Woyzeck in der Frauen-WG Katharina Stoll deutet Büchners Drama aus der Sicht Jugendlicher

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Ist das noch Büchners „Woyzeck“, wenn man zentrale Figuren wie Hauptmann, Doktor und Tambourmajor daraus streicht und das Stück unter heutigen Jugendlichen spielen lässt?

Die Antwort bei der „Überschreibung“ durch das feministische Theaterkollektiv „Glossy Pain“ am Mülheimer Theater an der Ruhr lautet: Ja und nein.

Geblieben ist das grobe Handlungsgerüst zwischen Woyzeck und Marie, auch Büchners Wortlaut spielt bruchstückhaft hinein. Hauptziel aber wird, das Dramenfragment für Oberstufenschüler, die es vielleicht gerade im Deutschunterricht durchnehmen, verständlich und interessant zu machen.

Inhaltlich geht es deshalb wesentlich um den Themenkomplex Freundschaft, Liebe, Sexualität und männliche Gewalt.

In der Wohnküche

Katharina Stoll setzt diesen „Woyzeck“ in der Wohnküche der WG von Marie (Amanda Babaei Vieira) und ihrer – bei Büchner nur am Rande vorkommenden – besten Freundin Margret in Szene.

Letztere ist Engländerin, vielleicht, weil die Darstellerin Riah Knight es ist, und spricht auch meist in ihrer Muttersprache. Es gibt deutsche Übertitel. Franz Woyzeck (Joshua Zilinske) wohnt nebenan und schaut, weil er sich in Marie verliebt hat, oft vorbei.

Kein Ersatz für „Woyzeck“

Die Szenen geraten authentisch, mitunter aber etwas langatmig, zumal Riah Knight auch noch ein paarmal zur Gitarre greift und traurige Liebeslieder singt.

Aufgefangen wird das durch lebhafte, großflächige Videoprojektionen, zu denen die Charaktere zum Teil aus ihren Rollen treten und aus dem Off sprechen.

Einen „Woyzeck“-Ersatz bietet die Produktion nicht, wohl aber reichlich Ansatzpunkte, um über Büchner und Geschlechterrollen zu diskutieren.

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