anfang Januar im Gespräch mit der Redaktion. Ist das Gewerbegebiet voll, soll ein weiteres entstehen, nämlich Olfen-Ost III.

In Ascheberg soll das Gewerbegebiet Vennkamp II mit fast acht Hektar Fläche Platz für neue Firmen schaffen. Die Nachfrage sei groß, hieß es zuletzt aus der Verwaltung. Wirtschaftsförderer Julian Hatebur erklärte vor einigen Monaten im Interview mit „Wirtschaft aktuell“, der Ascheberger Wirtschaft gehe es „sehr gut“. Das zeige sich auch bei den Unternehmensbesuchen des Wirtschaftsförderers. „Das Feedback ist fast durchweg positiv. Wir sind gut aufgestellt, haben sowohl kleine als auch große Unternehmen. Der Gewerbemix macht es bei uns. Das läuft“, so Hatebur.

Geplatzte Ansiedlung in Nordkirchen

Anfragen von Firmen gibt es auch in Nordkirchen. Was fehlt, sind Flächen. „Schon seit Jahren ist es schwierig, an Flächen für Gewerbegebiete zu kommen. Das ist insofern ein Problem, als dadurch Einnahmen im Gemeindehaushalt fehlen, weniger neue Arbeitsplätze entstehen und die Gemeinde zunehmend Schwierigkeiten bekommt, die vorhandene Infrastruktur zu erhalten, oder sogar auszubauen“, erklärte Wirtschaftsförderer Karim Laouari im Oktober im Gespräch mit der Redaktion. Gegen die geplante Ansiedlung des Werner Unternehmens RCS gab es seinerzeit Widerstand, weswegen RCS seine Pläne schließlich zurückzog.

Das Gewerbegebiet Olfen-Ost II und die Stadt aus der Vogelperspektive
Das Gewerbegebiet Olfen-Ost II und die Stadt im Hintergrund: Firmenansiedlungen gehen für gewöhnlich mit einer Flächenversieglung einher. Im Gegenzug gibt's Arbeitsplätze und Gewerbesteuer. © www.blossey.eu

In Sachen Gewerbesteuer können sich allerdings weder Ascheberg noch Olfen oder Nordkirchen wirklich beschweren. Zumindest, wenn man den Zahlen des Landesbetriebs IT.NRW Glauben schenkt. Demnach verbuchte die Gemeinde Ascheberg im Jahr 2023 sogar einen Rekordwert: Mehr als zwölf Millionen Euro spülte die Gewerbesteuer in das Stadtsäckel. Die Gemeinde Nordkirchen nahm 2023 unterdessen mit knapp 6,3 Millionen Euro gut 800.000 Euro mehr ein als noch ein Jahr zuvor. In Olfen zeigte die Kurve zwar wieder nach unten, doch bedeuten 5,7 Millionen Euro an Gewerbesteuern im Jahr 2023 immer noch einen überdurchschnittlich hohen Wert, wenn man die vergangenen fünf Jahre betrachtet.

Zwischen 2019 und 2023 gab es in Ascheberg insgesamt 469 Gewerbeanmeldungen. Abgemeldet wurden in diesem Zeitraum lediglich 377 Gewerbe. Nordkirchen kommt ebenfalls auf einen positiven Saldo. Hier stehen 418 Anmeldungen 281 Abmeldungen gegenüber. In Olfen wurden 539 Gewerbe an- und 454 abgemeldet. Auch diese Zahlen deuten darauf hin, dass es der Wirtschaft nicht so schlecht geht, wie andernorts - trotz Pandemie, Ukraine-Krieg und allen anderen Entwicklungen, die in der jüngeren Vergangenheit negative Folgen mit sich brachten.

Entscheidend dafür, dass der Wirtschaftsmotor brummt, ist bekanntlich auch die Situation auf den Bankkontos und in den Portemonnaies der potenziellen Kunden. Und auch hier gab es in allen drei Orten positive Entwicklungen. Im Zeitraum von 2018 bis 2022 machte Ascheberg beim verfügbaren Einkommen der Privathaushalte laut Angaben von IT.NRW einen Riesenschritt. Von 362 ging es rauf auf 425 Millionen Euro. Anders formuliert: Pro Einwohner stieg der Wert von 23.619 auf 27.076 Euro. Die Gemeinde Nordkirchen verzeichnet einen Anstieg von 256 auf 296 Millionen Euro beziehungsweise von 25.607 auf 28.750 Euro je Einwohner. In Olfen kletterte der Wert von 292 auf 347 Millionen Euro beziehungsweise von 22.886 auf 26.367 Euro. Keine allzu schlechten Aussichten also - auch nicht für die Wirtschaft.

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