"Auch Dortmund spielt für uns eine große Rolle"
Interview mit dem Deutschland-Chef von mytaxi
Die Taxibranche befindet sich im Wandel. Über die digitalen Herausforderungen für Fahrer und Unternehmen, Startup-Marketing und starre Taxi-Preise sprach Holger Niehaus mit Alexander Mönch, Deutschland-Chef des App-Anbieters mytaxi. mytaxi hat Nordrhein-Westfalen fest im Blick - und hier perspektivisch nicht nur die größeren Städte wie Dortmund.

gruberpictures.at © 2017 Michael Gruber © Alexander Mönch
Hallo, Herr Mönch. mytaxi hat Ende letzten Jahres ein Büro in Essen eröffnet. Warum?
Wir haben in Nordrhein-Westfalen gemerkt, dass sich Fahrer aus Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen und all diesen Städten in unserem Düsseldorfer Büro gemeldet haben, um dabei sein zu können. Als die Nachfrage nicht abgerissen ist, haben wir uns noch einmal intensiver mit dem Ruhrgebiet als Region beschäftigt und unser neues Büro in Essen eröffnet. Die Fahrer werden jetzt vor Ort registriert und geschult. Was die weitere Entwicklung angeht, bin ich sehr, sehr zuversichtlich.
Bleibt mytaxi ein Metroppolen-Phänomen oder werde ich bald auch in kleineren Städten wie Lünen oder Haltern ein Taxi über mytaxi bestellen können?
Grundsätzlich hat sich mytaxi als Metropolen-App etabliert. Essen ist beispielsweise eine Stadt, die alle Voraussetzungen hat, um für mytaxi ein erfolgreicher Markt zu sein. Dortmund spielt eine große Rolle. Aber ich hoffe natürlich, dass die Erreichbarkeit in kleineren Städten bald auch gegeben ist.
Die klassische Konkurrenz hat mit Taxi Deutschland ja auch eine gar nicht so schlechte App im Einsatz. Gefühlt ist ihr Angebot aber bekannter. Sie legen schon viel wert auf Marketing?
Wir haben ja auch eine besondere Geschichte. Als wir 2011 in den ersten Metropolen unsere Büros eröffnet haben, da kannte uns niemand. Wir haben dann ein Startup-Marketing gemacht, teilweise mit Flugblättern. Wir waren an den Taxiständen und sind mit Fahrern und Fahrgästen ins Gespräch gekommen. Wir mussten sehr klein beginnen, das hat sich dann entwickelt. Daimler ist eingestiegen, wir sind jetzt ein europäisches, internationales Unternehmen.
Wir machen heute massives Marketing. Das ist ganz klar. Unser Anspruch ist es, die europäische Marktführerschaft weiter auszubauen.
Die Kritik der Taxi-Zentralen ist ja unter anderem, dass die Infrastruktur wie Taxistände von den Zentralen kommt und mytaxi wirbt um Fahrer, ohne sich um diesen Thema zu kümmern. Wie gehen Sie mit solchen Aussagen um?
Wir brauchen keine Taxistände. Unsere Fahrer nehmen die Aufträge entgegen und die sind selten lange an Taxiständen. Klar, die Taxistände sind teilweise von Taxi-Zenralen gepachtet, es gibt aber auch städtische Halteplätze.
Ein Taxi-Unternehmer kann sich in Deutschland nun einmal von mehreren Vermittlern gleichzeitig vermitteln lassen und bezahlt für die Vermittlung von Touren eine Gebühr. Mit uns zahlen Taxifahrer aber nur, wenn sie auch verdienen. Es gibt keinerlei Fixkosten und keine technischen Anschaffungskosten. Und wenn ein Fahrer vier Wochen Urlaub machen möchte, muss er bei uns auch kein Geld zahlen.
Und dass sich die Fahrer, die nur für die Zentrale fahren und jene, die für die Zentrale und mytaxi fahren, nicht gerade grün sind - ist Ihnen dieses Problem bekannt?
Also, die Leute gehen freiwillig zu ihren Taxi-Zentralen und gehen freiwillig zu uns. Dass es dort zu Animositäten kommen kann, liegt auf der Hand. Aber wer die Scheuklappen ein wenig aufmacht, der wird sehen, dass digitale Mobilitätsplattformen die Zukunft sind. Und das sollte man auch irgendwann erkennen.
Aus Sicht der Kunden muss man sagen: die ersten, die unsere App entdeckt haben, waren junge Menschen, die ihr Leben über das Smartphone regeln wollen. Dann kamen Geschäftsleute dazu, die viel in Deutschland oder auch international unterwegs sind, und sich eben nicht Nummern von Taxi-Zentralen merken wollten.
Die Kritik, dass nach einer Fahrt ein paar Infos zu viel auf dem Handy des Gastes landen, können Sie die nachvollziehen?
Das gehört natürlich zu unserem Marketing, aber wir wollen auf keinen Fall nerven. Die Benachrichtungen können die Kundenjederzeit abstellen.
Wie behält man die vielen kleinen und neuen Startups, die in den Markt drängen, im Blick?
Konkurrenz belebt das Geschäft und andere Anbieter, die auch auf digitale Geschäftsmodelle setzen, haben ihre Berechtigung. Vieles kann parallel funktionieren. Das muss der Kunde entscheiden.
In Hamburg können sich Menschen über Ihre App mittlerweile ein Taxi teilen. Kann ich das bald auch in NRW machen?
Ich hoffe. Unser Bestreben ist schon, das Modell auch zeitnah nach Nordrhein-Westfalen zu bringen. Bedenken muss man dabei aber, dass in einem Ballungsgebiet wie dem Ruhrgebiet auch jede Gemeinde ihre eigene Taxi-Tarifordnung und ihr eigenes Konzessionsgebiet hat.
Da müssten sich also Dortmund und Essen erst einmal einig werden?
Was ja durchaus Sinn machen könnte. Aber bevor wir im Ruhrgebiet mit einem solchen Angebot wie Taxi-Sharing starten können, müssen wir bei jeder Gemeinde erst einmal vorsprechen und fragen, ob Taxi-Sharing in der in der jeweiligen Taxi-Tarifordnung erlaubt ist.
Wie beim Taxi-Monopol?
Die Branche ist massiv reguliert. Das hat Vor- und Nachteile. Der Gesetzgeber hat in den 60er-Jahren das Taxigewerbe als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr gesehen. Im Rahmen der Daseinsfürsorge. Daraus bestehen bestimmte Rechte ud Pflichten, wie die Bereitstellungspflicht oder die Beförderungspflicht. Im Zuge der Digitalisierung, angesichts neuer Mobilitätsalternativen, des Wettbewerbsdrucks kann man das natürlich grundsätzlich in Frage stellen. Aber dann muss man auch bereit sein, das in aller Tiefe zu diskutieren.
Und die Taxi-Preise?
Wir treten schon ein für Deregulierung. An bestimmten Punkten halte ich das für sinnvoll, weil ich die Gefahr sehe, dass die Branche, wenn sie an all den Dingen festhält, die vor 40 Jahren sicher richtig waren, überrollt wird. Neue Mobilitätsformen wie Carsharing, Bike-Sharing, der sich massiv entwickelnde Mietwagenmarkt - das sind alles Formen, die relativ unreguliert laufen.
Und alle sind bemüht, ein großes Stück vom "Mobilitätskuchen" abzubekommen.
Warum muss ein Taxi-Tarifsystem so starr sein? Warum darf es keine Angebote geben? Und warum kostet eine Fahrt in einer Mercedes S-Klasse genauso viel wie die in einem Dacia Logan?