Sieben Jahre ist es her, dass das öffentliche Schwimmbad in Nordkirchen geschlossen wurde. Mit den Plänen für das Hotelquartier in der Schlossgemeinde scheint es wieder Hoffnung zu geben. Auch der DLRG-Ortsverband blickt sehnsüchtig auf das geplante neue Schwimmbad, für das bisher aber noch kein Betreiber gefunden wurde.
Bürgermeister Dietmar Bergmann versicherte in der letzten Ratssitzung am 15. November, dass eine Schwimmmöglichkeit in Nordkirchen das Ziel der Gemeinde sei. Der Vortrag von Frank Rabe zur Bedeutung von Schwimmbädern und der Notwendigkeit des Schwimmenlernens im Ausschuss für Familie, Schule, Sport und Kultur (1.12) weist nun ebenfalls in diese Richtung.
Wenn Julian Grenz, Vorsitzender der DLRG, auf die aktuellen Vorhaben blickt, ist da große Freude und Erleichterung. Schaut er hingegen auf die vergangenen Jahre zurück, schwingt viel Sorge mit. „Sieben Jahrgänge konnten nicht richtig oder nur mit viel Aufwand das sichere Schwimmen lernen. Dadurch entstehen viele Nachteil.“
Als Beispiel greift Grenz Schulausflüge auf, bei denen oftmals das Bronze-Abzeichen gebraucht wird. „Keiner würde es verantworten mit Klassen, in denen viele Nichtschwimmer sind, Ausflüge an Gewässer zu unternehmen.“ Auch Familienurlaube am Meer oder Seen seien eine „gefährliche Sache“. Nichtschwimmer könnten zudem noch nicht einmal sicher im Schlosspark spielen aufgrund des großen Sees und den Gräften, fügt Grenz an.
Kein Angebot für Schulschwimmen
Des Weiteren sei ein Schwimmbad für die Weiterentwicklung von motorischen Fertig- und Fähigkeiten von Bedeutung. „Bei anderen Sportarten wird das zwar auch gefördert, aber kann ein Kind nicht Fußball oder Tennis spiele, beherrscht es die Sportarten halt nicht. Kann ein Kind nicht schwimmen, könnte es im kleinsten Teich oder Pool ertrinken“, so der DLRG-Vorsitzende und erklärt weiter: „Für eine Gemeinde wie Nordkirchen, die sich integrativ und familienfreundlich nennt und aufstellt, ist die derzeitige Situation sehr traurig.“
Vor allem in der Schule würden junge Menschen das „sichere Schwimmen“ erlernen. Durch die Bäder-Lage in der Gemeinde gibt es aber derzeit keine Klasen, die das gesetzlich vorgesehene Schulschwimmen durchführen können. „Das darf einfach nicht sein. In erster Linie kämpfe ich für ein Bad in Nordkirchen, um die Sicherheit unserer Kinder zu verbessern“, so Grenz.

Der DLRG-Vorsitzende betont gleichzeitig, dass ein Schwimmbad nicht nur für junge Menschen, sondern für alle Mitbürger der Gemeinde wichtig sei - als Sportstätte und als Begegnungsstätte. Frank Rabe vom NRW-Schwimmverband nennt Bäder in seinem Vortrag „Kulturgut“ und sieht in ihnen einen „wichtigen Standortvorteil für eine Stadt oder Gemeinde“.
Dass Menschen auch schwimmen wollen, zeigt sich in mehreren Statistiken. 2020 gingen rund 8,88 Millionen Personen in Deutschland in ihrer Freizeit mehrmals im Monat schwimmen. 1,04 Millionen Menschen übten dieses Hobby mehrmals die Woche aus. Und die Tendenz steigt, denn im Jahr 2018 lag die Zahl noch bei 710.000 Personen.
Bäderzahl sinkt bundesweit
Nordkirchen ist mit seiner Schwimmbad-Situation nicht alleine. 2019 gab es laut einer bundesweiten Erhebung 787 Frei-, Hallen- und Kombibäder. 18 Jahre zuvor waren es noch 1401 – ein Rückgang um gut 43 Prozent. Der Grund für die Schließungen sind vielfältig: zu teuer im Betrieb, nicht kostendeckend, zu wenig Nutzen, zu geringe Nachfrage.
Von einem Versäumnis seitens der Gemeinde Nordkirchen und der Politik will Julian Grenz aber nicht sprechen. Als das alte Hallenbad 2015 schloss und nicht mehr wirtschaftlich renovierbar war, habe man sich gegen eine „Adhoc-Planung“ und für ein „umweltfreundliches und energiesparendes Schwimmbad“ entschieden.
Bürger sehnen sich nach Bad
Dann kam das Hotelprojekt. Die Planungen waren vor zwei Jahren bereits fertig, eine Änderung des Bebauungsplanes verzögerte die Umsetzung. Grenz hat dazu eine klare Meinung: „Das zieht sich sehr hin, was ich ziemlich schade finde. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass die Gemeindemitglieder nicht nur auf ein Bad warten, sondern sich danach sehnen.“
Dessen ist sich auch die Verwaltung bewusst. „Wie sehr den Menschen in Nordkirchen ein Schwimmbad fehlt, bekommen wir regelmäßig mitgeteilt. Eltern von kleineren Kindern haben Schwierigkeiten, Plätze in Kinderschwimmkursen zu bekommen und viele Senioren teilen uns mit, dass Schwimmen für sie die einzige Bewegungsmöglichkeit sei, die sie noch machen können“, erklärt Pressesprecher Karim Laouari auf Anfrage.
Klare Wünsche für Schwimmbad
Welches Schwimmbad sich Julian Grenz und die DLRG wünschen, lasse sich leicht in Worte fassen. Man wolle ein einfaches Lehrschwimmbad mit vier Bahnen à 25 Meter und einer Tiefe von zwei Metern. In so einer Institution könne sein Team alle Schwimmscheine bis zum Gold-Abzeichen abnehmen.
„Wir würden das Bad nicht nur für unser wöchentliches Training und die Schwimmausbildung nutzen, sondern auch für Rettungsschwimm-Kurse und die Ausbildung von Lehrkräften.“ Weiterhin habe man in der Ortsgruppe Ausbilder, die sich auf Menschen mit Behinderungen und das Aqua Fitness fokussieren. „Wir könnten ein Rundum Packet anbieten.“ Genau diese Eckpunkte habe er auch in einem Schreiben an die Verantwortlichen der Gemeinde zusammengestellt.

Bis das Schwimmbad als geplanter Teil des Hotelquartiers gebaut ist, werden wohl noch einige Jahre vergehen. Um die Wartezeit zu überbrücken, richtet der DLRG-Vorsitzende einen klaren Appell an seine Mitbürger: „Steht öffentlich für den Bau eines Schwimmbades in Nordkirchen und geht mit euren Kindern öfter in den Bädern im Umkreis schwimmen. Ermöglicht ihnen einen Schwimmausbildung.“ Die Gemeinde erklärt diesbezüglich, dass man intensiv an der Realisierung eines Schwimmbades arbeite.
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