Drei Tage vor Beginn der Sommerferien hat die Gemeinde Nordkirchen die Unterlagen für ihr derzeit größtes und umstrittenstes Bauprojekt öffentlich ausgelegt: das geplante Hotelquartier am Schloss Nordkirchen. Bis zum 22. August haben Bürgerinnen und Bürger noch Gelegenheit, die Pläne im Rathaus oder auch online einzusehen. Anschließend können sie Anregungen und Kritik dazu vorbringen, wie die Gemeindeverwaltung mitteilen ließ. Was sie nicht erwähnte: Der Plan, der seit dem 17. Juli öffentlich ausliegt, ist ein anderer als der, über den die Politik in den öffentlichen Sitzungen seit fast einem Jahr diskutiert hatte.
War bislang stets von der Änderung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans die Rede, geht es jetzt um die Aufstellung eines neuen, herkömmlichen Bebauungsplans, also eines sogenannten Angebotsbebauungsplans. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass sich der herkömmliche Bebauungsplan an alle Bauwilligen wendet, während der vorhabenbezogene Plan bereits einen bestimmten Interessenten im Blick hat: den Vorhabenträger, der sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet, sein Vorhaben in einem konkret beschriebenem Umfang, innerhalb einer vertraglich vereinbarten Frist zu realisieren und die Planungs- und Erschließungskosten zu übernehmen.
Also entweder konkretes Bauvorhaben oder allgemeines Planungsrecht? Es gibt noch ein Drittes, wie Nordkirchens Kämmerer Bernd Tönning als Vertreter von Bürgermeister Dietmar Bergmann auf Anfrage sagt.
„Es wird einen städtebaulichen Vertrag geben.“ Zwischen der Gemeinde und den Vorhabenträgern, die es nach wie vor gebe. Dort würden Details geklärt, sowohl was die Gestaltung der zentralen Gebäude auf der Fläche angeht - Hotel, Oberstufengebäude für die Gesamtschule und Schwimmbad - als auch Fragen zur Kostenverteilung. „So wie wir es ja auch im vorhabenbezogenen Bebauungsplan getan hätten“, sagt Tönning. Warum dann überhaupt das Hin und Her zwischen den Bebauungsplanarten?
Kein gesondertes Ratsvotum
„Da blieb uns gar keine Wahl nach dem Wegfall der Fortbildungsakademie der Landesfinanzverwaltung“, sagt Tönning. Die Gemeinde habe sich juristisch beraten lassen. „Das war das zentrale Vorhaben, für das wir den vorhabenbezogenen Plan gewählt hatten“. „Nach dem plötzlichen Ausstieg des Landes musste unter Einbeziehung anderer Akteure ein neues Konzept entwickelt werden“, bestätigt Bürgermeister Dietmar Bergmann in einer schriftlichen Erklärung, die er während seines Urlaubs abgab. Und diese Konzeptentwicklung habe erfolgen müssen, ohne zu diesem Zeitpunkt bereits verbindliche Zusagen aller Investoren und Betreiber der Teilprojekte zu haben. „Das verlangt einen offeneren Angebotsbebauungsplan.“
Der Eindruck, dass die Gemeindeverwaltung das Planungsinstrument klammheimlich gewechselt habe, sei nicht richtig, sagt Bernd Tönning. Es habe eine ausführliche Beratung dazu im Rat geben - in nichtöffentlicher Sitzung, weil es schließlich um Vertragsangelegenheiten gehe. Wie das Votum ausfiel? Es gab keines. Der Rat hat nie abgestimmt über die Neuaufstellung des Bebauungsplans.
Beschluss noch im August
Der Bebauungsplanentwurf selbst verweist auf den Ratsbeschluss vom 23- Juni 2022. Dort hatte der Rat laut Niederschrift mit 23 zu 5 Stimmen für die „1. Änderung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Hotel und Fortbildungsakademie Nordkirchen“ und die gleichzeitige Umbenennung des Bebauungsplans in „Hotelquartier Nordkirchen“ votiert. Von der Notwendigkeit der Neuaufstellung eines Bebauungsplans war da noch nichts zu hören. Sollten Politikerinnen und Politiker mit diesem neuen Planungsinstrument nicht einverstanden sein, könnten sie immer noch beim Satzungsbeschluss widersprechen. Er erfolgt nach dem Abwägen der Anregungen und Bedenken, die noch bis zum 22. August eingehen können bei der Verwaltung.
Der Satzungsbeschluss wird laut Bürgermeister Bergmann noch für August angestrebt. „Die Gemeinde geht durch diese notwendige Verfahrensänderung keine finanziellen Verbindlichkeiten ein“, ergänzt er. Die umstrittene Genussscheinvereinbarung der Gemeinde mit der Am Gorbach Grundbesitz & Immobilien GmbH über 4 Millionen Euro - auch darüber wurde im Vorfeld nie öffentlich diskutiert in Nordkirchen - werde zum Ende des Planungsprozesses auslaufen.
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