Der Heimatverein Nordkirchen spendet drei Bänke ins Ahrtal, die Bernhard Schriever (r.) gebaut hat. Zusammen mit Rudi Schürmann bringt er die Bänke in die Flutregion.

Der Heimatverein Nordkirchen spendet drei Bänke ins Ahrtal, die Bernhard Schriever (r.) gebaut hat. Zusammen mit Rudi Schürmann bringt er die Bänke in die Flutregion. © Jessica Hauck

Heimatverein Nordkirchen spendet Bänke im Gedenken an Flutopfer im Ahrtal

rnFlutkatastrophe

Der Heimatverein in Nordkirchen bringt drei Ruhebänke in das von der Flut vor einem Jahr verwüstete Ahrtal. Ein Capeller erzählt, warum die Menschen dort auch jetzt noch verzweifeln.

Nordkirchen

, 12.07.2022, 13:02 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Flut im Ahrtal vor einen Jahr, bei der über 130 Menschen allein in diesem Tal starben, hat viele Menschen in ganz Deutschland geschockt. Spenden und Helfer aus allen möglichen Orten erreichten die Menschen an der Ahr, die alles verloren haben. Auch der Capeller Rudi Schürmann fährt seitdem immer wieder in die Region und hilft tatkräftig beim Aufräumen, Reparieren oder mit Spenden. Jetzt fährt er wieder in die Flutregion - dieses Mal mit drei Bänken im Gepäck.

Der Heimatverein Nordkirchen hat die drei Bänke gespendet. Gebaut hat sie der Capeller Bernhard Schriever - in „Premiumqualität“, sagt er. Der gelernte Maschinenschlosser hat ein Metallgestell geschweißt, die Sitzflächen und Lehnen sind aus dicken, lackierten Holzbrettern gemacht. „Zum Gedenken an die Flutopfer 2021“ steht auf den Metallplaketten an den Ruhebänken. Am Donnerstag (14. Juli) fahren Schriever und Rudi Schürmann nach Dernau im Ahrtal. Dort sollen die Bänke aufgestellt werden. Wo genau, weiß Rudi Schürmann auch schon.

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Eine Bank wird bei einem Winzer aufgestellt, erzählt Schürmann. „Der steht genau an der Wasserkante.“ Das Haus des Winzers sei von den Fluten verschont worden, als die Ahr plötzlich auf etwa 9 Meter statt wie jetzt unter einem Meter Wasserstand angeschwollen war. Seitdem bringe der Winzer Nachbarn und Helfer bei sich unter, so Schürmann. Eine zweite Bank ist für den Friedhof mitten in Dernau bestimmt. Der habe sechs Meter unter Wasser gestanden bei der Flut. „Das kann sich keiner vorstellen“, sagt Rudi Schürmann. „Der Friedhof sah aus wie sau.“ Dann kamen rund 100 Jugendliche und räumten alles auf, putzten Grabsteine und richteten den Ort zum Trauern wieder her. Und für die dritte Bank wisse der örtliche Bürgermeister schon einen schönen Ort.

„Die Leute verzweifeln da“

Drei Bänke als Lichtblicke und Platz für Pausen und Begegnungen in einem Ort, in dem die Menschen noch immer leiden. „Die Leute verzweifeln da“, sagt Rudi Schürmann. Direkt nach der Flut war er in die Region gefahren und hatte tatkräftig mit angepackt. Mit einen Spülgerät hatte er Hausanschlüsse gereinigt und Kanäle gerettet. Immer wieder fuhr Schürmann zum Helfen nach Dernau und Umgebung. Seit Weihnachten war er drei Mal dort. „Man kann gar nicht beschreiben, was in den Leuten da vorgeht“, erzählt er.

Rudi Schürmann aus Capelle reist seit dem Sommer 2021 immer wieder ins Ahrtal, um bei den Aufräum- und Aufbauarbeiten zu helfen.

Rudi Schürmann aus Capelle reist seit dem Sommer 2021 immer wieder ins Ahrtal, um bei den Aufräum- und Aufbauarbeiten zu helfen. © Rudi Schürmann/privat

Zwar waren nach der Katastrophe so viele Spenden zusammengekommen wie noch nie in Deutschland. Und auch die Politik hatte unbürokratische Aufbauhilfen versprochen. Doch es hake an allen möglichen Stellen, erzählt Schürmann. Die Leute dort bräuchten Handwerker und Geld, Geld, Geld, sagt der 71-Jährige. So müssen die Leute etwa in Vorleistung gehen, bevor sie die Hilfen ausgezahlt bekommen. Ein 65-Jähriger bekomme dafür aber keinen Kredit von der Bank. Auch eine Oma habe er kennengelernt, die noch immer in einem Container wohnt. Aus den Spenden, die Schürmann bekommen habe, habe er ihr Geld gegeben, damit sie sich ein neues Gebiss besorgen konnte. 9000 Euro hat Schürmann gespendet bekommen, besonders an Weihnachten, und in Dernau und Umgebung verteilt.

Heimatverein hat 70 Bänke gebaut und gepflegt

Auch jetzt noch seien Gutachter dabei, die Schäden an den Häusern zu beurteilen, erzählt Schürmann. Öl aus Heizungen und noch immer Feuchtigkeit in den Wänden sorgen dafür, dass noch ein Jahr nach der Flut die Gutachter sagen, dass Häuser abgerissen werden müssen. Viele Anwohner konnten ihre Häuser noch nicht wieder renovieren lassen, wohnen in Hotelzimmern oder außerhalb bei Freunden und Verwandten. „Jeder hat sein eigenes Leid“, sagt Schürmann. Er hat bei seinen Hilfsbesuchen viele hilfsbereite und nette Menschen getroffen. „Man hat sich untereinander geholfen.“

Auch der Heimatverein, der in der Gemeinde Nordkirchen schon rund 70 Bänke für Wanderer und Einheimische aufgestellt hat und pflegt, habe sich gleich verpflichtet gefühlt, zu helfen, sagt Bernhard Schriever. Drei Bänke zum Gedenken an die Flutopfer und als Ruhepol im immer noch währenden zerstörten Ahrtal.

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