Von Monstern der Vergangenheit Constanza Macras` „The Visitors“ bei der Ruhrtriennale

Von Monstern der Vergangenheit
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Lautstark bejubelt wurde am Samstag die Ruhrtriennale-Premiere „The Visitors“ in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord. Zu Recht, denn 15 junge und jüngste Tänzer aus Südafrika zeigten darin zusammen mit vier Profis aus der Compagnie Dorky Park von Constanza Macras mitreißende Gruppenchoreografien, gespickt mit spektakulären, athletischen Soli.

Die titelgebenden „Besucher“ waren dabei keineswegs freundlich, sondern vielmehr unliebsam und gewalttätig. In einer zentralen Szene tauchten sie wie im Horrorgenre des Slasherfilms als maskierte, mit Messern bewaffnete Killer auf, die es auf junge Frauen abgesehen haben.

Postkoloniale Strukturen

Die Verfolgung der zahlreichen Opfer fand zwischen beweglichen Spiegelwänden statt, und wie in den Filmen blieb am Ende eine Frau als Rächerin übrig. Obwohl diese die Täter mehrfach zur Strecke brachte, lebten jene dennoch als Untote weiter.

Dem „Gruselfilmschwachsinn“, als der er in einem kurzen Bühnendialog entlarvt wurde, stellte Constanza Macras die südafrikanische Realität gegenüber, in der sich postkoloniale Strukturen bewahrt haben und somit sehr reale „Monster der Vergangenheit“ ihr Unwesen treiben.

Happy End

In einer Szene forderte eine junge Tänzerin von Ausreisewilligen immer abstrusere Dokumente. Der Popsong „Hello“ von Adele wurde neutextiert zum Lied der Bürokratie, die sich dafür entschuldigt, dass sie das Land gestohlen habe und immer noch in Stücke reißen müsse.

Weitere Auftritte hatten die Korruption und Herr Schmiergeld. Schließlich artete das Ganze in allgemeinen Kannibalismus aus, wobei brachial noch ein Happy End drangehängt wurde.

Unnötig viel Text

Als einzig störend erwies sich die Textlastigkeit des Abends. Unnötig war etwa zu Beginn die Rezitation der Kurzgeschichte „Das besetzte Haus“ von Julio Cortázar.

Wo es für alle englischen Texte deutsche Übertitel gab, hätte man allerdings auch gern gewusst, was die gesprochenen und gesungenen afrikanischen Passagen wie der kraftvolle Schlusschor bedeuten. Diese blieben aber leider unübersetzt.

Termine: 13. /14. 9.2023; Karten: Tel. (0221) 28 02 10.

www.ruhrtriennale.de

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