Vorrang für Fernverkehr: Bahn und VRR suchen Lösung
Nach Kritik
Immer wieder kommt es im Nahverkehr in NRW zu Verspätungen, weil eine Regelung aus Dampflokzeiten immer noch gilt: Der Fernverkehr hat Vorrang vor dem Nahverkehr. Nun wollen der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) und die Bahn eine Lösung finden.

Vorrang von Fernverkehr vor Nahverkehr? VRR und die Bahn haben ein Gespräch über das Thema vereinbart.
Fernverkehr vor Nahverkehr. Früher machte das mal Sinn, mittlerweile aber sind beide Sparten auf den Schienen im Land gleich schnell unterwegs, nämlich mit rund 160 km/h abseits der Schnellbaustrecken. VRR-Chef Martin Husmann hatte deshalb im Gespräch mit unserer Redaktion gefragt: Warum müssen Tausende Pendler um die pünktliche Ankunft an ihrem Arbeitsplatz bangen, nur weil ein Urlauberzug nach Norddeich Mole Vorrang bekommt?
Nach der massiven Kritik von Husmann kommt nun offenbar Bewegung in das Thema: „Wir haben noch im Dezember einen Gesprächstermin mit dem Verkehrsverbund Rhein Ruhr zu diesem Thema vereinbart“, sagte am Dienstag der neue NRW-Konzernbevollmächtigte der Bahn Werner Lübberink in Düsseldorf.
Bewegung kommt in die Sache
Husmann hatte zahlreiche Verspätungen von Nahverkehrszügen in NRW darauf zurückgeführt, dass diese für vorrangige ICE oder IC halten müssten oder auf Nebengleise geführt würden. Dies ist zum Beispiel auf der eingleisigen Bahnstrecke von Dortmund nach Münster über Lünen ein Problem. Auch sie soll offenbar Thema des Gespräches sein: „Es wird immer Züge geben, die Vorrang haben müssen, beispielsweise wenn sie den Frankfurter Flughafen ansteuern“, so Lübberink.
Dies gelte aber nicht für alle Verbindungen, sodass man sich kundenorientierte Lösungen vorstellen könne. Der VRR bestätigte die Verabredung: „Wir sind froh, dass jetzt Bewegung in die Sache kommt“, so eine Sprecherin. Thema soll auch das Baustellenmanagement der kommenden Jahre im Land sein. Auch hier hatte Husmann die Bahn für geplante Streckensperrungen kritisiert: „Wir werden uns auch diesen Bereich gemeinschaftlich noch einmal vornehmen“, versprach Lübberink.
Milliarden sollen investiert werden
Die Bahn will im kommenden Jahr verstärkt am Thema Pünktlichkeit und Service arbeiten. Rund 4,5 Milliarden Euro fließen bis 2020 für Investitionen nach NRW. Rund 1100 der verkehrsrelevanten 5000 Weichen im Land sind bereits mit dem Warnsystem „Diana“ ausgestattet worden, das Störungen bereits in der Entstehungsphase meldet, sodass Weichen nicht erst stillgelegt werden müssen.
Auch das Thema defekte Aufzüge hat man sich vorgenommen. 320 der 700 Aufzüge sind ebenfalls mit einem Frühwarnsystem ausgestattet worden, das bei Problemen sofort Alarm schlägt. Nächstes Jahr sollen es 500 werden. Ziel sei es, so Lübberink, dass jederzeit rund 95 Prozent der Aufzüge in den Stationen funktionierten. Trotz des immer weiter zunehmenden Vandalismus. Damit die Abläufe an den Bahnsteigen vor allem im Fernverkehr der großen Knotenpunkte Dortmund und Köln besser funktionieren, sind seit einigen Monaten so genannte „Knoten-Koordinatoren“ damit beschäftigt, nach Ursachen für Dauerverspätungen zu suchen.
Sie seien, so Bahnsprecherin Kirsten Verbeek, auch schon in mehreren Fällen fündig geworden. „Manchmal liegt es einfach daran, dass ein abfahrender Zug regelmäßig an einer Kreuzung von einem anderen blockiert wird. Solche Dinge können wir nun abstellen.“ Detektivarbeiten dieser Art sollen ab sofort auch sogenannte „PlanIst-Teams“ leisten, die in diesen Tagen ihre Arbeit aufgenommen haben. Das bundesweit einmalige Pilotprojekt mit sieben Bahnangestellten wird sich die Fernverkehrslinien im Land generell vornehmen und Zeit ausschließlich in die Untersuchung von Schwachstellen bei Verkehrsabläufen investieren. Derzeit liegt die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr bei rund 75 Prozent in NRW und damit zwei Prozent unter der Zahl für den Bund. Ziel sind 85 Prozent. Im Nahverkehr sind es knapp über 90 Prozent, im S-Bahn-Verkehr 95 Prozent.