Der Fußboden knatscht und knarrt. Die Holztreppe ist mit dickem Teppichboden belegt. Auf den Zwischenebenen gehen kleine Räume ab, die zuletzt als Abstellkammer dienten. Die Wände sind mindestens drei Meter hoch und mit Mustern tapeziert, die den Charme der 50er, 60er und 70er Jahre widerspiegeln. Gleiches gilt für die Möbel. Zumindest im Erdgeschoss. Auf dem Dachboden stehen Ehebetten, Schrank und Wäschetruhe, die wohl noch aus der Jahrhundertwende stammen und jedes Museum bereichern würden.
Als Immobilienmakler Helmut von Bohlen die Haustür zum Haus Werner Straße 48 in Bergkamen aufschließt, öffnet sich die Tür zu einer anderen Welt.
Was die bröckelnde und inzwischen als Sicherungsmaßnahme zum Teil abgeklopfte Fassade erahnen lässt, bestätigt sich im Inneren des Hauses. Auch wenn alles wirkt, als wären die Besitzer nur kurz weg und würden in wenigen Minuten wiederkommen, zeigt sich der Sanierungsstau des Hauses deutlich.
Die Nachtspeicherheizung steht noch im Wohnzimmer, eine Etage höher bröckeln Putz und Tapeten von den Wänden. Die Folgen eines Wasserschadens. In der Küche überrascht ein Elektroherd. Ein alter Kohleofen hätte eigentlich viel besser ins Bild gepasst.

Das Badezimmer ist mit hellblauen, quadratischen Fliesen gekachelt. Ein langer, schmaler Raum. „Heute würde man so gar nicht mehr bauen“, sagt Makler von Bohlen. Doch nicht nur der nicht mehr zeitgemäße Zuschnitt der Räume und die absolut veraltete Haustechnik veranlassen den Fachmann dazu, zum Abriss zu raten: Das Haus hat auch eine deutliche Schieflage zur Straße hin. Wer das Haus sanieren und erhalten möchte, muss 250.000 bis 300.000 Euro hineinstecken, schätzt von Bohlen. „Und dann hat man ein kernsaniertes Haus, das immer noch schief steht.“

Beim Rundgang durch das Haus wird allerdings auch deutlich, dass es einmal ein Heim für viele Generationen war. An einer Wand im Dachgeschoss hängt gegenüber des altehrwürdigen Ehebetts noch ein Hochzeitsbild. Schwarz-Weiß, in einem großen Rahmen, der einen besonderen, auf Tuch gestickten Spruch trägt: „Gott schütze Unseren Bund auch Unser trautes Heim und lasse Uns in Treue auf Erden glücklich sein!“
Dorthin führt die Holztreppe, die bis ins zweite Obergeschoss hinaufführt – und dort steht eine Leiter, über die weiter hinauf in den Spitzboden geklettert werden kann. Dämmung: Fehlanzeige. Die Fenster des Hauses: zum Teil Buntglas in Einfachverglasung. Das Haus hat Charme, keine Frage. „Aber man kann einfach nicht alles erhalten“, sagt von Bohlen. „Der Denkmalschutz spielt hier auch keine Rolle.“
Ein Video gibt es auf www.hellwegeranzeiger.de
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 18. März 2024.