Wie funktioniert eine anonymisierte Bewerbung?

Fragen & Antworten

Trotz etlicher Verbesserungen gibt es auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor Diskriminierung. Anonymisierte Bewerbungsverfahren können von Vorteil sein - vor allem für Migranten und Frauen.

BERLIN

von dpa

, 17.04.2012, 16:12 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein ungünstiges Foto bei den Bewerbungsunterlagen, ein ausländischer Name, die Zahl der Kinder oder der Familienstand - all dies kann vor allem für Migranten und Frauen Nachteile bei der Jobsuche zur Folge haben. Viele Bewerber werden erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen - und vorab aussortiert. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes testete jetzt über ein Jahr lang anonymisierte Bewerbungsverfahren - wie es sie in den USA, in Großbritannien und in Kanada bereits seit längerem gibt.Wer profitiert von den anonymisierten Bewerbungen? Vorteile bei den Tests mit anonymisierten Bewerbungen hatten vor allem Bewerber mit ausländischen Wurzeln - häufig schon erkennbar am Namen oder an der Angabe der Nationalität. Aber auch Frauen - mit oder ohne Kinder - waren Nutznießer und wurden häufiger zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Bei der Stadtverwaltung Celle schaffte eine akademisch ausgebildete Frau mit türkischem Namen gleich den Sprung auf eine Referatsleiterstelle. Erfolgreich war dort auch ein 40-jähriger Behinderter. Eine 46-jährige alleinerziehende Mutter wurde Versandleiterin eines Geschenkartikeldienstes.Wonach wird bei einer anonymisierten Bewerbung gefragt? Zunächst werden nur Auskünfte über die Qualifikation verlangt. In den Bewerbungsunterlagen fehlen jegliche Angaben über Name, Alter, Geschlecht und Nationalität. Auch auf ein Foto wird verzichtet. Findet der Arbeitgeber die Qualifikationsmerkmale interessant, kommt es zum Vorstellungsgespräch.Wie läuft eine solche anonymisierte Bewerbung ab? Getestet wurden bei dem Projekt der Antidiskriminierungsstelle verschiedene Verfahren: Am besten bewährten sich laut Bericht standardisierte Fragebögen über die Qualifikation - die entweder schriftlich oder online eingereicht wurden. Als zu mühsam erwies sich das Schwärzen der persönlichen Angaben in konventionellen Bewerbungsmappen.Welche Firmen machten mit? Acht Institutionen beteiligten sich - darunter Post und Telekom, die Bundesagentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen, ein Kosmetikunternehmen und ein Geschenkartikel-Versandhaus.Ist die Untersuchung repräsentativ? Nein, dafür ist die Fallzahl viel zu gering. Besetzt wurden 246 Stellen. Dafür gab es 8550 Bewerbungen. Auch machten die Firmen freiwillig bei dem Projekt mit. Die meisten hatten sich auch zuvor schon mit Methoden einer unkonventionellen Personalauswahl hervorgetan.Wie geht es weiter? Die Bundesregierung plant kein Gesetz, anonymisierte Bewerbungsverfahren bleiben ein freiwilliges Angebot. Die Antidiskriminierungsstelle versteht das Projekt als Anregung. Die meisten beteiligten Institutionen wollen weitermachen.In welchen Ländern gibt es anonymisierte Bewerbungsverfahren? Der Verzicht auf persönliche Angaben bei Bewerbungen ist vor allem im englischsprachigen Raum (USA, Großbritannien, Kanada) seit Jahrzehnten üblich. Anonymisierte Bewerbungsverfahren wurden zudem in verschiedenen europäischen Ländern erprobt, so in Schweden, den Niederlanden, in der Schweiz, Frankreich und Belgien. Aus der Schweiz wurde berichtet, dass ausländische Jugendliche deutlich höhere Chancen auf eine Lehrstelle hatten, wenn sie sich anonym bewarben.