
© Foto: Karim Laouari (A)
Notdienst: In Nordkirchen gibt es ab August keinen Rettungswagen mehr
Rettungsdienst
Fünf Jahre war der Rettungswagen der Firma Arbo für Nordkirchen im Einsatz. Ab August ist damit Schluss - der Kreis Coesfeld hat keine Genehmigung mehr erteilt. Ungerecht findet das der Inhaber.
Am Samstag, 31. Juli, saß Frank Dunsche noch im Rettungswagen und fuhr Einsätze. „Also falls Sie krank werden, vielleicht lieber heute noch“, sagt der Inhaber der Firma Arbo (Ambulanz- & Brandschutzdienste Deutschland) aus Olfen am Telefon. Sein Rettungswagen jedenfalls wird nach fünf Jahren im Einsatz für Nordkirchen ab Sonntag 1. August, erstmal still stehen.
Kurzfristig erfahren, dass der Rettungswagen bald stillsteht
Dunsches Unternehmen bietet unter anderem Krankentransporte an, seit 2016 auch Krankentransporte mit medizinischer Betreuung nach dem Rettungsgesetz NRW. Sein Wagen stand auch der Rettungsleitstelle Coesfeld zur Verfügung und kam bei Notfällen, wie zum Beispiel einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall, zum Einsatz. Etwa 400 bis 500 Einsätze fuhr der Rettungswagen in einem Jahr, im Schnitt 1,5 pro Tag, erklärt Dunsche, „die werden jetzt anderweitig bedient werden“, sagt er. Denn es gibt keinen Rettungswagen mit Standort in Nordkirchen mehr.
Auch Krankentransporte mit fachlich medizinischer Betreuung dürfen dann bis auf Weiteres nicht mehr durchgeführt werden. Einfache Krankenfahrten mit Rollstuhl, Tragestuhl oder Liege - aber ohne fachlich medizinische Betreuung - sind weiterhin möglich.
Davon erfahren hat Dunsche selbst erst am Freitag, kurz vor Betriebsschluss, wie er am Samstag sagt. Dass seine Genehmigung möglicherweise nicht verlängert wird, das habe sich aber schon länger angedeutet, erklärt Dunsche.
Lange Liste mit Mängeln
Er habe bereits im März einen Antrag auf Verlängerung seiner Genehmigung gestellt. Damals habe er bereits eine lange Liste vom Kreis erhalten, die ihm erhebliche Mängel bescheinigte habe. Allerdings Mängel, die er seiner Meinung nach entkräften könne, oder die zumindest nicht so erheblich seien, dass sie es rechtfertigen würden, dass seine Genehmigung nicht verlängert werde. „Der Kreis hat Gründe gesucht und man hat gefunden“, glaubt Dunsche. „Geringfügige Mängel sehe ich allemal auch“, gibt er zu. „Diese sind aber unverzüglich behoben worden“.
Die Liste ist wie gesagt lang, daher nennt Dunsche einige Beispiele: Es sei zum Beispiel darum gegangen, dass Geräte in seinem Fahrzeug gefehlt hätten, sagt Dunsche. „Aber diese Geräte hätte ich innerhalb einer Woche beschaffen können“, erklärt er. Für andere Geräte hätte eine Prüfbescheinigung gefehlt: „Das liegt daran, dass sie 2020 neu angeschafft wurden und eine Prüfung erst 2022 nötig war.“
„Es hat keinen Unterschied gemacht, was ich geschrieben habe“
Auch hygienische Mängel seien beanstandet worden. „Wir haben keine Wäscherei“, sagt Dunsche. Dafür sei das Unternehmen zu klein, aber man halte sich an Vorgaben, die das Robert-Koch-Institut empfehle. „Wir haben uns sofort bereit erklärt, eine Abklatschprobe zu machen“, sagt Dunsche. Das ist eine Probe, um zu bestimmen, ob Gegenstände verunreinigt sind. Das habe der Kreis aber abgelehnt. Sein Unternehmen habe dann selbst eine Prüfung bei einem Hygieneinistut in Auftrag gegeben, die keine Mängel festgestellt habe. Dieses Gutachten habe man aber nicht anerkannt.
Gleiche Prozesse - aber nun keine Genehmigung mehr?
Dunsche sagt, es seien Prozesse bemängelt worden, die nicht neu waren. „Alles, was mir der Kreis vorwirft, hat es vor fünf Jahren auch schon gegeben“, sagt er, „nur damals, wurde mir die Genehmigung erteilt.“ Mit der Absage seien zudem noch weitere Gründe hinzu gekommen.
Diese seien identisch mit einer Liste, die der Kreis Unna vorgelegt habe, sagt Dunsche. Ein weiteres Fahrzeug von der Arbo war dort vom 1. Dezember 2020 bis zum 1. Juni im Norden des Kreises Unna, also zum Beispiel in Selm, im Einsatz. Auch hier habe er entsprechende Erklärungen vorgelegt oder die Mängel seien nicht schwerwiegend gewesen, wie er sagt. In diesem Fall habe er eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingereicht, die noch läuft.

Frank Dunsche (links) mit Bürgermeister Dietmar Bergmann mit einem Fahrzeug vom Ambulanzdienst. © Theo Wolters (A)
Der Kreis Coesfeld war am Wochenende nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Frank Dunsche möchte mit dem Kreis Coesfeld in der kommenden Woche noch ins Gespräch kommen und einen „freundlichen Vorstoß“ wagen, wie er sagt. Parallel wird er wohl aber auch Klage einreichen.
Für seine beiden Rettungsfahrzeuge hat er zehn Mitarbeiter im Einsatz sowie auch mehrere Aushilfen. Wie es für sie weitergeht, ist noch nicht klar. „Ich möchte meine Mitarbeiter eigentlich nicht freistellen“, sagt Dunsche.
Freude, als der Wagen seinen Dienst antrat
12 Minuten Eintreffzeit, das ist die Zeit, die im Rettungsgesetz vorgeschrieben ist. „Eine längere Hilfsfrist wird für unvereinbar mit den Zielen des Rettungsdienstes und eine kürzere für unwirtschaftlich gehalten“, schreibt der Kreis Coesfeld in seinem Rettungsdienstbedarfsplan aus dem Jahr 2018.
Der Kreis habe ihm mitgeteilt, dass die rettungsdienstliche Versorgung innerhalb dieser 12 Minuten durch die Rettungswachen Lüdinghausen und Ascheberg, sowie durch nachbarschaftliche Hilfe aus Selm und Werne sichergestellt sei, sagt Dunsche. Er sagt: Zuvor konnte ein Rettungswagen in fünf Minuten bei seiner Einsatzstelle in Nordkirchen sein. Nordkirchen war die Gemeinde mit der besten Hilfspflichteinhaltung“, sagt er, „bald wahrscheinlich nicht mehr.“
„Wir sind glücklich, dass Fachkräfte nun schneller bei einem Notfall helfen können“, hatte Nordkirchens Bürgermeister Dietmar Bergmann noch 2016 gesagt, als der Rettungswagen in Südkirchen seinen Dienst aufgenommen hatte.
Ich bin neugierig. Auf Menschen und ihre Geschichten. Deshalb bin ich Journalistin geworden und habe zuvor Kulturwissenschaften, Journalistik und Soziologie studiert. Ich selbst bin Exil-Sauerländerin, Dortmund-Wohnerin und Münsterland-Kennenlernerin.
