Neue Abituraufgaben in NRW für Freitag Fragen und Antworten zum verspäteten Start

NRW-Schulministerin Feller steht nach Abi-Panne in der Kritik: Sie stellt sich der Öffentlichkeit
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Nach dem Fehlstart infolge einer Technikpanne sind die Abiturienten in Nordrhein-Westfalen am Donnerstag (20. April) mit einem Tag Verspätung in ihre schriftlichen Abschlussprüfungen gestartet. Für Freitag sollen aber sicherheitshalber neue Prüfungsaufgaben eingesetzt werden, wie die Behörde auf Twitter mitteilte. „Es liegen keinerlei Hinweise vor, dass aus dem Download für den ursprünglichen Prüfungstermin am Dienstag Aufgaben geleakt worden sind“, heißt es dort. Dennoch solle jedes Restrisiko ausgeschlossen werden.

Am Dienstag hatte das Herunterladen der ursprünglich für den Folgetag vorgesehenen Aufgaben nach Angaben des Ministeriums nur bei etwa jeder dritten von 900 Schulen geklappt. Rund 30 000 Abiturienten, die ihre Klausuren in den Fächern Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik infolgedessen erst am Freitag schreiben können, sind davon betroffen. Es war aber bekanntgeworden, dass einige Schulleiter die Aufgaben an benachbarte Schulen, bei denen der Download nicht geklappt hatte, übermittelt haben sollen. Bei einem Daten-Leck würde das Abitur juristisch anfechtbar. Bis Donnerstagnachmittag verlief das Herunterladen der Aufgaben für die Prüfungen an diesem Freitag nach Angaben des Ministeriums ohne Störungen.

Die Abi-Prüfungen in Kunst, Musik, Geografie, Erziehungswissenschaft, Geschichte, Sozialwissenschaften, Philosophie, Psychologie, Recht, Soziologie, Volkswirtschaftslehre, Religion und Sport begannen um 9.00 Uhr am Morgen. Eigentlich hätte das Abitur 2023 in NRW am Mittwoch mit Klausuren in mehreren naturwissenschaftlichen und technischen Fächern starten sollen. Nach massiven technischen Problemen hatte das Schulministerium die Prüfungen aber kurzfristig landesweit auf Freitag (21. April) verschoben.

Die meisten Schulen hatten die Aufgaben für das Zentralabitur nicht vom Server herunterladen können. Das Ministerium wies daraufhin, dass alle Schulen nun ab Donnerstagmittag die Klausuraufgaben für Freitag herunterladen müssten - auch die Schulen, die den Download trotz der Technikprobleme noch am Dienstag geschafft hätten. Der nächste reguläre Abi-Prüfungstag steht nach Angaben des Ministeriums dann an diesem Montag an. Dafür sollen die Aufgaben am Freitag heruntergeladen werden.

Abi-Panne in NRW: Fragen und Antworten

Schüler, Eltern, Lehrer und Opposition waren sauer: Am Mittwoch (19. April) sollten Zehntausende Abiturientinnen und Abiturientinnen eigentlich ihre Prüfungen ablegen. Doch einige Stunden vorher, am Vorabend, kommt die Absage aus dem Ministerium: Viele Schulen können die Klausuren nicht herunterladen. Was man über die Verschiebung und die Abi-Panne wissen muss.

Wer ist von der Panne betroffen?

Es geht um Klausuren in den Fächern Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik. Laut Schulministerium sind rund 30 000 der landesweit 72 000 Abiturientinnen und Abiturienten an etwa 900 Schulen davon betroffen.

Was bedeutet die Panne für die betroffenen Prüflinge?

Sie müssen die Prüfungen am Freitag statt am Mittwoch ablegen.

Warum ist die Verschiebung ein Problem?

„Die Stimmung ist natürlich wahnsinnig schlecht“, sagte Theo Blaesse aus dem Landesvorstand der Landesschüler*innenvertretung (LSV) NRW mit Blick auf die Betroffenen. Man werde im Schulsystem de facto dazu erzogen, auf den Punkt zu lernen. Alles sei auf einen Prüfungstag ausgerichtet, der schon lange feststehe. Die Verschiebung sei daher für viele eine mentale Belastung. „Ich schätze, dass man das hinterher auch an den Ergebnissen im Vergleich zu den Vorjahren sehen kann“, sagte er.

Hinzu kommt, dass die Betroffenen erst am Abend vor den geplanten Klausuren von der Verschiebung erfuhren. Das sei „ein starkes Stück“, kritisierte die Landeselternkonferenz NRW. Für Blaesse vom LSV wäre am Mittwoch die Physikklausur angestanden. Sein Fall steht wohl stellvertretend für viele Prüflinge: „Gut geschlafen hab ich diese Nacht nicht“, sagte er.

Herrschen am Freitag die gleichen Voraussetzung wie am Mittwoch?

Phil Robin Weber aus dem Landesvorstand der LSV bezeichnete den Ausweichtermin als „Katastrophe“. Für den Tag sind bundesweit Bahnstreiks angekündigt, außerdem beginnt an dem Tag das muslimische Zuckerfest. Wer an den Klausuren wegen des Zuckerfestes nicht teilnehmen könne, könne nachschreiben, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU).

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rechnet am Freitag wegen des Warnstreiks mit „erheblichen Einschränkungen“ im Fern- und Regionalverkehr. Dass Abiturienten damit juristisch argumentieren können, hält Christian Birnbaum, Anwalt und Experte für Schulrecht, aber für ausgeschlossen: „Ich weiß doch heute schon, dass am Freitag dieser Streik sein wird - dann muss ich mich darauf einstellen. Streik gilt in diesem Sinne als hinzunehmen.“

Ist die Verschiebung auf Freitag rechtssicher?

Möglichen Hoffnungen des ein oder anderen Prüflings, ein schlechtes Ergebnis wegen der Verschiebung hinterher juristisch anzufechten, erteilt Schulrechtsexperte Birnbaum eine Absage. Mit einer Argumentation, man habe am Freitag das Leistungsmaximum hinter sich gelassen, das man am Mittwoch noch erreicht hätte, wird demnach niemand durchkommen. „Jeden, der zu mir ins Büro kommen würde mit dem Argument, würde ich wieder nach Hause schicken“, sagte er.

Was fordern die Schülerinnen und Schüler?

Zu einer möglichen Forderung etwa nach einem Punkteausgleich hat der LSV laut Blaesse aus dem Landesvorstand noch keine klare Position. Man will demnach abwarten, wie stark der Leistungsabfall tatsächlich ist. Die Vertretung der Schülerinnen und Schüler kritisierte weiter den „Privatisierungswahn“ in der Landesregierung. Das Ministerium hätte rechtzeitig eine eigene Plattform etablieren und sich nicht auf externe Dienstleister verlassen müssen, so die Forderung. Außerdem wurde das zentralisierte Abitur kritisiert.

Wie kam es zu der Panne?

Der landesweite Download für die Schulen war am Dienstag vom Ministerium um 12.00 Uhr geöffnet worden. Viele Schulen konnten die Klausuren aber nicht oder nur teilweise herunterladen. Der Dienstleister zur Übermittlung der Aufgaben habe einen zweiten Server gehabt, sagte Feller am Mittwoch. Auch diese B-Lösung habe aber nicht funktioniert. Im Herbst sei der Download mit rund 300 Schulen reibungslos getestet worden.

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