Von Ausgangssperren bis Schulschließungen: Diese Auflagen sieht das Infektionsschutzgesetz vor
Bundesregierung
Die Bundesregierung möchte das Infektionsschutzgesetz reformieren. Dabei möchte es teilweise bundesweit einheitliches Vorgehen in der Corona-Pandemie ermöglichen. Das sind die Pläne.

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Um die dritte Corona-Welle in Deutschland zu brechen, wollen Bund und Länder bundesweit einheitliche Regeln einführen. Dazu soll das Infektionsschutzgesetz im Schnellverfahren nachgeschärft werden.
Der Grund laut dem Gesetzentwurf: „Festzustellen ist gegenwärtig eine bundesuneinheitliche Auslegung der gemeinsam von den Ländern in der regelmäßig stattfindenden Ministerpräsidentenkonferenz beschlossenen Maßnahmen.“
So entstehe eine „Lücke im Schutz vor weiteren Infektionen mit Covid-19″, die durch das Gesetz geschlossen werden solle“, wie es in einem Referentenentwurf aus dem Bundesinnenministerium (BMI) vom Freitagnachmittag heißt.
Fraktionen prüfen Regierungsentwurf
Ein erster abgestimmter Gesetzentwurf soll bereits an diesem Samstag fertig werden. Die „Formulierungshilfe der Bundesregierung an die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD“ soll nach RND-Informationen an diesem Samstag durch die Fraktionschefs sowie die Landesregierungen überarbeitet und ergänzt werden.
Am Dienstag soll das Bundeskabinett in einer eigens vorgezogenen Sitzung die Reform beschließen, danach Bundestag und schließlich Bundesrat – über dessen Zustimmungspflicht es aber verschiedene Auffassungen gibt. Das Gesetzgebungsverfahren insgesamt könnte bis zu zwei Wochen dauern, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, am Freitagabend im ZDF.
Verschärfungen gelten ausschließlich für Corona
Grundsätzlich sollen die Auflagen denen gleichen, die Bund und Länder bei ihren Corona-Gipfeln beschlossen hatten. Der entscheidende Unterschied: Die Länder können nicht abweichen, keine Ausnahmen oder eigenen Regeln erlassen, sondern sind automatisch und gesetzlich verpflichtet, klar benannte Maßnahmen zu ergreifen, sobald in einem ihrer Landkreise drei Tage nacheinander „eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 pro 100.000 Einwohner“ erreicht ist, wie es im Entwurf des BMI heißt. Unterhalb dieser Grenze bleiben die Länder autonom.
Aus dem Entwurf geht zudem klar hervor, dass das Gesetz ausschließlich für eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ gilt, die durch Covid-19 und das Sars-Cov-2-Virus ausgelöst wurde. Für die Corona-Epidemie hat der Bundestag diese bereits erklärt. Für andere Infektionswellen würde das Gesetz laut aktuellen Entwurf nicht gelten.
Notbremse soll MPK-Beschluss entsprechen
Zentrale Aussage des Gesetzes ist, dass „eine bundesweit verbindliche Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 eingeführt“ wird. Wenn bestehende Auflagen des jeweiligen Landes strenger sind, gelten diese allerdings fort.
„Diese sogenannte Notbremse ist bereits angelegt in dem Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 3. März 2021″, heißt es im Entwurf weiter. Allerdings sind einige der debattierten Auflagen deutlich schärfer als diese Vereinbarungen.
Zudem soll die Bundesregierung die Macht erhalten, zur einheitlichen Festsetzung von Corona-Maßnahmen Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen – das war bisher eine Hoheit der Länder.
Beendet werden die Verschärfungen, wenn „in dem entsprechenden Landkreis oder der kreisfreien Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz unter den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner an drei aufeinanderfolgenden Tagen“ sinkt, so das Papier. Zuerst hatten die „Bild“-Zeitung, der „Spiegel“ und „Media Pioneer“ darüber berichtet.
Welche Maßnahmen soll das Infektionsschutzgesetz vorschreiben?
Demnach sollen als Notbremseauflagen unter anderem vorgeschrieben werden:
- Eine nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr – welche Ausnahmen gelten, wird derzeit noch debattiert.
- Angehörige eines Haushalts dürfen nur eine weitere Person pro Tag treffen, insgesamt dürfen maximal fünf Personen zusammenkommen, wobei Kinder unter 14 Jahren nicht eingeschlossen sind.
- Ladengeschäfte und Handwerksangebote müssen geschlossen werden, ausgenommen bleiben Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien und Tankstellen; Modellprojekte mit Ladenöffnungen für Getestete in Landkreisen mit hohen Infektionszahlen müssten dann gestoppt werden.
- Arbeitgeber sollen Homeoffice ermöglichen, soweit es möglich ist; über eine Testpflicht für Unternehmen wird innerhalb des Bundeskabinetts noch gerungen.
- Touristische Übernachtunen sind untersagt.
- Restaurants, Cafés und Betriebskantinen müssen geschlossen bleiben, ausgenommen sind Lieferung und Ausgabe von Speisen.
- Freizeit-und Kultureinrichtungen wie Schwimmbäder, Theater, Opern, Kinos, Zoos, Museen, Diskotheken und Saunen müssen schließen; Sport darf nicht mehr ausgeübt werden – außer man trainiert allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts (Profisport darf stattfinden, aber ohne Publikum).
- Eine Sonderrolle kommt in den ersten Entwürfen den Schulen und Universitäten zu: Hier soll der Präsenzunterricht untersagt werden – aber erst ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200. Laut Deutscher Presse-Agentur wird derzeit zudem diskutiert, Schulen ab 100er-Inzidenz regulär öffnen zu lassen, wenn Schüler und Lehrer mindestens zweimal pro Woche getestet werden.
Explizit keine Einschränkungen durch den Bund sind laut Gesetzentwurf für Versammlungsfreiheit und religiöse Zusammenkünfte vorgesehen; über die Corona-Auflagen von Demonstrationen entscheiden weiter die Städte und Gemeinden.
RND/sgey/mit dpa
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