Wenn es wenigstens lustig wäre Youtube-Unsinn, die wuchernde Gefahr für Kinder

Youtube-Unsinn, die wuchernde Gefahr für Kinder
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Dass wir uns zu viel mit der Smartphone- und Internetaktivität unseres Nachwuchses beschäftigen müssen, habe ich schon oft durchblicken lassen. Ich bin sicher, eine Selbsthilfegruppe für Eltern hätte innerhalb einer Stunde nach Gründung eine dreistellige Mitgliederzahl. Die Frage ist ja nicht nur, wie viel Zeit Kinder mit dem Kram verbringen. Mehr und mehr erschreckt mich, wie stumpfsinnig das alles inhaltlich ist.

Internet ist wie Unkraut

In der Papatastisch-Familie ist jetzt auch der letzte Sprössling vom glücklichen Kind zum Handynutzer geworden. Der übliche Mechanismus greift: Fünfte Klasse – endlich ein Smartphone – „weil alle das haben, Papa“. Und wie immer versuchen wir die Nutzung einzuschränken.

Zeiten werden reduziert, Apps beschränkt. Immer wieder muss man sich damit beschäftigen. Es ist, als hätte ich Giersch im Vorgarten: ein dauerhafter Kampf, damit das Zeug nicht Überhand gewinnt. Nein, das wuchernde Internet im Leben eines Kindes ist sogar schlimmer: Mit Unkraut muss ich nicht diskutieren.

Ein Koch zerkleinert Giersch
Ein Koch zerkleinert Giersch. Die Pflanze gilt als besonders hartnäckig wucherndes Unkraut, kann aber wenigstens auch noch sinnvoll genutzt werden. Für die meisten Youtube-Filmchen gilt das nicht. © picture alliance / dpa

Witzig ist, wenn jemand lacht

Oder einfach laufen lassen? Führen Eltern, die kapituliert haben, ein glücklicheres und entspannteres Leben? Ich mache mich ja auch unbeliebt, inzwischen nicht nur wegen der Streitfragen, wann und wie lange etwas auf dem Handybildschirm flimmert. Die Frage nach dem „Was?“ wird mehr und mehr zum Thema. Und: „Was soll das überhaupt?“

Mein Jüngster zeigte mir kürzlich den neuesten Trend: ein Youtuber, der wohl als unheimlich lustig gilt. Gemeinsam schauten wir ein paar Episoden, in denen dieser Heranwachsende mit trendiger Frisur herumplapperte. Laut Youtube hat er mehr als 800.000 Abonnenten.

In einem Sketch stellte er mal sich selbst dar, dann mit verstellter Stimme seine Mutter. „Witzig, oder?“, fragte mich der Fan. Ich erklärte meinem Sohn, dass ein Witz meines Erachtens eine Pointe haben müsste. Ein Zeichen für Witzigkeit sei zudem, wenn jemand drüber lacht. Außerdem kündigte ich an, diesen Filmemacher einmal anzuschreiben und zu fragen, was er mit seinem Werk überhaupt bezweckt.

Eltern sind sich einig

Mein Sohn war stinksauer. Ich müsse immer alles schlecht machen, klagte er. Ich bin aber auch nicht allein mit meiner Bewertung. Während Kinder und Jugendliche sich austauschen über die neuesten Youtuber, jammern Eltern gemeinsam darüber, wie furchtbar sie diese finden. „Hör mir auf – immer nur diese blödsinnigen Videos“, klagte mein Schwager. Auch eine Arbeitskollegin wäre wohl dabei in einer Selbsthilfegruppe: „Ich könnte jedes Mal schreien, wenn ich das dämliche Geplärre dieser Gören auf den Handys der Jungs höre. Dieses schwachsinnige Gekicher...“ Die Nerven liegen blank.

Mein Sohn kann allerdings ganz beruhigt sein. Ich bin bisher nicht dazu gekommen, den tollen Youtuber zu einer Stellungnahme aufzufordern. Und ich bin nicht imstande, einen Blödsinn-Filter für das Internet zu programmieren. Am Wochenende werde ich mal in den Garten gehen: Schauen, ob irgendwo Giersch wächst, an dem ich mich abreagieren kann.

„Papatastisch“ heißt die Familienkolumne von Redakteur und Vater Thomas Raulf. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, aber lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch

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