Landtagswahl 2022 in NRW: Darüber diskutierten die Spitzenkandidaten in der „Wahlarena“

NRW-Landtagswahl

Am 15. Mai ist Landtagswahl in NRW. In der WDR-“Wahlarena“ ging es um Verkehr, Corona-Maßnahmen, Energiesicherheit und Mietpreisbremse. In vielen Punkten gab es deutliche Unterschiede.

Düsseldorf

04.05.2022, 06:11 Uhr / Lesedauer: 4 min
Thomas Kutschaty (SPD), Mona Neubaur (Grüne), Hendrik Wüst (CDU), Joachim Stamp (FDP) und Markus Wagner (AFD; v.l.n.r.) in der WDR-Live-Sendung "Wahlarena".

Thomas Kutschaty (SPD), Mona Neubaur (Grüne), Hendrik Wüst (CDU), Joachim Stamp (FDP) und Markus Wagner (AFD; v.l.n.r.) in der WDR-Live-Sendung "Wahlarena". © Rolf Vennenbernd/dpa

Am 15. Mai ist Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Am Dienstag, 3. Mai, diskutierten die Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Grünen, FDP und AFD in der WDR-Live-Sendung „Wahlarena“. Themenschwerpunkte waren Verkehr, die Corona-Pandemie, Energiesicherheit sowie die Mietpreisbremse. Unterschiede zwischen der aktuellen Regierungskonstellation von CDU und FDP sowie den Oppositionsparteien SPD und Grünen kamen dabei immer wieder deutlich zu Tage.

Mietpreisbremse

So wollen SPD und Grüne im Falle einer Regierungsübernahme in Nordrhein-Westfalen die Mietpreisbremse verlängern. SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty sprach sich in der „Wahlarena“ auch für eine Ausweitung auf mehr Kommunen aus. Nur 18 von den fast 400 Kommunen in NRW hätten eine Mietpreisbremse. Sogar in Bayern hätten mehr als 160 Gemeinden dieses Instrument zur Begrenzung von Mietpreissteigerungen, sagte der SPD-Landeschef. Grünen-Landeschefin Mona Neubaur forderte eine „überarbeitete“ Mietpreisbremse.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hielt sich bei der Frage dagegen bedeckt. Die Mietpreisbremse müsse „überflüssig durch bezahlbaren Wohnraum“ gemacht werden, sagte der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 15. Mai. Der richtig Weg sei es, Wohnungen zu bauen.

Thomas Kutschaty (SPD) und Mona Neubaur (Grüne) wollen im Falle einer Regierungsübernahme in NRW die Mietpreisbremse verlängern. Ministerpräsident Hendrik Wüst hält sich bei der Frage bedeckt.

Thomas Kutschaty (SPD) und Mona Neubaur (Grüne) wollen im Falle einer Regierungsübernahme in NRW die Mietpreisbremse verlängern. Ministerpräsident Hendrik Wüst hält sich bei der Frage bedeckt. © Rolf Vennenbernd/dpa

Auch FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp sagte: „Wenn wir wirklich Mieten senken wollen, müssen wir insgesamt mehr bauen.“ Der Landesfamilienminister schlug vor, Star-Architekten nach NRW einzuladen, die qualitativ und nachhaltig „in die Höhe bauen“ sollten. Es solle aber am Ende nicht aussehen wie in Berlin-Marzahn. Die Mietpreisbremse sollte Stamp zufolge überprüft werden. Wo sie nicht sinnvoll sei, solle sie wegfallen.

AfD-Spitzenkandidat Markus Wagner ist gegen eine Mietpreisbremse. Das Instrument war 2015 von Rot-Grün in NRW eingeführt worden.

Corona-Maßnahmen

Dass das Land sind auf eine neue Corona-Welle im Herbst vorbereiten muss, darin waren sich die Spitzenkandidaten der Parteien einig. Bei den Maßnahmen zur Verhinderung neuer Schulschließungen sind die Parteien aber unterschiedlicher Meinung. Die Schulen müssten endlich Luftfilter-Anlagen bekommen, sagte SPD-Landeschef Kutschaty. Die Schulen sollten auch ausreichend Corona-Tests zur Verfügung bekommen. Überhaupt müssten die Schulen neben Polizei, Krankenhäuser und Feuerwehr zur kritischen Infrastruktur gezählt werden.

Grünen-Landeschefin Neubaur forderte ein Abwassermonitoring in Städten und noch vor den Sommerferien einen Runden Tisch von Kommunen, Ministerien und Wissenschaftlern. Ministerpräsident Wüst (CDU) sagte, man dürfe nicht unvorbereitet „in den dritten pandemischen Winter“ gehen. Die Schulen müssten vor allem besser in der Digitalisierung werden.

FDP-Spitzenkandidat Stamp (FDP) sagte, dass Bundestag und Bundesrat „innerhalb einer Woche sämtliche Maßnahmen wieder einführen“ könnten. Auf eine mögliche neue Corona-Welle seien aber auch die Ministerien in NRW schon „konzeptionell vorbereitet“. „Aber wir gehen davon aus, dass es zu einer Normalisierung jetzt kommt wie bei anderen Virus-Erkrankungen über einen längeren Zeitraum auch.“

Wüst schlug vor, auch freiwillig könnten weiter Masken getragen werden. Dies stieß auf energischen Widerspruch bei AfD-Fraktionschef Wagner. Es müsse endlich Schluss „mit dem Unsinn“ gemacht werden, Kinder hinter Masken „wegzusperren“.

Verkehr

Ein Streitpunkt bei der Diskussion war die Sanierung der vielen maroden Autobahnbrücken in NRW. Grünen-Spitzenkandidatin Neubaur sprach sich für eine stärkere Priorisierung der vielen Projekte aus. Die seit Monaten komplett gesperrte Rahmede-Talbrücke auf der A45 bei Lüdenscheid sei ein „Symbol dafür, dass wir priorisieren müssen“, sagte sie. „Sanieren vor Neubau, das ist die Lösung.“

Dafür müsse man laut Neubaur womöglich andere, weniger wichtige Projekte wie den Bau von Umgehungsstraßen zurückstellen. NRW-Ministerpräsident Wüst fiel Neubaur bei dem Thema ins Wort. „Die Rahmede-Talbrücke wird nicht schneller fertig, wenn irgendwo einen Umgehungsstraße nicht gebaut wird“, sagte Wüst. Weil es für diese Projekte ganz unterschiedliche Zuständigkeiten gebe. Das eine (die Autobahn) sei eine Sache des Bundes, die Bundesstraßen seien Länderangelegenheit.

Nach bisherigem Stand soll die Rahmede-Talbrücke neu gebaut werden. SPD-Spitzenkandidat Kutschaty sprach sich ebenfalls dafür aus, die Rahmede-Talbrücke zu sanieren, damit die wichtige Nord-Süd-Achse schnell wieder befahrbar ist. Ein Neubau der Brücke dauere zu lange. Für die Sanierung der vielen maroden Brücken müsse man „mehr Geld in die Hand nehmen“.

Insgesamt gelten in NRW rund 60 Brücken als sanierungsbedürftig. Familienminister Stamp (FDP) betonte, dass es für den Neubau der Rahmede-Talbrücke „kein neues Genehmigungsverfahren“ geben dürfe, um den Bau möglichst schnell voranzutreiben.

Einig waren sich alle Kandidaten, dass der ÖPNV in NRW weiter ausgebaut werden müsse. AfD-Spitzenkandidat Wagner meinte, der ÖPNV müsse erstmal „attraktiver werden. „Wir brauchen eine bessere Anbindung und Taktung.“

Wüst will erreichen, dass alle Orte mit mehr als 20.000 Einwohner eine Schnellbus- oder Schienenverbindung bekommen. Kutschaty sprach sich vor allem für eine bessere Anbindung der ländlichen Gebiete aus. „Auch die Menschen im ländlichen Raum haben Anspruch auf öffentlichen Nahverkehr“, sagte der Herausforderer von Wüst, der sich bei der Landtagswahl in zwölf Tagen Umfragen zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Amtsinhaber Wüst liefern dürfte. Laut Kutschaty könne man mehr „Busse auf Abruf“ organisieren. Das sei relativ schnell zu machen. Dazu gebe es schon viele Initiativen im Land wie die Bürgerbusse in einigen Kommunen.

Energiesicherheit

Laut Ministerpräsident Wüst kann NRW noch längere Zeit nicht auf Gas verzichten. „Wir werden auch in Zukunft Gas brauchen, nicht zuletzt für die Industrie“, sagte der CDU-Spitzenkandidat. Alle seien sich dabei aber einig, dass Deutschland infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine unabhängig von russischen Energielieferungen werden müsse. „Es geht aber nicht sofort ohne Gas.“ Als Ersatz müssten etwa Flüssiggasterminals an der Nordseeküste gebaut werden. NRW setze zudem aus Lieferungen aus Belgien und den Niederlanden.

FDP-Spitzenkandidat Stamp sprach sich wie auch Wüst und die Kandidaten von SPD und Grünen für einen vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030 aus. Auf Bundesebene solle dabei geprüft werden, ob die Laufzeit der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke als „Brückentechnologie“ verlängert werden könne, sagte der Familienminister. Dies dürfte auf Widerstand vor allem der Grünen treffen.

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Neubaur machte sich für eine schnellstmögliche Unabhängigkeit von russischen Energieträgern stark. Für eine „Sicherheitszeit“ von ein bis drei Jahren solle bei der Stromerzeugung „Gas herausgenommen“ und Kohle verwendet werden. Zugleich sei aber ein „Booster“ bei den erneuerbaren Energien notwendig.

Kutschaty (SPD) verwies darauf, dass der Kohleausstieg „idealerweise“ bis 2030 vorgezogen werden solle. „Wir brauchen Kohle noch eine kleine Weile sicherlich“, sagte Kutschaty. „Für mich steht fest, ich werde nicht das letzte Braunkohlekraftwerk unwiederbringlich schließen, wenn gleich nebenan die chemische Industrie keine Medikamente mehr produzieren kann.“

AfD-Fraktionschef Wagner sprach sich gegen ein Gas- und Ölembargo gegen Russland aus. Die anderen vier Kandidaten von CDU, SPD, Grünen und FDP hoben dagegen bei der Eingangsfrage der Moderatoren, ob sie ein Ölembargo gegen Russland unterstützen, ihre Daumen.

dpa

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" Thomas Kutschaty, SPD-Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, gibt eine Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen seiner Partei.

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