Wenn es nach der Gemeinde Nordkirchen ginge, wäre der Radweg in Capelle längst gebaut. 2013 war es, als die Gemeinde ihre Prioritätenliste aufstellte: Ganz oben stand der Radweg an der K2 in Richtung Ottmarsbocholt, dann folgte schon der Radweg an der K15 von Capelle in Richtung Werne vor dem Radweg an der K2 von Nordkirchen in Richtung Selm.
Nach knapp zehn Jahren ist bislang nur der Weg in Richtung Selm gebaut, der Ende September 2022 fertiggestellt wurde. Der nach Ottmarsbocholt darf mit einem Baubeginn noch in diesem Jahr hoffen. Und der von Capelle nach Werne?
Auf 2,6 Kilometern soll die Werner Straße den Plänen nach schon länger fahrradfreundlicher werden. Nach Vorschlag der Gemeinde nahm der Kreis Coesfeld die Strecke in die Prioritätenliste seines Radwegebauprogramms im Jahr 2015 auf.
Das Ziel dieses Programms: ein zusammenhängendes überörtliches Netz für den Radverkehr zu schaffen, indem Kreisstraßen mit Radwegen ausgestattet werden
Sanierung ohne Radweg
Erste Voraussetzung für eine Umsetzung ist die Bereitstellung von Fördermitteln. Die standen vor einigen Jahren sogar in Aussicht. „Der Radweg entlang der K15 war von der Gemeinde im Rahmen der zu fördernden Projekte in der Regionale 2016 benannt worden als Teil der ‚Steverradwege‘“, teilte die Gemeindeverwaltung im Jahr 2015 mit.

Später folgte allerdings die Absage: „Diese Maßnahme zwischen Capelle und Werne ist dann vom Fördergeldgeber zunächst zurückgestellt worden, da sie nicht unmittelbar zur Lückenschließung eines die Stever begleitenden Radweges geeignet ist.“
Der Kreis nennt als Kriterien für eine Priorisierung das Unfallgeschehen an den entsprechenden Straßen, die Verkehrsbelastung sowie die Nutzung von Synergieeffekten, zum Beispiel die Anlegung des Radweges im Zuge der Fahrbahnsanierung. Bei der Sanierung eines Teilabschnittes im Jahr 2015 fand dieses Kriterium allerdings keine Berücksichtigung.
Schutz wird „klein geschrieben“
Vermutlich auch, weil in der Statistik keine Verkehrsunfälle mit Radfahrern oder Fußgängern verzeichnet sind, wurde der Bau des Radweges an der Werner Straße in der Dringlichkeit herabgestuft – und taucht seit 2021 nicht mehr in der Prioritätenliste des Kreises auf.
Für den Capeller Bernd Müller ein falsches Signal. Er sieht nicht nur die Radfahrer gefährdet. „Wenn man da zu Fuß lang läuft, besteht Lebensgefahr“, ist er überzeugt. Der Schutz der Gesundheit von Fußgängern und Radfahrern werde in Capelle offensichtlich klein geschrieben, so Müller. Weil der Druck seitens der Gemeinde in Richtung Kreisverwaltung fehle, wandte er sich selbst mehrfach an Landrat Christian Schulze Pellengahr.
Mit Erfolg: Vor kurzem führte der Kreis eine Geschwindigkeitsmessung in der Werner Straße durch. Erlaubt sind dort 70 km/h. Für Bernd Müller ist das bereits zu viel – abgesehen davon würden die meisten Autofahrer eher 10 km/h schneller unterwegs sein.
2446 Fahrzeuge pro Tag
Um auch zu ermitteln, wie viele Fahrzeuge tatsächlich auf der Kreisstraße 15 unterwegs sind, wurde Bernd Müller für die nahe Zukunft eine Verkehrszählung in der Werner Straße zugesichert. Bei einer Messung im Jahr 2020 wurden vom Kreis zuletzt 2446 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden gezählt. Zum Vergleich: In nur 5 der 17 Straßen, die aktuell auf der Radweg-Prioritätenliste des Kreises stehen, ist das Verkehrsaufkommen höher. Hinzu kommt: Mit 5,1 Metern ist die Fahrbahn schmaler als viele der Straßen, die bevorzugt einen Radweg erhalten sollen.
Dennoch ließ die Kreisverwaltung bereits in der Vergangenheit verlauten, dass eine Realisierung der Maßnahmen, die sich nicht auf der Prioritätenliste von 2021 befinden, in den nächsten fünf Jahren „wohl eher unwahrscheinlich“ sei. Bernd Müller hofft, dass bis zum Bau des Radweges zumindest die Geschwindigkeitsbegrenzung herabgesetzt wird.
Korrekturhinweis: In der ursprünglichen Version des Textes hieß es, dass im Jahr 2020 in der Werner Straße ein Verkehrsaufkommen von 2446 Fahrzeugen pro Stunde gemessen wurde. Tatsächlich ist diese Zahl innerhalb von 24 Stunden ermittelt worden. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
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