Warum die Bundeswehr Marcel H. nicht wollte

Doppelmord-Prozess von Herne

Marcel H. wollte Berufssoldat werden. Doch die Bundeswehr lehnte ihn ab. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass diese Absage ein entscheidender Grund dafür ist, warum sich Marcel H. aus Herne dazu entschied, einem 9-jährigen Kind und seinem 22-jährigen Bekannten das Leben zu nehmen.

BOCHUM/HERNE

12.10.2017, 17:09 Uhr / Lesedauer: 2 min
Der Angeklagte Marcel H. neben seinem Anwalt Michael Emde.

Der Angeklagte Marcel H. neben seinem Anwalt Michael Emde.

Für die Bundeswehr war es eine gewöhnliche Absage - für Marcel H. möglicherweise der entscheidende Auslöser zum Morden? Im Prozess um den Doppelmord von Herne ist am Donnerstag bekannt geworden, warum Marcel H. keine Perspektive als Berufssoldat hatte: Für einen Bundeswehr-Prüfer war er charakterlich völlig ungeeignet.

Mehr als 500 Fehlstunden in den letzten Schuljahren: Das war letztlich das entscheidende K.O.-Kriterium für die von Marcel H. angestrebte Soldaten-Karriere. „Wenn jemand mit 19 Jahren bisher nur dadurch aufgefallen ist, dass er so gut wie nie zur Schule geht“, sagte ein Oberstleutnant (56) vom Karrierecenter in Düsseldorf als Zeuge vor dem Bochumer Landgericht, dann fehle dieser Person schlicht und einfach jegliche „soldatische Eignung“.

Offizier erkannte Marcel H. auf Fahndungsfoto

Als der Offizier im März das Fahndungsbild von Marcel H. in den Medien entdeckt hatte, hatte er kaum seinen Augen getraut. „Den habe ich erst vor kurzem geprüft“, rief er nach eigenen Angaben seiner Frau zu. Die Erinnerungen an den kahlrasierten, schlanken jungen Mann mit der Brille waren noch sehr frisch.

Konkret hatte sich der seit wenigen Tagen 20 Jahre alte Marcel H. Anfang des Jahres für die Unteroffizierslaufbahn im Sanitätsdienst, alternativ habe er sich aber auch eine Stelle in der Massenvernichtungswaffen-Abwehr sowie in der elektronischen Kampfführung vorstellen können. Unterm Strich, so der Oberstleutnant als Zeuge, sei H. jedoch eindeutig durchgefallen. Viel zu unzuverlässig, lautete das Fazit des Prüfers.

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Obendrein habe Marcel H. ihm auch viel zu viel rumgedruckst und sich vor allem auf dem Papier viel verquarzt ausgedrückt. Die Frage nach seinen Ambitionen, sich bei der Bundeswehr zu bewerben, habe Marcel H. wörtlich so beantwortet: „Um ein vernünftiger Mann zu werden. Und Disziplin zu lernen.“ Auf die Job-Absage, so erinnerte sich der Prüfer, habe Marcel H. im wahrsten Sinnen des Wortes schlagartig den Kopf hängen lassen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Berufs-Aus bei der Bundeswehr einer der Gründe war, warum der 20-Jährige nur wenige Wochen später zum Mörder geworden ist. „Kein Bock mehr. Ich will nicht arbeiten. Ja, ich müsste bald Bewerbungen schreiben, aber (...) ne (...)“, hatte es in einer kurz nach der Tötung des kleinen Jaden im Internet verbreiteten Sprachnachricht von Marcel H. geheißen.

Marcel H. wollte Christophers Leiche offenbar in Brand stecken

Im Prozess war am Donnerstag zudem bekannt geworden, dass Marcel H. im Fall des zweiten Opfers Christophers offenbar sogar versucht hatte, die Leiche zu verbrennen. Ein Brandsachverständiger bestätigte, dass einer von zwei Brandherden unmittelbar an den Füßen der Leiche von Christopher lag.

Marcel H. hat über seinen Verteidiger bereits gestanden, am 6. März den neunjährigen Nachbarjungen Jaden und tags darauf seinen Ex-Schulfreund Christopher umgebracht zu haben. Der Prozess wird fortgesetzt. 

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