Es ist das schlimmste Szenario, das man sich in diesem Fall vorstellen kann: Einen Tag, bevor man eine Abiturklausur schreibt, entscheidet das NRW-Schulministerium am sehr späten Abend, dass die Prüfung wegen Technikproblemen ausfallen muss und um zwei Tage verschoben wird. Genau so ist es am Dienstag, 18. April, den Abiturientinnen und Abiturienten der Johann-Conrad-Schlaun-Gesamtschule Nordkirchen passiert. So, wie allen Abiturienten in ganz NRW, die eigentlich am Mittwoch, 19. April, Abi-Klausuren in naturwissenschaftlichen Fächern schreiben sollten.
Als, wie in den meisten Schulen in NRW, um 12 Uhr der Download der Prüfungen für das zentrale Abitur an der Nordkirchener Gesamtschule nicht klappte, herrschte zunächst Ratlosigkeit, wie mit der Situation zu verfahren sei. Es ging ja nicht nur darum, die Prüfungsaufgaben herunterzuladen. Aus dem Downloadangebot der Prüfungsaufgaben müssen Aufgaben ausgewählt werden. Und in manchen Fällen sind Versuchsanordnungen aufzubauen.
Zeitfenster schrumpfte
Dazu wäre eigentlich einen Tag vor der Prüfung Zeit genug. Aber mit Fortschreiten des Tages und den immer wieder neuen Mails aus Düsseldorf, man arbeite an einer Lösung, schrumpfte das Zeitfenster für die Vorbereitungen. „Es wurde dann versprochen, dass um 19.30 Uhr eine finale Entscheidung bekannt gegeben wird“, berichtete Schulleiter Ulrich Vomhof am späten Dienstagabend auf Anfrage der Redaktion. Diese Deadline wurde dann aber deutlich überschritten. „Wir warten ab“, erklärte Vomhof gegen 20.30 Uhr. „Wir werden seit Stunden hingehalten und kriegen keine Informationen.“ Wenig später kam die Entscheidung aus Düsseldorf.
Und zwar gegen 20.45 Uhr. Zu den Technikproblemen äußerte sich das NRW-Schulministerium so: „Beim Download der schriftlichen Abituraufgaben für das Zentralabitur hat es am heutigen Dienstag, 18. April 2023, eine massive technische Störung gegeben. Betroffen war der Download für die Prüfungsfächer am Mittwoch, den 19. April 2023: Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik, Technik (Grundkurs und Leistungskurs). Die technische Störung konnte im Laufe des heutigen Tages nicht mehr rechtzeitig behoben werden, sodass die für Mittwoch vorgesehenen schriftlichen Abiturprüfungen auf den bisher prüfungsfreien kommenden Freitag, 21. April 2023, verschoben werden müssen.“
Die Schulen wurden fortlaufend über die Störung und am Abend über die Verschiebung informiert. Was zwar stimmte, aber doch in der Summe zu Verunsicherung bei den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern sowie den Schülerinnen und Schülern führte. „Wir warten seit Stunden auf eine Entscheidung“, erklärte Ulrich Vomhof, bevor die Entscheidung gegen 20.45 Uhr fiel.
Geduldsspiel
Insgeheim habe er damit gerechnet, dass die Klausuren verschoben werden. „Ich kann gut nachvollziehen, dass das Ministerium mit Rücksicht auf die Schüler alles daran setzen will, dass die Prüfungen nach Möglichkeit stattfinden können. Ich kann auch nachvollziehen, dass das Ministerium unter einem ungeheuren Druck steht. Nichtsdestotrotz ist es für uns superärgerlich, um es freundlich auszudrücken, dass wir seit Stunden hier hingehalten werden.“
Und nicht nur für Vomhof und seine Kollegen war es ein Geduldsspiel. Auch die Schülerinnen und Schüler - in Nordkirchen waren laut Vomhof rund 25 Abiturienten in Biologie-Leistungs- und Grundkursen betroffen - mussten bis zum späten Abend zittern. „Wir sind in Kontakt mit ihnen und muntern die auf, aber die sind natürlich hochgradig nervös“, erzählte der Schulleiter.
Als die Entscheidung, die Prüfungen auf Freitag zu verschieben, gefallen war, informierte die Gesamtschule die betroffenen Abiturienten noch am späten Dienstagabend darüber.

Ist das alles real?
Für Gesamtschüler Frederik Koy lief der Dienstag anders als geplant: „Ich habe mich erst ganz normal vorbereitet. Eine Doppelschicht sozusagen, weil am Mittwoch meine Klausur im Biologie-Grundkurs laufen sollte und am Donnerstag die Klausur im Geschichts-Leistungskurs. Da habe ich die ersten Gerüchte gehört über Probleme mit dem Download. Ich habe dann aber weiter verstärkt Bio gelernt, weil ich in einigen Bereichen nur so mittelmäßig vorbereitet war.“ Im Laufe des Nachmittags habe es immer mehr Nachrichten aus der Schule mit den neuen Entwicklungen gegeben. „Als dann die Entscheidung gefallen war, die Klausuren zu verschieben, habe ich gedacht: Ui!“
Er habe dann Kontakt zur Schule aufgenommen, wie es weitergehen werde, ob der Raum und die Uhrzeit am Freitag die gleichen sein werden wie für Mittwoch geplant. „Außerdem brauchte ich eine Bestätigung, dass das jetzt real ist und dass ich das alles richtig verstanden habe. Wenn man bei einer Abi-Prüfung nicht auftaucht, ist das eine 6.“
Die Nacht sei dann unruhig gewesen. „Ich habe mehrfach in der Nacht gecheckt, ob das tatsächlich sicher ist, dass ich am Mittwoch keine Klausur schreiben muss“, erzählt der 19-Jährige aus Herbern. Letztendlich habe er dann beruhigt das Licht ausmachen können: „Ich wusste, dass ich morgens nicht früh raus muss.“
Blieb am Mittwoch die Frage, ob der Download für die Prüfungen am Donnerstag, 20. April, gelingen würde oder ob es erneut eine Panne geben würde. „Daumen hoch“, signalisierte Ulrich Vomhof um kurz nach 12 Uhr. Heißt: Der Download habe problemlos geklappt.
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