Nordkirchener (58) missbraucht Familie Staatsanwältin forderte drei Jahre - Urteil liegt weit drüber

Nordkirchener (58) missbraucht Sohn, Pflegesohn und Ehefrau: 6 Jahre Haft
Lesezeit

Die Entscheidung im Missbrauchsprozess gegen einen früheren Nordkirchener ist gefallen. Am Donnerstag (19.9.) verurteilte die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Münster den 58-Jährigen zu sechs Jahren Gefängnis. Außerdem erließ das Gericht einen Haftbefehl gegen den Mann, der zuletzt in Coesfeld wohnte und während des gesamten Verfahrens geschwiegen hatte.

Zwar sei der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte immer zu den Prozessterminen erschienen. Aber jetzt bestehe Fluchtgefahr wegen der langen Freiheitsstrafe. Damit begründete die Vorsitzende Richterin gestern den Haftbefehl. Er sitzt nun in Untersuchungshaft. Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.

Vorwürfe aus 14 Jahren

Ursprünglich umfasste die Anklage gegen den Mann zehn Punkte aus 14 Jahren. Neun Vorwürfe datierten aus der Zeit von 2007 bis 2017. Sie reichten von sexuellen Übergriffen auf einen Pflegesohn in Nordkirchen über Vergewaltigungen, schwere Körperverletzungen und Todesdrohungen gegen die Ehefrau in Lüdinghausen bis zum Missbrauch des leiblichen Sohnes in Dülmen. Die Ex-Frau und das leibliche Kind des Angeklagten traten in dem Verfahren als Nebenkläger auf.

Der zehnte und letzte Vorwurf der Staatsanwaltschaft betraf den Besitz kinder- und jugendpornografischer Bilder. Große Teile des Prozesses waren zum Schutz der Opfer nicht öffentlich. Auch die Plädoyers der Staatsanwältin, der Opferanwältin und des Verteidigers fanden am Donnerstag hinter verschlossenen Türen statt. Dabei lagen die Einschätzungen und Strafanträge der Parteien weit auseinander.

Der Verteidiger des 58-Jährigen räumte für seinen Mandanten nur den Besitz der pornografischen Bilder ein und beantragte dafür eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen. In allen anderen Fällen forderte er Freispruch aus Mangel an Beweisen. Die Staatsanwältin sah nur einen Teil der Gewalttaten als erwiesen an und beantragte drei Jahre Haft. Die Rechtsanwältin der Nebenklägerin und ihres Sohnes forderte sieben Jahre Gefängnis. Für sie war der Angeklagte in den meisten Punkten schuldig.

Angriff mit Fleischermesser

In ihrem Urteil, das öffentlich verkündet wurde, lag die Jugendschutzkammer am Ende dicht bei der Einschätzung der Opferanwältin. Nach der umfangreichen Beweisaufnahme hatte die Kammer in sieben Fällen der Anklage keinen Zweifel. Was die Vorsitzende in der Begründung vortrug, klang drastisch. Dazu gehörten drei brutale Vergewaltigungen der Ehefrau, ein Angriff mit einem Fleischermesser, eine Rippenserienfraktur. Teilweise habe dies im Beisein des vierjährigen leiblichen Sohnes stattgefunden. Auch zwei Missbrauchstaten gegen das Kind flossen in die Gesamtstrafe ein.

Die Übergriffe auf den früheren Pflegesohn im Jahr 2007 hielt die Kammer dagegen für nicht sicher beweisbar und sprach den Angeklagten in diesen Fällen frei. Dabei hatte der Pflegesohn das Verfahren erst in Gang gebracht, allerdings sehr spät. Im August 2020 hatte er den Angeklagten angezeigt und dabei auch von Gewalttaten gegen dessen Ehefrau berichtet.

Im April 2021 durchsuchte die Polizei die Wohnung des Mannes in Dülmen und fand dabei die kriminellen Fotos auf seinen elektronischen Geräten. Er hatte sie bewusst heruntergeladen und gespeichert, so die Vorsitzende. Der 58-Jährige sei voll schuldfähig, was auch eine psychiatrische Gutachterin im Prozess festgestellt hatte.

500 kinderpornografische Fotos auf dem Handy: Nordkirchener (60) scheitert mit Berufung vor Gericht

Vorwurf des Missbrauchs in Nordkirchen: Prozess gegen 58-Jährigen dauert länger als geplant