Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angesichts des Terrorangriffs der Hamas auf Israel und jüngster Festnahmen in Deutschland vor Anschlägen gewarnt.
"Islamistische Terrororganisationen, aber auch islamistische Einzeltäter sind eine jederzeit bestehende, erhebliche Gefahr", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Gaza-Krieg habe unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheitslage. "Wir sind in den letzten Wochen so konsequent gegen die islamistische Szene vorgegangen, weil wir die veränderte Bedrohungslage genau im Blick haben."
Dem Bundeskriminalamt sei es zu verdanken, dass inzwischen etwa 170 Kanäle oder Inhalte allein auf dem Netzwerk Telegram entfernt wurden, "mit denen widerwärtige antisemitische und islamistische Propaganda verbreitet wurde", sagte Faeser.
Zwei Jugendliche mit Anschlagsplänen festgenommen
In Burscheid in Nordrhein-Westfalen und im brandenburgischen Wittstock/Dosse waren in den vergangenen Tagen zwei Jugendliche festgenommen worden, die einen islamistisch motivierten Anschlag mit einem Fahrzeug und einer Explosion geplant haben sollen.
Sie sollen letztlich vereinbart haben, "mittels einer durch Brennstoffe erzeugten Explosion eines Kleinlasters Anfang Dezember Besucher eines Weihnachtsmarktes in Leverkusen zu töten", wie die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf mitteilte. Der in NRW festgenommene 15-jährige will sich demnach bereits Benzin beschafft haben.
Die beiden Jugendlichen sollen ihren Anschlag demnach in Anlehnung an die Ziele und Vorgehensweisen des sogenannten Islamischen Staats (IS) geplant haben. Laut der Generalstaatsanwaltschaft hatten sie vor, nach dem Anschlag auszureisen, um sich der ausländischen terroristischen Vereinigung Islamischer Staat - Provinz Khorasan anzuschließen.
Sie waren am Dienstag festgenommen worden - der 15-Jährige in Burscheid bei Leverkusen, der 16-Jährige in Wittstock/Dosse in Brandenburg. Sie kamen in Untersuchungshaft. Bei Durchsuchungen im Zusammenhang mit dem Jüngeren wurden laut der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft Speichermedien sichergestellt. Brennstoffe wurden demnach aber nicht gefunden.
Dem 15-jährigen wird unter anderem die Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich einem heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen, sowie die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorgeworfen.
Reul: "Augen schön offen halten"
"Wir müssen die Augen schön offen halten, auch was unsere Weihnachtsmärkte angeht", sagte der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Nach Ansicht der Polizei Köln zeigt der Haftbefehl gegen den Jugendlichen aus ihrem Zuständigkeitsgebiet erneut, dass das Frühwarnsystem funktioniert hat.
Vor Bekanntwerden der Festnahmen hatte der Verfassungsschutz am Mittwoch gewarnt, dass vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts die Gefahr für mögliche Terroranschläge gegen jüdische und israelische Personen und Einrichtungen sowie gegen "den Westen" zuletzt deutlich zugenommen habe.
Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor forderte Konsequenzen. "Diese Warnungen sind sehr ernst zu nehmen", sagte er dem "Tagesspiegel". Zur Bewältigung der Gefahren brauchen unsere Sicherheitsbehörden jetzt aber nicht nur Betroffenheitserklärungen und Lippenbekenntnisse von Politikern, sondern Kompetenzen und Rechtsgrundlagen auf der Höhe der Zeit."
Warnung des Verfassungsschutzes
„Das Gefahrenpotenzial für mögliche Terroranschläge gegen jüdische und israelische Personen und Einrichtungen sowie gegen ‚den Westen“ insgesamt ist in der Folge deutlich angestiegen“, heißt es in einer aktuellen Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Unter Dschihadisten beobachtet der Inlandsnachrichtendienst nach eigenen Angaben Aufrufe zu Attentaten und ein „Andocken“ der Terrorgruppen Al-Kaida und Islamischer Staat (IS) an den Nahost-Konflikt.
Haldenwang sieht hier unter anderem das Risiko einer Radikalisierung von allein handelnden Tätern, die sogenannte weiche Ziele mit einfachen Tatmitteln angreifen. Er betont: „Die Gefahr ist real und so hoch wie seit langem nicht mehr.“
Über das dschihadistische Spektrum hinaus sei zudem eine gestiegene Polemik zu beobachten, die die Muslime und die Palästinenser als Opfer des Westens darstellt und in Teilen deutlich antisemitische Beiträge beinhaltet, analysiert der Verfassungsschutz.
Anhänger der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah hielten sich zurück und tauchten auch bei propalästinensischen Demonstrationen nicht als Gruppe auf, „da sie sich einem deutlichen staatlichen Verfolgungsdruck ausgesetzt sehen“. Für beide Gruppierungen gilt in Deutschland ein Betätigungsverbot.
„Scharfmacher und Mobilisierungstreiber“
Als „Scharfmacher und Mobilisierungstreiber“ in der aktuellen Lage sieht der Verfassungsschutz neben Islamisten auch palästinensische Extremisten, türkische Rechtsextremisten sowie deutsche und türkische Linksextremisten. Die Mehrheit der Teilnehmer propalästinensischer Demonstrationen seien zwar keine Extremisten.
Es gelinge Extremisten aber immer wieder, bei solchen Veranstaltungen Hassbotschaften zu verbreiten und für eine Eskalation zu sorgen. Deutsche Rechtsextremisten nutzten die Situation ihrerseits zur Agitation gegen Muslime und Migranten. Unter deutschen Linksextremisten würden teils proisraelische, teils propalästinensische Positionen vertreten.
„Verschärft wird die Situation durch ausländische staatliche Akteure, die diese Stimmungslage für sich ausnutzen oder gar zu verstärken suchen“, sagt Haldenwang. Konkrete Staaten nennt er nicht. Es geht hier wohl in erster Linie um Propaganda und um eine Verstärkung von Stimmungen, die für Unruhe in der Gesellschaft sorgen.
dpa
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