Die meisten Nordkirchener denken beim Namen Venneker an Viehtransporter. Doch das Unternehmen transportiert auch Schüttgüter, hat einen Logistikbereich und positioniert sich zunehmend als Vorreiter für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Einen der größten Ladeparks in NRW hat das Unternehmen an der Ermener Straße schon gebaut. Elektrische LKW und eine Wasserstofftankstelle sollen folgen.
Mit 50 Ladepunkten (zwei Ladepunkte pro Ladesäule) ist Venneker nach eigenen Angaben der zweitgrößte Ladepunktbetreiber in NRW. Die Ladesäulen hat das Unternehmen am Nordkirchener Standort für seine Mitarbeiter aufgebaut. Zum Vergleich: Europas wohl größter Ladepark in Hilden an der A3 soll auf 114 Ladeplätze ausgebaut werden und hat derzeit etwa 90 Plätze. Dass das Nordkirchener Unternehmen sich mit dem Attribut „zweitgrößter Ladepunktbetreiber“ schmücken kann, hatte man gar nicht vor, erzählt Martin Venneker, Projektmanager Erneuerbare Energien bei Venneker.
Das Unternehmen habe sich am Bedarf orientiert und so viele Ladepunkte auf den Parkplätzen aufgebaut, wie der Vertrieb und der Außendienst brauchen. Der Strom dafür kommt von den Dächern der Firmengebäude. Die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) liefert derzeit schon 310 Kilowatt (kwp) und soll auf 800 kw ausgebaut werden. Ein Batteriespeicher fasst derzeit 400 kw und soll auf 2 Megawatt erweitert werden, erklärt Martin Venneker. So soll der Betrieb autark werden. „Wir wollen den ganzen Geschäftsbetrieb mit sowenig zugekauftem Strom wie möglich betreiben.“
„Alle begeistert“
Je nach Sonnenschein kann der Speicher per künstlicher Intelligenz gesteuert werden. So werden Autos priorisiert geladen - je nachdem, welcher Mitarbeiter wann wie weit fahren muss. 15 E-Autos hat Venneker schon angeschafft, zwei weitere sind bestellt. Nur noch zwei Verbrenner seien im Pool, sagt Barbara Möllmann, Nachhaltigkeits- und Compliance-Managerin bei Venneker. Die Diesel-Fahrzeuge werden für weite Strecken genutzt. Die E-Flotte kommt bei den Mitarbeitern an, erzählt sie. Bislang seien „alle begeistert“, so Möllmann. „Wir hätten nicht gedacht, dass das so einschlägt.“ Auch private E-Autos der Mitarbeiter laden am Firmengelände kostenlos.

Hinter den Verwaltungsgebäuden befindet sich eine Waschanlage für die LKW. Auch sie ist mit zukunftsweisender Technik ausgestattet. Sie fängt das verbrauchte Wasser auf, bereitet es auf und verwertet es wieder. Wärme und Strom werden durch Biogas erzeugt, mit dem auch die Gebäude geheizt werden. Die Waschanlage sei „einzigartig“, sagt Martin Venneker. Nur zwei Prozent des Wassers gehe verloren, der Rest werde recycelt.
Die Umrüstung auf klimaschonende Techniken, neue Anlagen und Fahrzeuge „kostet einiges“, sagt Martin Venneker über die Investitionen, die das Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit unternimmt. Es gehöre aber zur Unternehmensphilosophie. Vor drei oder vier Jahren habe die Unternehmensführung beschlossen: „Wir werden grün“. Dieses Ziel verfolge Venneker seitdem.
Das Engagement für den Umweltschutz bringt dem Unternehmen Vorteile für das Image und rechnet sich auch. Seit Anfang 2022 ist das dokumentiert und mit dem E-MAS-Zertifikat bestätigt. E-MAS ist das weltweit anspruchsvollste Umweltmanagementsystem. Mit diesem EU-Instrument können Unternehmen ihre Umweltauswirkungen erfassen lassen und ihren Beitrag zum Umweltschutz beweisen.
„Komplettes Neuland“ Wasserstoff
Nach den Elektroantrieben möchte Venneker als nächstes in die Wasserstoff-Technologie einsteigen. Doch zu Martin Vennekers Bedauern ist die Technik noch nicht so weit. „Wir würden gern Wasserstoff-LKW fahren und Wasserstoff selbst herstellen“, sagt er. Doch die Technik sei noch „komplettes Neuland“. Daher müsse Venneker auf Startups setzen und viel testen. Auch die Gesetzeslage in Deutschland sei noch nicht so weit. Venneker arbeite deshalb auch eng mit den kommunalen und regionalen Behörden zusammen. Künftig will Venneker in Nordkirchen eine von drei Wasserstofftankstellen im Kreis Coesfeld betreiben.
Bis die Wasserstofftechnik einsatzfähig ist, setzt Venneker zunächst auf LKW mit Elektroantrieben. Die hätten etwa eine Reichweite von 450 Kilometern. Mit Wasserstoff könnten LKW bis zu 1000 Kilometer erreichen. Schon jetzt haben die Viehtransporter der Firma Solarmodule auf dem Dach. Damit werden etwa Ventilatoren für die Tiere betrieben. Auch die Hinterachse des Aufliegers soll künftig mit Strom angetrieben werden. So ließe sich etwa 20 Prozent des Diesels einsparen, erklärt Martin Venneker.
Kreis: Venneker geht voran
Mit seinem Bemühen um Nachhaltigkeit ist Venneker im Kreis Coesfeld ziemlich einzigartig. „Mir ist kein anderes Unternehmen bekannt, das derzeit so konsequent voranschreitet in Sachen Klimaneutralität“, sagt Dr. Jürgen Grüner, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH (wfc). Die wfc sei froh, dass es im Kreis ein Unternehmen wie Venneker gebe, das schon mal vorangeht.
Erfreut ist der wfc-Geschäftsführer etwa, dass die bei Venneker geplante Wasserstoff-Tankstelle öffentlich nutzbar sein soll. Derzeit gibt es nur eine Wasserstoff-Tankstelle in Münster-Amelsbüren. Auch in Dülmen sei eine geplant und wenige in umliegenden Kreisen. „Für den gesamten Kreis ist es gut, einen zweiten Standort zu haben“, so Grüner. Derzeit nehme die Technologie und die Infrastruktur Fahrt auf. Das Münsterland und die Emscher-Lippe-Region hat im Mai gerade eine gemeinsame Erklärung abgegeben, um die Wasserstoffinfrastruktur in der Region auszubauen. Auch eine regionale Verteilinfrastruktur müsse aufgebaut werden.
Bis 2030 sollen zudem zwei Wasserstoffpipelines direkt durch Nordkirchen führen, indem bestehende Leitungen umgewidmet werden. Entwicklungen und Projekte wie diese und Projekt wie bei Venneker liefen parallel, sagt Jürgen Grüner. Es sei gut, dass das Thema Wasserstoff Fahrt aufnehme. „Der Klimawandel wartet nicht, bis wir vorankommen.“
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