Das Barock-Ensemble „La Fonte“ hatte für Sonntagabend (4. August 2024) zum Konzert mit Bläsermusik aus dem 18. Jahrhundert in die Oranienburg am Schloss Nordkirchen geladen. Dieser Einladung waren mehr Interessenten gefolgt, als Plätze vorhanden waren. Spontane Besucher mussten die Veranstalter abweisen. Wer eine Karte ergattert hatte, erlebte nicht nur einen begeisternden Konzertabend, sondern erfuhr zudem Details über einen regelrechten Musik-Krimi rund um das Komponisten-Genie Wolfgang Amadeus Mozart.
Von ihm hatte „La Fonte“ auf dem Spielplan die Sinfonia Concertante Es-Dur für vier Blasinstrumente. Doch ob dieses Werk überhaupt von Mozart stammt, sei bis heute fraglich, erklärte Daniel Glowotz. Der Musikwissenschaftler moderierte den Abend und entführte die Zuhörer in die Komponisten-Welt des 18. Jahrhunderts, dessen Mittelpunkt damals Paris war.

Mozart Opfer einer Intrige
Im Jahre 1778 weilte Mozart mit seiner Mutter in der französischen Hauptstadt. Doch der geplante Durchbruch im Nabel der Musik-Welt wollte sich nicht einstellen. Zudem wurde er Opfer einer Intrige seines neidischen Konkurrenten Giuseppe Maria Cambini, der dafür sorgte, dass die Notenblätter einer von Mozart komponierten Sinfonia Concertante spurlos verschwanden.
Als im 19. Jahrhundert im Nachlass eines Mozart-Forschers ein Manuskript einer solchen Sinfonia Concertante auftauchte, schrieb man dieses Werk Mozart zu. „Aber bis heute bleiben Zweifel an der Echtheit“, berichtete Glowotz dem Publikum, „Sie sehen, es ist ein echter Musik-Krimi“.
Musik in zeitgenössischer Weise
Kein Zweifel, auch nicht der geringste, bestand dagegen am Können der 20 Musikerinnen und Musiker um Dirigent und künstlerischen Leiter Fabrizio Ventura. Der ehemalige Generalmusikdirektor aus Münster hat unter dem Namen „La Fonte“ seit 2022 ein qualitativ hochklassiges Ensemble geformt, das sich der Aufführung von Musik in zeitgenössischer Art und Weise verschrieben hat, mit entsprechenden alten Instrumenten.
Im Saal der Oranienburg des Schlosses Nordkirchen hörten die Besucherinnen und Besucher vier im 18. Jahrhundert entstandene Kompositionen von Paul Heinrich Masch, Wolfgang Amadeus Mozart, seinem oben erwähnten Pariser Konkurrenten und Neider Giuseppe Maria Cambini und schlussendlich die Sinfonia Es-Dur des begabten Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach. Schon nach den ersten beiden Werken, als es in die Pause ging, überschüttete das Publikum das Ensemble mit Applaus. Konnte es diese Qualität nach der Pause halten?
Zwei Flöten-Solisten brillierten
Es konnte. Es folgte danach sogar der Höhepunkt des gesamten, mitreißenden Musikabends. In den zwei Sätzen der Simphonie Concertante pour Deux Flutes von Cambini setzten die beiden Solisten Michael Schmidt-Casdorff und Ingo Nelken mit ihren Travers-Flöten den Glanzpunkt des Konzertes. Sie ließen die Komposition durch ihre Interpretation geradezu erstrahlen. Bereits zuvor im Mozart-Werk hatten vier Bläser-Solisten mit Oboe, Fagott, Klarinette, Horn mit Können und Spielfreude das Publikum in ihren Bann gezogen.
Das gesamte, von Fabrizio Ventura mit Lust und Leidenschaft dirigierte Ensemble sorgte an diesem Abend für einen Musikgenuss auf höchstem Niveau. Die Interpretation nach zeitgenössischer Aufführungspraxis (beispielsweise Natur- statt Stahlsaiten bei Streichinstrumenten) zauberte insbesondere in den langsamen Passagen einen wunderbaren, weichen, warmen Klang.
Das junge Ensemble verzauberte im Schloss Nordkirchen mit zwei Stunden reiner Spielzeit die 200 Zuhörerinnen und Zuhörer. Ihr Lohn: Kaum enden wollender Applaus, den Fabrizio Ventura und La Fonte mit einer Zugabe belohnten.
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