Bürgermeister Dietmar Bergmann hat von seiner Empörung über den Antrag der UWG keinen Hehl gemacht. © Foto: Karim Laouari (Archiv)
Kommunalpolitik
Streit in Nordkirchen über Auftragsvergabe: „Das ist ein Misstrauensvotum“
Ein harmonischer Jahresauftakt sieht anders aus. In der ersten Sitzung des Jahres 2022 ist es im Rat hoch her gegangen. Es ging um Vertrauen, Kontrolle und unausgesprochene Verdächtigungen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle aber besser. Das sieht offenbar auch die UWG in der Gemeinde Nordkirchen so. Sie will der Gemeindeverwaltung mehr auf die Finger schauen bei der Vergabe von Aufträgen. Nicht allein dieser Vorstoß selbst, sondern besonders seine Begründung ist Bürgermeister Dietmar Bergmann und seinem Team aus der Gemeindeverwaltung bitter aufgestoßen. Es gehe darum, sagte der Fraktionsvorsitzende Christian Lübbert, der zugleich Vorsitzender des Bauausschusses ist, „Mitarbeiter der Verwaltung zu schützen vor Vorwürfen, jemanden bei der Auftragsvergabe zu bevorzugen“.
Dieser Schutz kam alles andere als gut an bei den Adressaten. „Das ist doch ein klares Misstrauensvotum“, sagte ein sichtlich empörter Dietmar Bergmann. „Gegen solche Verdächtigungen werden wir uns in aller Form verwahren.“ Mehr gehe nicht. Denn Dafür müsse die UWG ihm und der Verwaltung „endlich einmal“ einen konkreten Vorwurf machen und sich nicht in „nebulösen, schwammigen Andeutungen“ ergehen.
Bürgermeister: Ansehen der Verwaltung in Gefahr
Bergmann unterstrich: „Es gab bislang nicht einen konkreten Fall, in dem man uns konkret hätte etwas vorwerfen können.“ Das ändere sich auch nicht durch das beständige Wiederholen. Stattdessen ändere sich aber etwas anderes: „Das Ansehen der Verwaltung wird angegriffen“, denn wer beständig mit Dreck werfe, dürfe sich nicht wundern, wenn irgendetwas hängen bleibe. „Dabei machen wir hier eine gute Arbeit.“
Auch während der Ratssitzung am Donnerstag (20. 1.) nannten die Vertreter der Unabhängigen Wählergemeinschaft nicht Ross und Reiter. Nur so viel: Sorge mache ihnen vor allem die Auftragsvergabe für „private und gewerbliche Mehrfamilienhäuser“, sagte Heinz-Jürgen Lunemann (UWG), wobei er offen ließ, was gewerbliche Wohnhäuser eigentlich sind. Auch wenn größere Bauvorhaben also offenbar vor allem im Fokus stehen: Der Antrag der UWG auf „mehr Kontrolle“ bezog sich unterschiedslos auf alle Grundstücksvergaben und Aufträge mit „Planungsleistungen ab einer Baukostensumme von 75.000 Euro“ ein.
UWG: Bürgermeister soll keine Grundstücke mehr vergeben
Der Bürgermeister soll laut UWG-Antrag künftig nur den Verkauf von Wohnbaugrundstücken vorbereiten dürfen. Die Entscheidung würde dann der Haupt- und Finanzausschuss fällen. Das Gremium wäre auch die Genehmigungsinstanz bei allen Aufträgen mit „Planungsleistungen ab einer Baukostensumme von 75.000 Euro“. Damit würde es viel zu tun geben für die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker.
Gebaut wird zurzeit viel in Nordkirchen. Darüber hatte Bürgermeister Dietmar Bergmann an diesem Abend bereits berichtet, als er den Haushalt für das Jahr 2022 einbrachte. „Unsere Gemeinde ist nach wie vor hochattraktiv für Bauwillige, die sich ihren Traum vom Eigenheim bei uns verwirklichen wollen oder eine passende Wohnung suchen.“ Um den Bedarf zu decken, sei es wichtig, schnell zu reagieren. Das habe die Verwaltung bei der Vergabe von Baugrundstücken bislang getan, zuletzt für die Baugebiete Wohr und Capeller Straße, für die es lange Listen mit Interessenten gab.
Dieses Tempo lasse sich nicht aufrecht erhalten, wenn immer eine Ausschusssitzung zwischengeschaltet werden müsse, bestätigte Bauamtsleiter Josef Klaas. Im Baugebiet Rosenstraße West zum Beispiel seien 16 Bauplätze zu vergeben gewesen. Die Warteliste zog bis Platz 45. „Und es musste schnell gehen, weil die Frist zum Beantragen des Baukindergeldes nicht ablaufen sollte.“
Bei größeren Bauprojekten komme in Nordkirchen durchaus das Instrument des Wettbewerbs zum Einsatz. Und bei allen anderen würde auch niemand ausgebootet. „Wir sind da absolut transparent.“
CDU schlägt Gespräch im kleinen Kreis vor
Tosten Möller (SPD) warf der UWG vor, selbst die Verdächtigungen zu streuen, vor denen sie dann angeblich die Verwaltungsmitarbeiter schützen wolle: „Das ist unsäglich. Hört auf damit.“ Das sahen nicht alle so. Markus Pieper, der Chef der CDU-Fraktion, zeigte zwar einerseits Verständnis für die Verärgerung der Verwaltung, gleichzeitig schlug er aber vor, „im kleinen Kreis das noch einmal zu besprechen, um da wieder Vertrauen reinzubekommen und die Sache aus der Welt zu schaffen“. Im Fall eines solchen Gesprächs erklärte sich die UWG auch bereit, ihren Antrag zurückzuziehen.
Das hörte sich nicht für alle versöhnlich an. „Die Sache“ und „das“, rief Gereon Stierl (SPD): „Da sind sie ja schon wieder: diese unausgesprochenen Verdächtigungen.“ Er sei nicht bereit, Gespräche zu führen, „nur weil jemand Nebelkerzen zündet.“
Irmgard Akono (Grüne) verstand die Aufregung nicht. Als gewählte Ratsmitglieder sei es die Aufgabe von allen, Kontrolle auszuüben. „Politik muss so funktionieren.“ Ihre Fraktionskollegin Uta Sprähner fand außerdem, dass es Zeichen des respektvollen Umgangs miteinander sei, „darauf einzugehen, wenn eine Fraktion Gesprächsbedarf hat“. Bürgermeister Dietmar Bergmann knüpfte daran an: Das nächste interfraktionelle Gespräch stünde ohnehin bald an. „Dann werden wir das Gespräch führen.“
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