Viele geflüchtete Menschen, die unter anderem nach Nordkirchen kommen, wollen gerne arbeiten. Einerseits um etwas Geld zu verdienen, vielleicht noch wichtiger aber ist das Gefühl, sich sinnvoll in die Gesellschaft einzubringen. Wer den detaillierten Ausführungen von Alina Kundt, Fachbereichsleiterin Soziales bei der Gemeinde, im Ausschuss für Familie, Schule, Sport und Kultur zuhörte, weiß aber genau: Die Voraussetzungen sind alles andere als einfach.
Etwas mehr als 400 geflüchtete Personen sind derzeit in der Gemeinde Nordkirchen untergebracht, dazu zählen sowohl alleinstehende Erwachsene als auch Familien. Am stärksten vertreten sind die Nationen Syrien, Ukraine und Afghanistan. Eine für viele praktische Fragen wichtige Unterscheidung: Etwa 100 Personen (alle Nicht-EU-Bürger) befinden sich im Bereich „Asyl“. Das heißt, dass ihr Asylverfahren noch läuft (dann haben sie eine sogenannte Aufenthaltsgestattung) oder rechtskräftig abgelehnt ist (Duldung). Die anderen 300 Geflüchteten gehören zum Bereich SGB (Sozialgesetzbuch) II und haben eine Aufenthaltserlaubnis.
Einige arbeiten in Großstädten
Laut den Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben Geflüchtete aus Syrien die höchste Erfolgsquote im Asylverfahren mit 79 Prozent. „Bei uns ist die Quote noch höher und liegt bei rund 90 Prozent“, erläuterte Alina Kundt. Aber das Problem mit dem Einstieg in den Arbeitsmarkt hat viele Facetten. Insgesamt arbeiten von den in Nordkirchen lebenden Geflüchteten aktuell nur rund 50. Für die Personen im Bereich SGB II gibt es ein Fallmanagement der Gemeinde, das unter anderem bei der Suche nach einem Arbeitsplatz hilft. „Viele haben sich auch Arbeit in größeren Städten gesucht. Deshalb hatten wir in letzter Zeit auch relativ viele Wegzüge“, schilderte Alina Kundt. Denn eine entsprechende Arbeitsstelle in einem anderen Ort führt zum Wegfall der sonst geltenden Wohnsitzauflage.
Grundvoraussetzung für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt sind im Regelfall entsprechende Sprachkenntnisse. „Zu Beginn des Ukraine-Kriegs betrug die Wartezeit für einen Sprachkurs teilweise mehr als ein Jahr. Aktuell dauert es sechs bis acht Monate, was aber immer noch deutlich zu lang ist“, stellte die Fachbereichsleiterin fest.
Hohe Hürden für Unternehmen
Bernd Spelsberg (SPD), der an Sprachkursen in Nordkirchen beteiligt ist, brachte seinen Unmut über die Perspektivlosigkeit einiger Geflüchteter zum Ausdruck: „Ich habe mit drei jungen Menschen zu tun, die jede Arbeit übernehmen würden. Aber sie finden einfach nichts.“ Markus Pieper (CDU) stimmte zu, nahm aber die lokalen Unternehmen in Schutz: „Die Hürden im Rechtsschutz sind einfach sehr hoch, das ist ein großes Dilemma. Es wird höchste Zeit, dass wir uns da mehr öffnen.“ Das könne aber nur auf bundespolitischer Ebene verändert werden.
Auch Kämmerer Bernd Tönning stellte klar, dass die Gemeinde gerne Geflüchtete für kleinere Arbeiten rund um den Umzug der Verwaltung aus dem Rathaus eingesetzt hätte. „Wir würden das natürlich als erste unterschreiben, damit die Menschen zu Arbeit kommen. Aber wir sind daran gescheitert, eine Regelung zu finden. Es ist einfach zu bürokratisch“, musste auch er feststellen.
Gemeinde sucht weiter Platz
Gespräche zwischen Bund und Ländern zum Thema Migration Anfang November hatten zu einer Reihe von Maßnahmen geführt: Der Bund will künftig den Kommunen pro Asylbewerber und Jahr einen Festbeitrag in Höhe von 7500 Euro zahlen. Außerdem wird der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte nicht ausgeweitet.
In absehbarer Zeit könnte die Gemeinde bei der Unterbringung auch durch diesen Familiennachzug weitere Schwierigkeiten bekommen. Ab Ende November sind alle 68 Plätze im Hallenbad-Komplex belegt. Die Bereiche im Neubau Rosenstraße-Nord und der Villa Altendorf sollen Ende des Jahres bezugsfertig sein. Zudem sind aber noch 15 Nordkirchen zugewiesene Personen im Josefshaus in Seppenrade untergebracht. „Wenn das so weitergeht, werden wir uns über neue Notunterkünfte kurzfristig Gedanken machen müssen“, blickte Bernd Tönning voraus. Die Gemeinde freut sich weiterhin, wenn Bürger entsprechenden Wohnraum zur Verfügung stellen können.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 27. November 2023.
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