Wie die Gasversorgung gesichert werden soll – und was das für Sie bedeutet

Notfallplan aktiviert

Um die Gasversorgung in Deutschland zu sichern, hat die Bundesregierung die „Frühwarnung“ des Notfallplans Gas aktiviert. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Berlin

30.03.2022, 11:50 Uhr / Lesedauer: 3 min
Anlagen der Erdgasverdichterstation Mallnow der Gascade Gastransport GmbH. Die Verdichterstation in Mallnow nahe der deutsch-polnischen Grenze übernimmt vorwiegend russisches Erdgas. Von der Quelle bis zum Einsatzort legt das Erdgas in der Pipeline «Jagal» mehrere tausend Kilometer zurück.

Anlagen der Erdgasverdichterstation Mallnow der Gascade Gastransport GmbH. Die Verdichterstation in Mallnow nahe der deutsch-polnischen Grenze übernimmt vorwiegend russisches Erdgas. Von der Quelle bis zum Einsatzort legt das Erdgas in der Pipeline „Jagal“ mehrere tausend Kilometer zurück. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Die Bundesregierung hat den Notfallplan Gas aktiviert, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwochmorgen verkündete. Was bedeutet das für Unternehmen und Verbraucher? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist der Notfallplan Gas?

Es handelt sich um ein Konzept auf Basis einer EU-Verordnung, das die Gasversorgung sichern soll. Es gibt drei Stufen. Die erste, die „Frühwarnung“, hat Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) gerade ausgerufen. Nun tritt im Ministerium ein Krisenteam zusammen, das aus Experten von Behörden und von Energieunternehmen besteht.

Die Gasversorger und die Betreiber der Gasleitungen müssen nun regelmäßig die Bundesregierung über die aktuelle Lage informieren. Der Staat greift aber nicht in den Gasmarkt ein. Vielmehr liegt es zunächst an den Akteuren in der Branche, die Versorgung zu stabilisieren.

Was bedeuten die weiteren Eskalationsstufen?

Bei einer weiteren Verschlechterung der Lage muss die „Alarmstufe“ ausgelöst werden. Auch hier sind die Unternehmen gefragt. Unter anderem mit der „Nutzung von Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite“ oder mittels der „Optimierung von Lastflüssen“, so das Ministerium. Sollte dennoch eine Verschlechterung der Versorgungssituation eintreten, kann die Bundesregierung die „Notfallstufe“ ausrufen: Der Staat greift dann in den Markt ein.

Die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde übernimmt die Verteilung von Gas. Dabei gilt eine Prioritätenliste. Privathaushalte und soziale Einrichtungen – wie Krankenhäuser – sind besonders geschützt. Zuerst wird die Gasversorgung von Unternehmen gekappt.

Kommt das Ausrufen der Frühwarnstufe überraschend?

Nein. Der Energiedachverband BDEW hatte bereits am vorigen Donnerstag die Aktivierung des Notfallplans gefordert. BDEW-Chef Kerstin Andreae betonte seinerzeit: „Es liegen konkrete und ernst zu nehmende Hinweise vor, dass wir in eine Verschlechterung der Gasversorgungslage kommen.

Mit der Ankündigung durch Putin, dass Gaslieferungen in Zukunft in Rubel zu bezahlen sind, ist eine Auswirkung auf die Gaslieferungen nicht auszuschließen.“ Die Netzagentur müsse nun Kriterien entwickeln, „welche Industrien und Sektoren weiterhin mit Gas auch im Rahmen einer Gasmangellage versorgt werden“.

Warum kommt der Schritt der Bundesregierung gerade jetzt?

Nachdem Kreml-Chef Wladimir Putin vorige Woche angeordnet hatte, dass Erdgaslieferungen an „unfreundliche“ Staaten wie Deutschland nur noch in Rubel gezahlt werden sollen, hatten die EU und die G7-Staaten beschlossen, dem nicht nachzukommen und weiterhin in Euro oder Dollar zu zahlen – wie vertraglich vereinbart.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte daraufhin Anfang der Woche: „Keine Bezahlung – kein Gas“. Er kündigte zudem an, dass am Donnerstag die detaillierten Bestimmungen für die künftige Bezahlung von Gasrechnungen in Kraft gesetzt werden sollen.

Was steckt hinter einer Umstellung auf Rubel?

Putin will damit offenbar die russische Währung stärken. Sie ist seit Beginn der Kampfhandlungen in der Ukraine abgestürzt. Da die westlichen Staaten aber bei einer Umstellung gezwungen wären, sich Rubel in großen Mengen zu beschaffen, würde die Nachfrage auf den Devisenmärkten massiv steigen, was das Verhältnis des Rubelkurses gegenüber Dollar und Euro verbessern würde. Russland könnte dann Importe billiger einkaufen.

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Das wiederum würde die Inflation bremsen, die in Russland galoppiert und für große Teile der Bevölkerung massive Belastungen bringt. Zudem würden mit diesem Schritt die westlichen Sanktionen, die die russische Notenbank lahmgelegt haben, umgangen.

Wie ist derzeit die Versorgungslage Gas in Deutschland?

Die Versorgungssicherheit ist laut Wirtschafts- und Klimaministerium (BMWK) gesichert: „Es gibt aktuell keine Versorgungsengpasslage.“ Nicht auszuschließen sei allerdings, dass es zu weiteren Preissteigerungen kommen werde. Der Preis für europäisches Gas stieg am Mittwochvormittag an der Londoner Rohstoffbörse um gut elf Prozent auf rund 120 Euro pro Megawattstunde. Vor einem Jahr lag die Notierung bei knapp 18 Euro.

Was passiert, wenn Russland seine Energielieferungen tatsächlich einstellt?

„Für die kommenden Wochen und den Sommer könnten wir dank der bereits ergriffenen Vorsorgemaßnahmen auf russisches Gas verzichten“, so das BMWK. Um im kommenden Winter die Versorgung weiter zu gewährleisten, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Es gelte: „Je mehr im Frühjahr und Sommer verbraucht wird, desto schwieriger wird die Lage im Winter. Umgekehrt: Je mehr man jetzt Energie spart, desto besser kommen wir durch den Winter. Daher ist jeder Gasverbraucher gehalten, so viel Energie wie möglich einzusparen.“

RND