Warmwasserdrosselung ohne Zustimmung: Ist das zulässig?
Fall in Sachsen
In Sachsen hat eine Wohnungsgenossenschaft die Warmwasserzufuhr für rund 600 Wohnungen zeitlich eingeschränkt – um die Energiekosten im Zaum zu halten. Ist das zulässig?
Die Meldung, die Anfang der Woche kam, versetzte viele ins Staunen: Die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) hat die Versorgung mit Warmwasser in rund 600 Wohnungen reduziert. Sie begründete das mit den drastisch gestiegenen Energiepreisen. Deswegen sei warmes Wasser nicht mehr rund um die Uhr, sondern nur noch zeitweise verfügbar. Zudem werde die Heizung bis September nicht mehr angedreht.
Der Deutsche Mieterbund betonte, eine solche Einschränkung sei nur möglich, wenn alle Mietparteien in einem Haus ausdrücklich zustimmen würden. „Ansonsten ist das rechtlich unzulässig“, sagte Sprecherin Jutta Hartmann dem RND. „Der Vermieter ist verpflichtet, den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung zu gewährleisten. Und dazu gehört eben auch die Warmwasserversorgung – und zwar rund um die Uhr, dass man auch in der Nacht warm duschen können muss.“
GdW: „Kein übertragbares Modell“
Das räumte auch der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ein. GdW-Präsident Axel Gedaschko erklärte dem RND zu dem Fall in Sachsen, für die Einsparung von Energie müssten „individuelle Lösungen“ gefunden werden. Bei der betreffenden Wohnungsgenossenschaft handele es sich „um eine Nutzergemeinschaft, die das Einsparen nach Angaben der Genossenschaft befürworten“. Dieses Modell lasse sich aber nicht auf andere Wohnungsunternehmen übertragen.
Liege keine Zustimmung aller Mieterinnen und Mieter vor, dann handele es sich um einen Mangel an der Wohnung, sagte Mieterbund-Sprecherin Hartmann – „und da haben die Mieterinnen und Mieter ihre Mangelrechte“. Dazu gehöre in erster Linie die Mietminderung. Sie riet Betroffenen, dem Vermieter oder der Vermieterin zu sagen, dass sie damit nicht einverstanden sind und er das Warmwasser wieder anstellen solle, auch nachts. „Und wenn der Vermieter nicht reagiert, kann man die Miete mindern. Das kann man sofort, dafür muss man nicht warten“, sagte die Sprecherin des Mieterbundes.
Mietminderung nicht zu hoch ansetzen
Dabei sei es immer ratsam, sich an Urteilen zu orientieren – in diesem Fall zur Mietminderung bei mangelhafter Warmwasserversorgung. So gebe es beispielsweise ein Urteil des Amtsgerichts Köln, das eine Mietminderung von 7,5 Prozent als berechtigt erachtete. „Das kann man dann schon machen, dass man das einbehält“, so Hartmann. Um bei der Höhe der Mietminderung richtigzuliegen, sollte man sich im Zweifelsfall Rat und Hilfe bei einem Mieterverein oder bei einem Anwalt holen.
Denn wenn man sich verschätze und mehr als eine Monatsmiete in den Rückstand gerate, drohe eine Kündigung, erklärte die Sprecherin. „Die Mieter sollten jetzt nicht, weil sie so sauer sind, direkt 80 Prozent der Miete oder so einbehalten. Da könnten sie dann wirklich Probleme bekommen.“
„Erziehungseffekt“ vermutet
Der Mieterbund rechnet nicht damit, dass andere Vermieterinnen oder Vermieter ähnliche Schritte ergreifen könnten wie die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde. Darauf gebe es bisher keine Hinweise, so Hartmann. „Offenbar denkt der Vermieter, dass er damit eine Art Erziehungseffekt erreichen kann“, sagte sie. Doch bei den meisten Menschen bestehe bereits ein Bewusstsein dafür, Energie zu sparen und nicht stundenlang das heiße Wasser laufen zu lassen. „Man muss die Kosten ja auch eins zu eins bezahlen“, so Hartmann.
„Deswegen ist es für den Mieter im ureigensten Interesse, dass er Energie spart und dann eben auch sein Duschverhalten anpasst.“ Es sei natürlich möglich, dass der Vermieter oder die Vermieterin ein Infoblatt ins Treppenhaus hängt, wie man seine Energie reduzieren kann, sagte die Mieterbund-Sprecherin. „Aber das muss alles freiwillig gehen. Der Vermieter kann dem Mieter nicht vorgeben, wann er warm zu duschen hat und wann nicht.“
Großer Beratungsbedarf beim Thema Nebenkostenabrechnung
Beim Thema Nebenkosten gebe es beim Mieterbund seit Jahren ohnehin den größten Beratungsbedarf – auch schon vor der aktuellen Energiekrise, sagte Hartmann. „Das ist ein Thema, das die Leute umtreibt. Es ist ja im Moment einfach auch sehr, sehr unsicher.“ Der Mieterbund habe die wichtigsten Fragen und Antworten zu den gestiegenen Energiepreisen zusammengefasst, so die Sprecherin des Mieterbundes. Wer mit finanziellen Problemen rechne, solle möglichst frühzeitig mit dem Vermieter oder der Vermieterin sprechen und etwa um mehr Zeit bitten, Nachzahlungen „abzustottern“.
Besser selbst zurücklegen, als Vorauszahlung erhöhen
Sollte der Vermieter oder die Vermieterin wegen der gestiegenen Kosten höhere Vorauszahlungen vorschlagen, könne man durchaus überlegen, dem zuzustimmen – es sei jedoch immer besser, selbst Geld zurückzulegen, so Hartmann. „Denn dann hat man es selbst in der Hand. Wenn ich die Vorauszahlung doch nicht leisten kann, weil ich mich finanziell übernommen habe, dann könnte das theoretisch auch zu einer Kündigung des Mietverhältnisses führen.“ Und man vermeide Streitigkeiten bei der Rückzahlung eines eventuellen Guthabens, das durch hohe Vorauszahlungen entstehen könnte.
In manchen Fällen könnten auch staatliche Leistungen helfen, etwa Wohngeld oder Heizkostenzuschüsse. „Aber das ist ja auch gerade noch in der Entwicklung“, sagte Hartmann. Es sei auf jeden Fall ratsam, sich darüber beim Mieterverein oder beim Sozial- oder Wohngeldamt zu informieren.
Der Artikel "Warmwasserdrosselung ohne Zustimmung: Ist das zulässig?" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.