Zweiter Titel für Bamberg - Neunter für Bauermann
Quakenbrück (dpa) - Nach den Jubel-Sprüngen und der Sektdusche musste Dirk Bauermann als erstes seine Mutter besänftigen. «Ganz ruhig Mutti», sprach der Bamberger Basketball-Trainer ins Handy: «Wir haben die Meisterschaft gewonnen.»
Danach stockte kurz die Stimme, der 49-Jährige schien mit den Tränen zu kämpfen, während er sichtlich gerührt sagte: «Ich bin in meinem Leben so glücklich und privilegiert, dass ich das schon wieder erleben darf.» Zum neunten Mal hat Bauermann den Titel gewonnen. «Aber jeder ist etwas ganz Einmaliges, etwas ganz Besonderes», versicherte der Erfolgs-Coach, während seine Spieler in der Kabine riesige Zigarren rauchten und auf dem Bamberger Marktplatz fast 10 000 Fans ihr Team aus «Freak-City» feierten.
Die Dramatik beim dritten Sieg im vierten Finalspiel gegen das Überraschungsteam der Artland Dragons Quakenbrück hatte Bauermann noch nicht losgelassen, als er den erneuten Triumph einzuordnen versuchte. Kein Wunder, denn noch in buchstäblich letzter Sekunde war der 64:63 (32:33)-Sieg in Gefahr geraten, als Quakenbrücks Chad Prewitt und sofort danach Nik Caner-Medley den auf dem Ring tanzenden Ball nicht in den Korb bugsieren konnten. So packend, so ausgeglichen und so knapp waren die Playoffs, dass Bauermann zu dem Schluss kam: «Diese Serie hätte zwei Meister verdient». Bambergs Lohn: Teilnahme an der Euroleague.
Trotz seiner sieben Titel mit Leverkusen (1990-1996) und des ersten mit Bamberg vor zwei Jahren war die Meisterschaft 2007 für Bauermann eine ganz Spezielle. Zum einen, weil sein Team in der Hinrunde in einer tiefen Krise steckte und zwischenzeitlich auf Platz 13 abgerutscht war. Zum anderen, weil ausgerechnet in der von US-Amerikanern geprägten Basketball-Bundesliga bei jedem der drei Siege in der Serie «best of five» ein deutscher Spieler den Ausschlag gab.
Nach der 69:70-Auftakt-Niederlage drehte Spielmacher Stefan Hamann das zweite Spiel zum 77:74, dann überraschte der erst 18-jährige Tim Ohlbrecht beim 62:59 mit acht Punkten, ehe schließlich Nationalspieler Robert Garrett nach einer «Seuchensaison» im letzten Spiel zum Matchwinner avancierte. «Ich bin froh, dass ich der Mannschaft etwas zurückgeben konnte», sagte Garrett. Mit seinen drei Dreier-Würfen in den schwierigen Phasen des Spiels und insgesamt 16 Punkten war er der entscheidende Spieler. «Das war sein bestes Spiel seit langem», lobte sein Coach: «Seine Nervenstärke ist gnadenlos.»
Der auch als Nationaltrainer arbeitende Bauermann war selber verwundert, «dass drei deutsche Spieler so unendlich wichtig sind». Der Coach, der sieben US-Spieler in seinem Team hat, empfand das «als eines der erfreulichsten Dinge in diesen Playoffs». Zum besten Spieler der Serie wurde allerdings mit Casey Jacobsen ein Profi aus dem Mutterland des Basketballs gewählt: Der Amerikaner ist für die betont aggressive Deckung der Bamberger der wichtigste Mann und punktet zugleich konstant.
Der später verpflichtete Jacobsen und Italien-Rückkehrer Hamann brachten für die Brose Baskets die Wende nach einer verkorksten Hinrunde. «Bei so einem Start muss man die Nerven behalten, und man muss Personalentscheidungen treffen», sagte Bauermann: «Man kann sich nichts dafür kaufen, wenn man im Dezember Erster ist. Es ist wichtig, was man macht, wenn es draufankommt.»
Mit dem Happy End für Bamberg endete vorerst auch das erfrischende Sommermärchen vom kleinen Dorf aus der niedersächsischen Provinz, das für kurze Zeit ganz Basketball-Deutschland begeisterte. «Es tut weh, so zu verlieren», gab Artland-Kapitän Darius Hall zu. Von den Fans wurden die Dragons dennoch bis tief in die Nacht auf dem Marktplatz der 13 000-Einwohner-Gemeinde gefeiert. «Noch können wir das Erreichte nicht genießen», sagte Dragons-Trainer Chris Fleming, «aber das stellt sich wahrscheinlich mit ein wenig mehr Abstand ein.»
Platz zwei ist tatsächlich viel mehr als dem Achten der regulären Punktrunde zugetraut worden ist. Mit den Playoff-Siegen gegen ALBA Berlin und Titelverteidiger Köln erarbeiteten die Dragons sich den Ruf als Favoritenschreck und sicherten sich zudem erstmals den Platz in einem europäischen Wettbewerb (ULEB-Cup).