VRR will Tarife handytauglicher machen

Neue Ticket-Automaten geplant

Bus- und Bahnfahren soll handytauglicher werden: Ab Sommer 2017 startet der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr das Experiment "eTarif" für das Smartphone. Bei diesem checkt man mit seinem Handy bei Fahrtantritt ein und bei Beendigung aus - der Fahrpreis wird direkt abgebucht. Der Verkehrsverbund hat aber noch mehr geplant.

GELSENKIRCHEN

, 02.03.2017, 07:12 Uhr / Lesedauer: 3 min
Der VRR will sein Angebot einfacher, einheitlicher und digitaler machen.

Der VRR will sein Angebot einfacher, einheitlicher und digitaler machen.

Der VRR will den Tarifdschungel für Fahrten in Bussen und Bahnen weiter lichten. Aus den derzeit 130 unterschiedlichen Geltungsbereichen sollen höchstens 30 werden, erklärte VRR-Vorstand José Luis Castrillo am Mittwoch.

So sollen in der Preisstufe C nur noch wenige großräumige Regionen angeboten werden. Die Preisstufen D und E sind bereits zusammengelegt worden. Auch das in Preisstufen unterteilte Young-Ticket soll zum 1. August einem einheitlichen Azubi-Ticket weichen, kündigte Castrillo in Gelsenkirchen an.

Nutzerfreundlichere Automaten

Die Pläne des VRR sehen ab Ende 2019 auch nutzerfreundlichere Kassenautomaten vor. Größtenteils „mit drei Klicks“ sollen Reisende zu ihrem Ticket kommen, ist VRR-Vorstand Martin Husmann überzeugt. Noch bis Dezember 2019 erbringt die Deutsche Bahn den Vertrieb für den gesamten Schienenpersonenverkehr im VRR, mit Ausnahme der Linie 28. Die Automaten sollen in Zukunft von der Transdev gestellt werden. Sie sollen deutlich besser ausgestattet sein, über zusätzliche Fahrgastinformationssysteme und eine optimierte Menüstruktur verfügen, sagte VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann. Außerdem soll das Bezahlen mit Kreditkarte künftig möglich sein. An größeren Bahnhofen und Haltestellen werde es neben den Automaten auch künftig Service-Mitarbeiter vor Ort geben, an die sich die Fahrgäste wenden können. Es wird außerdem über Videoautomaten nachgedacht, über die sich die Fahrgäste per Live-Schalte direkt an einen Mitarbeiter wenden können. 

3000 Teilnehmer an Testphase

Die Testphase für den "eTarif", an dem etwa 3000 Probanden teilnehmen, wird laut VRR bis Sommer 2018 dauern. Anschließend werde dann entschieden, ob dieser Tarif flächendeckend eingeführt wird. Damit wolle man neue Fahrgäste gewinnen und für die bestehenden Kunden Anreize für eine intensivere Nutzung schaffen, so Castrillo weiter. 

Man habe zwar die Ticketeinnahmen 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Prozent auf 1,24 Milliarden steigern können, sagte Castrillo, sehe allerdings eine gewisse Stagnation bei den Gelegenheitskunden. Ihr Anteil an den Einnahmen lag im vergangenen Jahr bei 24 Prozent und verzeichnete damit nur einen Zuwachs von 2,7 Prozent. Einer aktuellen ADAC-Umfrage zufolge hat der öffentliche Nahverkehr in Deutschland ein großes ungenutztes Potenzial an neuen Kunden. Bis zu 1,4 Millionen Menschen können sich vorstellen, künftig diesen Verkehrsweg vorzuziehen, wie der ADAC in einer Studie errechnete. Die wichtigsten Bedingungen für einen Umstieg: günstigere Fahrpreise, ein verständlicheres Tarifsortiment sowie schnellere Verbindungen. Spielraum für Tarifsenkungen sieht VRR-Vorstand Castrillo hingegen nicht.

Das größte Ärgernis gerade für Pendler, verspätete oder ausgefallene Busse und Bahnen, bleibt beim VRR weiter Dauerthema. Die Pünktlichkeit habe sich 2016 verbessert, sagte VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann rückblickend, aber „die infrastrukturellen Probleme werden uns noch die nächsten 15 Jahre beschäftigen“. Die Verantwortung dafür gab er der Deutschen Bahn. Dort sei nicht genug investiert worden. „Traurig ist, dass wir neue Fahrzeuge haben, die Infrastruktur aber nicht so mitspielt“, klagte Husmann. Seit Langem kritisiert der VRR-Chef außerdem den Vorrang des Fernverkehrs vor dem Nahverkehr im Schienennetz der Bahn. Im Ruhrkorridor Hamm über Dortmund zum Beispiel käme der Fernzug nicht schneller durch als ein Regionalexpress und könne so keinen Geschwindigkeitsvorteil herausfahren, um die Verspätung aufzuholen. Zudem liefe die Bauplanung der Deutschen Bahn ungenügend. „Wir brauchen eine rechtzeitige Ansage und eine verlässliche Durchführung“, forderte Husmann.

Schlusslicht DB Regio

Er ging auch auf die in jüngster Zeit massiven Probleme beim Eurobahn-Unternehmen Keolis ein. Der Anbieter müsse „monatlich belegen, was er an Maßnahmen unternimmt, um die Qualität wiederherzustellen“. Durch zu wenig Zugpersonal und Krankheitsfälle waren Ende 2016 viele Züge ausgefallen. Am zufriedensten mit der Pünktlichkeit sind Abellio-Kunden, die die Glückauf-Bahn zwischen Bochum und Gelsenkirchen betreibt. Schlusslicht ist die DB Regio. Der traditionelle VRR-Partner verliert in den nächsten Jahren deutlich an Gewicht in dem Verbund. Bis 2021 wird die Bahn nicht einmal mehr halb so viele Züge stellen wie bisher. Den größten Marktanteil werden dann sechs private Anbieter wie etwa die private Firma Abellio haben. „Die DB hat es in den vergangenen 15 Jahren versäumt, sich intensiv auf Wettbewerb einzustellen“, so Husmann.

Für 2017 plant der VRR unter anderem, die bisherige Regionalbahn 35 auszuweiten: Ab dem 6. April soll sie die Fahrgäste als Regionalexpress 19 von Düsseldorf bis ins niederländische Arnheim bringen. Auch beim jährlich vorgelegten Stationsbericht zeigte sich der VRR-Vorstand zufriedener als vergangenes Jahr. Das Erscheinungsbild der Haltestellen habe sich verbessert. „154 Stationen verfügen inzwischen über ein akzeptables Erscheinungsbild, das sind 21 mehr als noch im Vorjahr“, berichtete Husmann. „In 2015 waren noch 53 Bahnhöfe in einem inakzeptablen Zustand, 2016 sind es nur noch 39.“ 

Im VRR koordinieren 16 Städte und sieben Kreise ihren öffentlichen Nahverkehr.

mit Material von dpa